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Verbands­klage NEU - FAQs

Antworten auf die wichtigsten Fragen

Lesedauer: 3 Minuten

1. Was sind die Auswirkungen der EU-Verbandsklagenrichtlinie?

Mit der Umsetzung der EU-Verbandsklagenrichtlinie kommt es zu wesentlichen Neuerungen. Mit der Verbandsklage wird – neben den schon bisher bekannten Unterlassungsklagen - erstmals in Österreich eine gesetzliche Möglichkeit für sogenannte Qualifizierte Einrichtungen geschaffen, für Verbraucher eine kollektive Klage auf Abhilfe gegen Unternehmen anzustrengen. Mit einer solchen Verbandsklage können etwa Schadenersatz, Preisminderung oder Reparatur geltend gemacht werden.

2. Wer ist klagebefugt? 

Klagebefugt sind ausschließlich die Qualifizierten Einrichtungen, nicht jedoch Verbraucher.

Gesetzlich anerkannt als Qualifizierte Einrichtung sind die Wirtschaftskammer Österreich, die Bundesarbeitskammer für innerstaatliche und grenzüberschreitende Verbandsklagen, sowie der Österreichische Landarbeiterkammertag, die Präsidentenkonferenz der Landwirtschaftskammern Österreichs, der Österreichische Gewerkschaftsbund, der Verein für Konsumenteninformation und der Österreichische Seniorenrat für innerstaatliche Verbandsklagen.

Darüber hinaus können juristische Personen, die die besonderen Voraussetzungen erfüllen, vom Bundeskartellanwalt durch Bescheid als Qualifizierte Einrichtungen anerkannt werden.

Zudem sind Organisationen, die in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union als Qualifizierte Einrichtungen anerkannt und die in einer von der Europäischen Kommission zu veröffentlichenden Liste eingetragen sind, klagebefugt.

3. Was ist eine innerstaatliche Verbandsklage? 

Eine innerstaatliche Verbandsklage ist (aus österreichischer Sicht) eine, die von einer Qualifizierten Einrichtung mit Sitz in Österreich vor einem österreichischen Gericht erhoben wird.

4. Was ist eine grenzüberschreitende Verbandsklage? 

Eine grenzüberschreitende Verbandsklage ist hingegen eine solche, die von einer QE mit Sitz innerhalb der Europäischen Union – aber außerhalb Österreichs – in Österreich erhoben, sowie eine Klage, die von einer QE mit Sitz in Österreich in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union angestrengt wird.

5. Wer kann geklagt werden?

Jedes Unternehmen kann von einer Qualifizierten Einrichtung auf Unterlassung und/oder Abhilfe geklagt werden.

Zuständig für Verbandsverfahren ist ausschließlich das Handelsgericht Wien.

6. Was ist eine Unterlassungsklage?

Mit einer Unterlassungsklage klagt eine Qualifizierte Einrichtung Unternehmen auf die Unterlassung (Beendigung und Verbot) eines rechtswidrigen Verhaltens, etwa auf die Unterlassung der Verwendung einer rechtswidrigen oder missbräuchlichen Klausel in Allgemeinen Geschäftsbedingungen.

Durch eine Unterlassungsklage wird die Verjährung von Ansprüchen der betroffenen Verbraucher gehemmt, d.h. der Ablauf der Frist für die Verjährung steht während des Unterlassungsverfahrens still und läuft erst nach rechtskräftiger Beendigung dieses Verfahrens weiter. 

7. Was ist eine Abhilfeklage?

Mit einer Abhilfeklage macht eine Qualifizierte Einrichtung in einem einzigen Verfahren Ansprüche unmittelbar für Verbraucher geltend. Das Urteil wirkt daher unmittelbar für (oder gegen) die am Verfahren beteiligten Verbraucher. Ansprüche können etwa Schadenersatz, Gewährleistung, Preisminderung oder Reparatur gegenüber einem Unternehmen sein.

8. Ist eine Prozessfinanzierung zulässig?

Eine Finanzierung einer Verbandsklage durch Dritte ist zulässig. Entscheidungen der Qualifizierten Einrichtung im Verfahren dürfen durch den Drittfinanzierer nicht ungebührlich zum Nachteil der Verbraucher beeinflusst werden.

Die Qualifizierte Einrichtung kann den Beitritt von Verbraucher davon abhängig machen, dass Verbraucher mit der Qualifizierten Einrichtung und dem Drittfinanzierer einen Vertrag abschließen.

9. Wo werden Informationen über Verbandsverfahren veröffentlicht?

Qualifizierte Einrichtungen haben umfangreiche allgemeine Informationsverpflichtungen und zudem solche, die die konkreten Verbandsverfahren betreffen. Diese Informationen sind auf der jeweiligen Website der Qualifizierten Einrichtung zu veröffentlichen. Darüber hinaus werden bestimmte verfahrensrelevante Informationen in der Ediktsdatei des Bundes veröffentlicht.

10. Wie können Verbraucher sich einem Abhilfeverfahren anschließen?

Ist eine Verbandsklage auf Abhilfe vom Gericht zugelassen, können sich Verbraucher innerhalb von drei Monaten dem Verfahren dadurch anschließen, dass sie das gegenüber der Qualifizierten Einrichtung beantragen. Ist diese mit dem Beitritt einverstanden, gibt die Qualifizierte Einrichtung diesen Beitritt dem Gericht und dem beklagten Unternehmen bekannt.

Ist dies erfolgt, können die Verbraucher ihren Beitritt nicht widerrufen.

Qualifizierte Einrichtungen können eine Beitrittsgebühr verlangen. Diese darf weder höher als 20 % der jeweils geltend gemachten Anspruchssumme sein, noch darf diese 250 EUR überschreiten.

11. Darf die Qualifizierte Einrichtung einen Vergleich schließen?

Wie in jedem anderen Zivilprozess dürfen die Parteien einen Vergleich im Verfahren schließen. Eine Besonderheit im Abhilfeverfahren liegt darin, dass ein solcher Vergleich vom Gericht genehmigt werden muss. Verbraucher haben keine Möglichkeit, aus dem Vergleich auszutreten.

Stand: 08.10.2024

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