Reisezeit
Begriff - Wochenenden/Feiertage - Bezahlung
Lesedauer: 3 Minuten
Begriff
Reisezeit liegt vor, wenn der Arbeitnehmer über Auftrag des Arbeitgebers vorübergehend seinen Dienstort bzw. seine Arbeitsstätte verlässt, um an anderen Orten seine Arbeitsleistung zu erbringen.
Zeiten, über die der Arbeitnehmer am Zielort frei verfügen kann (also Zeiten ohne Reisebewegung und ohne arbeitsvertragliche Arbeitsleistung) sind Freizeit (private Essenszeiten, Freizeitgestaltung im und außerhalb des Hotels).
Man unterscheidet aktive und passive Reisezeit.
„Aktive Reisezeiten“ sind Zeiten, bei denen Arbeitnehmer im Auftrag der Arbeitgeber vorübergehend ihren Arbeitsort verlassen, um an anderen Orten ihre Arbeitsleistung zu erbringen, wobei sie aber auch während des Reisens eine aktive Arbeitsleistung erbringen. (Aktive Reisezeit liegt somit insbesondere vor, wenn Arbeitnehmer während der Reise selbst einen PKW lenken bzw. wenn Arbeitnehmer während der Reise Arbeitsleistungen – etwa zur Vorbereitung auf Meetings etc. - erbringen).
„Aktive Reisezeiten“ sind daher keine Reisezeiten im Sinne des Gesetzes, sondern normale Arbeitszeiten.
„Passive Reisezeiten“ sind Zeiten, wenn Arbeitnehmer im Auftrag der Arbeitgeber vorübergehend ihren Dienstort (Arbeitsstätte) verlassen, um an anderen Orten zu arbeiten, jedoch während der Reisebewegung selbst keine Arbeitsleistung erbracht wird. (Passive Reisezeit liegt somit insbesondere vor, wenn Arbeitnehmer mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder als Beifahrer reisen und während der Reise nicht arbeiten).
„Passive Reisezeiten“ sind Reisezeiten im Sinne des Gesetzes; sie werden auch „bloße Reisebewegungszeiten“ genannt.
Voraussetzung für das Vorliegen einer (passiven) Reisezeit im Sinne des Gesetzes ist, dass der Arbeitnehmer während der Reisebewegung keine Arbeitsleistung zu erbringen hat.
Vorsicht!
Wegzeiten - also Zeiten für den Weg von der Wohnung zum im Arbeitsvertrag vereinbarten Arbeitsort und zurück - sind keine Reisezeit.
Beispiel:
Mit einem Arbeiter wird im Arbeitsvertrag die Baustelle „XY“ in St. Pölten als Arbeitsort vereinbart. Der Betriebsstandort des Arbeitgebers befindet sich in Wien.
Da im Arbeitsvertrag St. Pölten als Arbeitsort festgelegt ist, gilt die Zeit der Anreise vom Wohnort zur Baustelle in St. Pölten nicht als Reisezeit, sondern als Weg von und zur Arbeit. Diese Wegzeit ist nicht als Arbeitszeit zu bezahlen, sofern der Kollektivvertrag keine Ausnahme davon vorsieht.
Höchstgrenzen der Arbeitszeit
Durch passive Reisezeiten können die Höchstgrenzen der Arbeitszeit von
- täglich 12 Stunden und
- wöchentlich 60 Stunden
überschritten werden.
Verkürzung der Ruhezeit
Bestehen während der passiven Reisezeit ausreichend Erholungsmöglichkeiten, kann die tägliche Ruhezeit (im Regelfall 11 Stunden) verkürzt werden. Durch Kollektivvertrag kann festgelegt werden, in welchen Fällen ausreichende Erholungsmöglichkeiten bestehen.
Vorsicht!
Verkürzungen der täglichen Ruhezeit sind nur zweimal pro Kalenderwoche zulässig.
Reisen an Wochenenden und Feiertagen
Reisen sind auch während der Wochenend- und Feiertagsruhe zulässig, wenn sie zur Erreichung des Reisezieles notwendig oder im Interesse des Arbeitnehmers gelegen sind.
Beispiel:
Ein Verkaufsmitarbeiter befindet sich auf einer Messe im Ausland, die bis Samstagmittag dauert. Weil er an einer raschen Rückkehr zu seiner Familie interessiert ist, ist sein Rückflug am Samstag spätabends trotz Wochenendruhe zulässig.
Bezahlung der Reisezeit
Fallen Reisezeiten oder Zeiten eines dienstlichen Weges in die für den Arbeitnehmer geltende Normalarbeitszeit, erfüllt der Arbeitnehmer seine Arbeitspflicht und hat mangels gegenteiliger Vereinbarung Anspruch auf volle Entgeltzahlung.
Tipp!
Für passive Reisezeit kann nach ständiger Rechtsprechung kollektivvertraglich oder auch einzelvertraglich ein wesentlich niedrigeres Entgelt oder sogar Unentgeltlichkeit vereinbart werden.
Vorsicht!
Existiert keine solche Vereinbarung oder kollektivvertragliche Regelung, ist Reisezeit immer voll abzugelten. Es können dabei Überstunden anfallen, die inklusive Überstundenzuschläge abzugelten sind. Es sollte daher eine Vereinbarung über die Abgeltung der passiven Reisezeit getroffen werden.
Arbeitsleistung während der Reisezeit
Muss der Arbeitnehmer während einer Dienstreise vollwertige Arbeitsleistungen verrichten, (z.B. Kundengespräche oder Aktenstudium) liegt eine vollwertige Arbeitszeit und keine passive Reisezeit vor. Dies gilt auch dann, wenn die Dienstreise außerhalb der Normalarbeitszeit liegt. Die Vereinbarung eines niedrigeren Entgeltes oder von Unentgeltlichkeit ist unzulässig.
Beispiel:
Ein Arbeitnehmer fährt mit dem Zug außerhalb der Normalarbeitszeit zwischen 06:00 Uhr und 07:00 Uhr vom Büro in Wien (Dienstort) zu einem Kunden nach St. Pölten. Die Zeit der Zugfahrt ist passive Reisezeit. Arbeitet der Arbeitnehmer jedoch während der Zugfahrt (z.B. am Laptop oder Telefon) liegt normale Arbeitszeit vor.
Vorsicht!
Dies gilt auch für den Fall, dass das Lenken eines Fahrzeuges untrennbar mit dem Beruf bzw. der eigentlichen Arbeitsleistung verbunden ist.
Beispiel:
Ein Außendienstmitarbeiter im Großhandel wird zur Betreuung von Tirol und Vorarlberg aufgenommen. Sein ausschließlicher Aufgabenbereich besteht darin, mit dem Firmen-Pkw Kunden in diesen Bundesländern zu besuchen, Verkaufsgespräche zu tätigen und bestellte Waren auszuliefern.
Das Reisen ist wesentlicher Tätigkeitsbereich eines solchen Außendienstmitarbeiters. Die Vereinbarung eines niedrigeren Entgeltes oder von Unentgeltlichkeit für die Zeit der Reisebewegung ist unzulässig.
Hinweis:
„Bei diesem Inhalt handelt es sich um eine rechtliche Information aufgrund der geltenden Rechtslage bzw. Rechtsprechung. Es wird dadurch weder eine Meinung der Wirtschaftskammer, noch eine Anleitung zu einem bestimmten Verhalten wiedergegeben.“
Stand: 01.02.2024