Auffanggesellschaft - Ein Weg aus der Unternehmenskrise?
Kurzinfo über die Auffanggesellschaft, Modelle und Funktionsvarianten
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Weisen etwa ein aktuelles, aussagekräftiges betriebliches Rechenwerk und ein effizientes Kontrollsystem im Unternehmen für den Unternehmer bzw. das Management Reorganisationsbedarf aus, weil die gesetzliche Eigenmittelquote (von 8 %) unterschritten und die gesetzliche fiktive Schuldentilgungsdauer (von 15 Jahren) im Sinne des Unternehmensreorganisationsgesetzes überschritten werden, oder – noch schlimmer - ist vielleicht schon Zahlungsunfähigkeit bzw. Überschuldung eingetreten, dann laufen zumeist noch hektische Bemühungen an, die Krise zu meistern. Eine Möglichkeit, die zur Krisenüberwindung sorgfältig zu prüfen wäre, ist eine Auffanggesellschaft.
Erfolgsfaktoren einer Auffanggesellschaft zur Krisenbewältigung
Nur wenn das krisengeschüttelte Unternehmen ein(e) gut marktgängige(s) Produkt/ Dienstleistung anzubieten in der Lage ist, können auch Erfolgsaussichten für eine Auffanggesellschaft gegeben sein. Wesentlich ist, dass die Hauptgläubiger (z.B. Lieferanten und Banken) an ein überlebensfähiges Unternehmen in neuem Gewand glauben. Die Chancen für eine Auffanglösung steigen, wenn diese Lösung für die Gläubiger höhere Befriedigungsaussichten bietet als ein Zerschlagungsszenario.
Modelle einer Auffanggesellschaftskonstruktion
Da die Erfolgsaussicht einer Auffanggesellschaft naturgemäß immer mit einem erheblichen Unsicherheitsfaktor verknüpft ist, wird die Bereitschaft, an einer Auffanglösung mitzutun, nur dann gegeben sein, wenn für die Mitwirkenden das daraus resultierende Risiko kalkulierbar ist. Daher wird für Auffanggesellschaften zumeist die Rechtsform einer GesmbH gewählt. An dieser können nicht nur Altgläubiger, sondern auch neue Finanziers sowie auch der insolvenzbedrohte Unternehmer – jedenfalls bis zu seiner Insolvenz – selbst beteiligt sein.
Funktionsvarianten einer Auffanggesellschaft:
Grundsätzlich bieten sich zwei Varianten für eine Auffanggesellschaft an:
- Unternehmenskauf durch Auffanggesellschaft (= asset deal): Die Veräußerung eines gesamten Unternehmens/unternehmerischen Bestandteiles vor der Insolvenzverfahrenseröffnung ist zwar denkbar, steht aber unter Anfechtungsdrohung, wenn der Kaufpreis nicht angemessen sein sollte. Sie zieht zudem die Haftung der Auffanggesellschaft für die Schulden des gekauften Unternehmens nach sich. Zu einem angemessenen Preis wird aber ein Unternehmenskäufer für einen krisengeschüttelten Betrieb schwerlich zu finden sein!
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens kann der Insolvenzverwalter über das gesamte, fortgeführte Unternehmen oder einen Teil desselben im Veräußerungsweg verfügen, wenn dies den Gläubigerinteressen entspricht und sowohl Gläubigerausschuss als auch das Insolvenzgericht zustimmen.
Achtung:
Somit sind einige insolvenzrechtliche Verfahrenshürden für einen Unternehmens/Teilverkauf zu beachten. Die Auffanggesellschaft im Insolvenzverfahren hat die wichtige Rechtswohltat für sich, beim Ankauf eines Unternehmens/Unternehmensteiles für die ganzen/anteiligen Schulden des Schuldners nicht haften zu müssen! Sie erwirbt also befreit von den Forderungen der Insolvenzgläubiger und zwar unabhängig davon, ob es sich um ein im Firmenbuch eingetragenes oder nicht eingetragenes Unternehmen mit/ohne Firmenfortführung durch die Auffanggesellschaft handelt. Wurde das Krisenunternehmen vor seinem Verkauf in einem gemieteten Geschäftslokal betrieben, führt (nur im MRG-Vollanwendungsbereich) der Verkauf an die Auffanggesellschaft zu einem Mietvertragsübergang, allerdings kann der Vermieter den Vorgang zur Mietzinsanhebung auf ein angemessenes Niveau zum Anlass nehmen.
Für die Auffanggesellschaft ist zu beachten, dass grundsätzlich nur für einzelne Rechtsbereiche - wie eben zuvor erwähnt - etwa im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes, bei Patent- und Markenlizenzen, bei Versicherungs- und Werknutzungsverträgen ausdrücklich ein Übergang bestehender Vertragsverhältnisse auf das Auffangunternehmen besteht, sonst aber fehlt! Somit sollte sich eine Auffanggesellschaft vor Abschluss des Kaufvertrages auch zweckmäßigerweise vergewissern, ob die wesentlichen Vertragsverhältnisse etwa mit Lieferanten, Auftraggebern oder sonstigen Kunden unabhängig vom Verkauf weiter bestehen werden.
- Unternehmenspachtung durch Auffanggesellschaft: Kann der Kaufpreis für das Krisenunternehmen von der Auffanggesellschaft nicht aufgebracht werden, kann sich dessen Pachtung anbieten. Auch hier sind die Insolvenzverfahrensvorschriften nach Insolvenzverfahrenseröffnung zu beachten, das heißt die Genehmigung des Gläubigerausschusses und des Insolvenzgerichtes sind für die Unternehmensverpachtung einzuholen.
Achtung:
Auch bei einer Verpachtung an eine Auffanggesellschaft genießt diese eine Haftungsbefreiung gegenüber den Forderungen der Insolvenzgläubiger des verpachteten insolventen Unternehmens. Für einen Mietvertrag über das Geschäftslokal des Krisenunternehmens bewirkt die Verpachtung (im MRG-Vollanwendungsbereich) für den Vermieter die Möglichkeit der Mietzinsanhebung auf ein angemessenes Mietzinsniveau während der Pachtdauer und unter Berücksichtigung der bisher ausgeführten Geschäftstätigkeit. Für die Auffanggesellschaft wird die Pachtdauer von erheblicher Bedeutung sein, weil erst daraus die Rentabilität für die Auffanggesellschaft ableitbar ist und deshalb ist auch der Beitritt des Schuldners für die Zeitdauer nach der Insolvenzverfahrensaufhebung bedeutsam. Ist der Pachtvertrag unbefristet abgeschlossen, könnte der Schuldner nach Insolvenzverfahrensaufhebung jedenfalls kündigen, was für ihn stets dann attraktiv sein wird, wenn der Auffanggesellschaft die Sanierung des gepachteten Unternehmens zwischenzeitig schon gelungen ist. Während des Insolvenzverfahrens fließen die Pachtzinsen in die Insolvenzmasse und dienen dort der Befriedigung der Gläubiger.
Für die Auffanggesellschaft ist zu beachten, dass grundsätzlich nur für einzelne Rechtsbereiche - wie eben zuvor erwähnt - etwa im Vollanwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes und bei Versicherungsverträgen, Patent- und Markenlizenzen, Halbleiter- und Werknutzungsverträgen ausdrücklich ein Übergang bestehender Vertragsverhältnisse auf das Pachtunternehmen besteht, sonst aber fehlt! Somit wird sich eine Auffanggesellschaft vor Abschluss des Pachtvertrages während eines Insolvenzverfahrens auch zweckmäßigerweise vergewissern müssen, ob die wesentlichen Vertragsverhältnisse etwa mit Lieferanten, Auftraggebern oder sonstigen Kunden unabhängig von der Verpachtung auch weiter bestehen werden.
Von den geschilderten Formen eines Unternehmensverkaufes als „asset deal“ unterscheidet sich eine Übertragung von Gesellschaftsanteilen (= „share deal“) ganz grundlegend, weil dabei nicht die Wirtschaftsgüter eines Unternehmens, sondern deren Rechtsträger (z.B. alle Anteile einer GmbH) an andere, neue Gesellschafter übertragen werden. Damit verbessert sich die wirtschaftliche Lage der insolventen Gesellschaft an sich freilich noch überhaupt nicht, der Gesellschafterwechsel kann aber für Gläubiger wie Banken und Lieferanten eine wichtige Signalwirkung haben!
Auffanggesellschaft und Arbeitsverhältnisse:
Nach dem Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetz tritt bei Übergang eines Unternehmens, Betriebs oder Betriebsteils auf einen anderen Inhaber der neue Inhaber als Arbeitgeber mit allen Rechten und Pflichten in die zum Zeitpunkt des Überganges bestehenden Arbeitsverhältnisse ein. Es kommt dabei lediglich darauf an, dass eine wirtschaftliche Einheit unter Wahrung ihrer Identität auf einen neuen Inhaber übertragen wird, um von diesem im Wesentlichen unverändert fortgeführt zu werden. Auf welche Weise der Wechsel des für die Geschicke des Betriebes verantwortlichen Inhabers erfolgt, spielt keine Rolle. Ein Betriebsübergang erfordert daher insbesondere keine Eigentumsübertragung, sondern genügt die rechtlich gesicherte oder tatsächliche Innehabung mit Leitungsmacht betreffend das betriebliche Geschehen, wie sie etwa unter anderem auch einem Pächter zukommt.
Eine Ausnahme von dieser gesetzlich angeordneten Eintrittsautomatik in bestehende Arbeitsverträge ist für den Fall eines Sanierungsverfahrens ohne Eigenverwaltung oder eines Konkursverfahrens – nicht aber eines Sanierungsverfahrens mit Eigenverwaltung (!) - des bisherigen Inhabers vorgesehen. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Ausnahmebestimmung ist allerdings, dass ein derartiges Insolvenzverfahren im Übergangszeitpunkt bereits eröffnet ist. Wird ein Unternehmen, Betrieb oder Betriebsteil daher vor Eröffnung eines derartigen Insolvenzverfahrens von einer Auffanggesellschaft zwecks Sanierung gekauft oder gepachtet, kommt die Eintrittsautomatik zum Tragen. Dann gehen sämtliche Arbeitsverhältnisse mit allen Rechten und Pflichten auf die Auffanggesellschaft als neue Arbeitgeberin über. Dies gilt auch dann, wenn es später tatsächlich zur Insolvenz kommt.
Wird ein insolventes Unternehmen bzw. insolventer (Teil)Betrieb hingegen nach Eröffnung eines Insolvenzverfahrens vom Insolvenzverwalter auf eine Auffanggesellschaft übertragen und von dieser fortgeführt, wird man im Falle der Liquidierung des insolventen Unternehmensträgers grundsätzlich von einer Ausnahme von der gesetzlichen Eintrittsautomatik in bestehende Arbeitsverträge ausgehen können.
Diese Ausnahme erscheint allerdings dann nicht angebracht, wenn die im Rahmen eines Insolvenzverfahrens erfolgte Übertragung auf eine Auffanggesellschaft als missbräuchliche Inanspruchnahme eines Zahlungsunfähigkeitsverfahrens zur Umgehung der Arbeitnehmerschutzbestimmungen des Arbeitsvertragsrechts-Anpassungsgesetzes anzusehen ist.
Steuerliche Effekte
Die wesentlichste Problematik für das Nachfolgeunternehmen betrifft die Haftung für Steuern des Vorgängers bei der Weiterführung. Der Erwerber (Käufer/Übernehmer etc.) eines Unternehmens oder eines im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes haftet unter bestimmten Voraussetzungen für offene Betriebssteuern des Vorgängers.
Die Haftung erstreckt sich nur auf Abgaben, soweit sie auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden vollen Kalenderjahres entfallen. Der Höhe nach haftet der Erwerber nur für Steuerschulden, soweit er sie kannte oder kennen musste und höchstens mit dem Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Aktiva), wobei übernommene Schulden nicht abgezogen werden dürfen.
Nach der Bundes- und den Landesabgabenordnungen besteht keine Haftung eines Pächters für Steuer- oder Abgabenschulden des Vorgängers. Lediglich im Wiener Vergnügungs- und im Getränkesteuergesetz sowie im Sportförderungsbeitragsgesetz finden sich Bestimmungen, nach denen der Verpächter für Pächterabgaben haftet.
Aus der Sicht des Schuldners (= bisherigen Unternehmers) ergeben sich bei der Veräußerung oder Verpachtung des (Teil)Betriebes sehr oft umfangreiche steuerliche Auswirkungen. Neben der Frage des Ausmaßes der Umsatzsteuerpflicht ergibt sich durch die Versteuerung der Stillen Reserven oft eine hohe Einkommen- bzw. Körperschaftsteuerbelastung. Dabei ist zu klären, in welchem Umfang Verluste verrechnet werden können und ob ein begünstigter Sanierungsgewinn vorliegt.
Stand: 20.11.2024