Richterhammer liegt auf mehreren Büchern auf hölzernen Untergrund
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Beendigung: Ab­lauf des Kündigungs- und Räumungs­verfahrens von Miet- und Pacht­verträgen

Wie läuft ein Verfahren vor Gericht ab? 

Lesedauer: 6 Minuten

Bestandverträge können auf unterschiedliche Weise beendet werden. Eine Übersicht der verschiedenen Beendigungsmöglichkeiten finden Sie hier: Beendigung von Miet- und Pachtverträgen: Kurzinfo

Das Verhältnis zwischen Bestandnehmer (Mieter oder Pächter) und Bestandgeber (Vermieter oder Verpächter) endet nicht immer harmonisch; mitunter sind auch Gerichte involviert. Untenstehend werden die möglichen auf Beendigung gerichtete Verfahren vorgestellt.

Räumungsklage bei vorzeitiger Auflösung des Vertrags

Befristete und unbefristete Bestandverträge können bei Vorliegen eines wichtigen Grundes mit sofortiger Wirkung (außerordentlich) aufgelöst werden, ohne dass Fristen oder Termine einzuhalten sind. Einen wichtigen Grund auf Seiten des Bestandnehmers stellt z.B. die Unbrauchbarkeit des Bestandobjekts durch Zufall dar. Der Bestandgeber ist berechtigt, das Vertragsverhältnis z.B. aufgrund des erheblich nachteiligen Gebrauchs durch den Bestandnehmer oder bei einem qualifizierten Bestandzinsrückstand vorzeitig aufzulösen.

Nähere Informationen zu den Auflösungsgründen finden Sie unter Beendigung von Miet- und Pachtverträgen: Kurzinfo.

Die Auflösungserklärung kann außergerichtlich oder gemeinsam mit der Räumungsklage erfolgen. Infolge der Klage schreibt das Gericht zwingend eine Tagsatzung (Verhandlungstermin) aus. Nimmt an dieser Verhandlung nur eine Partei teil, ergeht zulasten der anderen Partei ein Versäumungsurteil. Bleibt also der Bestandnehmer fern, wird angenommen, dass die Behauptungen des Bestandgebers zutreffen und der Bestandnehmer wird zur Räumung verpflichtet. Ansonsten wird das Beweisverfahren eröffnet.

Das Verfahren kann auf folgende Weise enden:

  • Die Räumungsklage ist erfolgreich. Es wird ein Urteil gegen den Bestandnehmer erlassen. Der Bestandnehmer muss dem Bestandgeber die Prozesskosten ersetzen und das Bestandobjekt bei sonstiger Exekution zurückstellen (siehe weiter zu Räumungsexekution).
  • Die Räumungsklage des Bestandgebers ist nicht erfolgreich. Der Bestandnehmer muss das Bestandobjekt nicht zurückstellen und erhält Ersatz seiner Prozesskosten vom Bestandgeber.
  • Bestandgeber und Bestandnehmer einigen sich und schließen einen Vergleich mit dem Ergebnis einer der beiden Varianten oben. 

Gerichtliche Aufkündigung

Unbefristete Bestandverträge können sowohl vom Bestandgeber als auch vom Bestandnehmer gerichtlich aufgekündigt werden. Im Anwendungsbereich des MRG muss der Bestandgeber gerichtlich kündigen, der Bestandnehmer kann gerichtlich oder schriftlich kündigen. Die gerichtliche Aufkündigung ist an Termine und Fristen gebunden. Im Anwendungsbereich des MRG muss der Bestandgeber einen gesetzlich normierten, wichtigen Kündigungsgrund geltend machen. 

Die kündigende Partei (meist der Bestandgeber) beantragt bei Gericht der anderen Partei (meist der Bestandnehmer) aufzutragen, das Bestandobjekt an ihn zu übergeben. Bei Vorliegen der formellen Voraussetzungen bewilligt das Gericht die Aufkündigung mit Beschluss und stellt beides (Aufkündigung und Beschluss) dem Bestandnehmer zu. Dieser kann innerhalb von 4 Wochen ab Zustellung Einwendungen erheben.

Das Verfahren kann auf folgende Weise enden:

  • Werden keine Einwendungen erhoben, wird der Beschluss rechtskräftig. Dies ermöglicht es dem Bestandgeber, Exekution zur Räumung des Bestandobjekts zu führen (siehe weiter zu Räumungsexekution).
  • Werden Einwendungen erhoben, wird ein ordentliches Gerichtsverfahren eingeleitet. In diesem Verfahren wird geklärt, ob die Kündigung rechtmäßig ist oder nicht.
    • Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass die Kündigung rechtmäßig war, wird ein Urteil gegen den Bestandnehmer erlassen, der dem Bestandgeber die Prozesskosten ersetzen und das Bestandobjekt bei sonstiger Exekution zurückstellen muss (siehe weiter zu Räumungsexekution).
    • Kommt das Gericht zum Ergebnis, dass die Kündigung unrechtmäßig war, wird ein Urteil gegen den Bestandgeber erlassen. Der Bestandnehmer muss das Bestandobjekt nicht zurückstellen und er erhält Ersatz seiner Prozesskosten vom Bestandgeber.  
    • Die Parteien können aber auch bis zum rechtskräftigen Abschluss des Verfahrens einen Vergleich schließen, in welchem sie eine dieser beiden Varianten vereinbaren. 

Gerichtlicher Auftrag zur Übergabe und Übernahme

Bei befristeten Verträgen kann der Bestandgeber bei Gericht beantragen, dass dem Bestandnehmer aufgetragen wird, das Bestandobjekt zum vereinbarten Termin bei sonstiger Exekution zu übergeben bzw. kann der Bestandnehmer beantragen, dass dem Bestandgeber aufgetragen wird, das Bestandobjekt zu übernehmen. 

Infolge des Antrags erlässt das Gericht den Übergabe- bzw. Übernahmeauftrag und stellt diesen dem Bestandnehmer bzw. Bestandgeber zu. Die Gegenpartei hat nun die Möglichkeit innerhalb von vier Wochen Einwendungen zu erheben. 

Das Verfahren kann auf folgende Weise enden:

  • Werden von der Gegenseite keine Einwendungen erhoben, wird – je nach Antrag – der gerichtliche Auftrag zur Übergabe oder Übernahme des Bestandobjekts rechtskräftig (siehe weiter zu Räumungsexekution).
  • Wurden Einwendungen erhoben, wird ein ordentliches Gerichtsverfahren eingeleitet (siehe oben zu den drei Untervarianten bei der gerichtlichen Aufkündigung).  

Der gerichtliche Auftrag kann schon innerhalb der letzten sechs Monate vor Ablauf der Befristung bei Gericht beantragt werden. So kann der Bestandgeber sicherstellen, dass nach Ablauf der Befristung eine Räumung rasch erfolgt.

Alternativ zum gerichtlichen Übergabeauftrag kann der Bestandgeber die Räumungsklage (z.B. wegen titelloser Benutzung) einbringen. Diese kann allerdings erst erfolgreich erhoben werden, wenn die Befristung abgelaufen ist.

Unterschiede zwischen den Verfahren

Wenn gegen eine gerichtlich bewilligte Aufkündigung keine Einwendungen erhoben wurden, kann sofort – ohne dass es zu einem Verhandlungstermin kommt – Räumungsexekution geführt werden. Dasselbe gilt bei einem gerichtlich bewilligten Auftrag auf Übergabe oder Übernahme.

Hingegen erfolgt nach Einlangen einer Räumungsklage bei Gericht (und Prüfung der Schlüssigkeit) zwingend die Ausschreibung einer Verhandlung. Hier kann die beklagte Partei bis eine Woche vor dem Termin einen vorbereitenden Schriftsatz erstatten. Unterbleibt dies, hat es keine Konsequenzen.  

Aufgrund der unterschiedlichen Rechtsfolgen ist es ratsam genau zu überprüfen, welches Verfahren eingeleitet wurde und allenfalls den juristischen Rat eines Fachmannes einzuholen. 

Gerichtlicher Räumungsvergleich

Bestandverhältnisse können jederzeit einvernehmlich beendet werden. Wenn das Bedürfnis besteht, dass der festgelegte Endtermin - ohne weiteres Gerichtsverfahren - durch Exekution durchgesetzt werden kann, muss ein gerichtlicher Räumungsvergleich geschlossen werden. Zuständig ist das Bezirksgericht, in dessen Sprengel sich die unbewegliche Sache befindet. 

Die Gerichtsgebühren für einen gerichtlichen Räumungsvergleich sind niedrig und liegen derzeit bei rund 57 EUR.

Wenn allerdings neben der Räumung auch Mietzinszahlungen in den Vergleich aufgenommen werden sollen, fallen weitere Gebühren an. 

Durchsetzung: Räumungsexekution

Wenn der Bestandnehmer das Bestandobjekt trotz rechtlicher Verpflichtung nicht fristgerecht an den Bestandgeber zurückstellt, darf der Bestandgeber nicht eigenmächtig handeln, sondern muss die Rückstellung in einem gerichtlichen Exekutionsverfahren erwirken.  

Voraussetzung für die gerichtliche Durchsetzung der Rückstellung des Bestandobjekts ist ein Exekutionstitel (z.B. Urteil auf Räumung, Beschluss in einem Aufkündigungsverfahren, Auftrag zur Übernahme bzw. Übergabe oder gerichtlicher Räumungsvergleich, siehe oben). Dieser Exekutionstitel muss rechtskräftig und vollstreckbar sein; d.h., dass kein Rechtsmittel mehr zulässig ist und auch die Leistungsfrist für die Räumung abgelaufen ist.  

Das Exekutionsverfahren wird auf Antrag eingeleitet. Zuständig ist das Bezirksgericht, in dessen Sprengel die unbewegliche Sache liegt. Nach Bewilligung der Exekution durch das Gericht wird dem Gläubiger und dem Verpflichteten diese Bewilligung und die Verständigung über den Räumungstermin zugestellt.  

Es ist Aufgabe des Gerichtsvollziehers, die anwesenden Personen und beweglichen Sachen zu entfernen und den betreibenden Gläubiger in den Besitz des zu übergebenden Gegenstandes zu setzen. Der betreibende Gläubiger muss die hierfür erforderlichen Rahmenbedingungen schaffen und die Kosten dafür vorfinanzieren (z.B. Schlosser zum Öffnen; Spedition zum Abtransport). Die anfallenden Kosten sind auf Antrag vom Gericht zu bestimmen und vom Verpflichteten zu ersetzten.  

Eine Aufschiebung der Räumungsexekution ist aus gewissen Gründen möglich (§ 42 EO). 

Insolvenz

Wenn die Vertragsauflösung die Fortführung des Unternehmens gefährden könnte, kann bis zum Ablauf von sechs Monaten nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens nur aus wichtigem Grund aufgelöst werden (Vertragsauflösungssperre). Nicht als wichtiger Grund gilt eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation des Schuldners oder der Verzug des Schuldners mit der Erfüllung von vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens fällig gewordenen Forderungen. Dieses Recht ist zwingend und kann nicht wirksam abbedungen werden.  

Auf Antrag des Insolvenzverwalters ist eine Exekution zur Räumung eines Bestandobjekts, in dem das Unternehmen betrieben wird, wegen Nichtzahlung des Bestandzinses in der Zeit vor Eröffnung des Insolvenzverfahrens aufzuschieben.

Diese Aufschiebung gilt bis

  • das Unternehmen geschlossen wird,
  • der Schuldner den Sanierungsplan zurückzieht oder das Gericht den Antrag zurückweist,
  • der Sanierungsplan in der Sanierungsplantagsatzung abgelehnt und die Tagsatzung nicht erstreckt wurde,
  • dem Sanierungsplan die Bestätigung versagt wurde oder
  • die Forderung des Bestandgebers nach § 156a IO (Verzug bei der Erfüllung des Sanierungsplans) wieder auflebt.  

Wird die Forderung mit dem im Sanierungsplan festgesetzten Betrag rechtzeitig voll befriedigt, so ist die Räumungsexekution auf Antrag einzustellen. Das Bestandverhältnis gilt als fortgesetzt.

Stand: 07.11.2024