Antragsformulare Steuererklärungen liegen auf einem braunen Holzuntergrund während ein gläsernes Sparschwein mit Euro-Münzen und Euro-Scheinen darauf steht, daneben liegen weitere Eurogeldscheine und ein Taschenrechner sowie ein Bleistift
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Haftung für Steuern bei Betriebsübergaben

Informationen für Übernehmer

Lesedauer: 4 Minuten

Der Erwerber eines Unternehmens oder eines im Rahmen eines Unternehmens gesondert geführten Betriebes haftet unter gewissen Voraussetzungen für bestimmte offene Steuern und Abgaben des Vorgängers. Bei dieser Art der Haftung handelt es sich um eine so genannte Ausfallshaftung. Es muss eine wesentliche Erschwerung der Einbringlichkeit beim Hauptschuldner vorliegen (z.B. drohendes Insolvenzverfahren, Auswanderungsabsicht, Vermögensverschiebung ins Ausland oder an Verwandte).

Regelungen finden sich insbesondere in der Bundesabgabenordnung, aber auch in einigen Materiengesetzen.

Die abgabenrechtlichen Haftungsbestimmungen stehen der Geltendmachung zivilrechtlicher Haftungen (insbesondere nach dem Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch und dem Unternehmensgesetzbuch) im Zivilrechtsweg grundsätzlich nicht entgegen.

Anwendungsvoraussetzungen

Die Haftungsbestimmungen für Steuern und Abgaben kommen nur zur Anwendung, wenn ein Unternehmen oder gesondert geführter Betrieb (auch Teilbetrieb) im Ganzen übereignet wird.

Übereignung eines Betriebes liegt vor, wenn die

  • wesentlichen Betriebsgrundlagen
  • in einem einheitlichen Vorgang
  • an einen Erwerber übertragen werden.

Zu den wesentlichen Betriebsgrundlagen gehören all jene Wirtschaftsgüter, die der Erwerber benötigt, um die bisherige gewerbliche Tätigkeit im Wesentlichen unverändert weiterzuführen. Was die wesentlichen Betriebsgrundlagen eines Betriebes sind, hängt vom Einzelfall ab (z.B. bei Produktionsbetrieben die Maschinen und das Betriebsgebäude, bei kundengebundenen Tätigkeiten der Kundenstock).

Der Erwerb einzelner Wirtschaftsgüter – sofern diese nicht die wesentliche Grundlage des Unternehmens bilden - löst ebenso wenig eine Haftung aus, wie der Erwerb der wesentlichen Betriebsgrundlagen durch verschiedene Erwerber (Zerschlagung des Betriebes). Wird aber ein Unternehmen (ein Betrieb) im Ganzen mehreren Erwerbern zu ideellen Anteilen übereignet, so trifft die Haftung jeden Erwerber. Die Haftung besteht auch unabhängig davon, ob der Erwerber den Betrieb tatsächlich fortführt.

Übereignung eines Betriebes liegt vor, wenn das (wirtschaftliche) Eigentum am Betrieb auf den Erwerber übertragen wird. Unmaßgeblich ist, ob die Übereignung entgeltlich (Kauf/Tausch) oder unentgeltlich (Schenkung) erfolgt. Mangels Eigentumsübertragung löst die Verpachtung eines Betriebes keine Haftungsfolgen aus.

Ausgenommen von der Haftung sind:
Betriebserwerbe im Zuge eines Vollstreckungsverfahrens, Erwerbe aus einer Insolvenzmasse im Sinne der Insolvenzordnung oder Erwerbe während der Überwachung durch eine im Sanierungsplan bezeichnete Person als Treuhänder der Gläubiger.


Betroffene Abgaben

Die Haftung bezieht sich nur auf Abgaben, bei denen sich die Abgabepflicht auf den Betrieb des Unternehmens gründet, also auf Abgaben bei denen die unternehmerische Tätigkeit den materiell rechtlichen, die Abgabepflicht begründenden Tatbestand auslöst sowie auf Steuerabzugsbeträge. Es genügt nicht, dass die Abgabe durch den Betrieb veranlasst ist.

Beispiele für betroffene Abgaben: Umsatzsteuer, Normverbrauchsabgabe, Kommunalsteuer, Lohnsteuer, Kapitalertragsteuer, Abzugsteuer.

Hinweis: Die Haftung umfasst auch die auf die Geschäftsveräußerung selbst entfallende Umsatzsteuer sowie die durch die Veräußerung ausgelöste Vorsteuerberichtigung.

Die Erwerberhaftung erfasst Abgaben, die objektiv auf den Betrieb zurückgehen; sie setzt aber nicht voraus, dass es sich dabei um Abgabenschuldigkeiten des Veräußerers, also des unmittelbaren Vorgängers handelt. Unter die gegenständlichen Haftungsbestimmungen können daher auch mehrere aufeinander folgende Erwerbsvorgänge fallen, wobei der Erwerber diesfalls auch als Zweiterwerber haften kann.

Keine Haftung

Keine Haftung besteht für Steuern, wenn es sich nicht um betriebsbezogene Abgaben handelt. Dazu zählen insbesondere Einkommensteuer, Körperschaftsteuer, Grunderwerbsteuer, Stempel- und Rechtsgebühren, KFZ-Steuer, Dienstgeberbeitrag, Einfuhrumsatzsteuer und die innergemeinschaftliche Erwerbssteuer gegenüber nicht-unternehmerischen juristischen Personen.

Zeitliche Begrenzung der Haftung

Die Haftung erstreckt sich nur auf Abgaben, soweit sie auf die Zeit seit dem Beginn des letzten vor der Übereignung liegenden vollen Kalenderjahres entfallen bzw. abzuführen waren. Der Erwerber haftet somit für Steuern, deren Schuld im Jahr der Übereignung und im davorliegenden Jahr entstanden ist.

Beispiel: Betriebserwerb am 1.11.2023 | Ausfallshaftungszeitraum bis max. 1.1.2022. 

Höhenmäßige Begrenzung der Haftung

Der Höhe nach ist die Haftung des Erwerbers in zweierlei Hinsicht begrenzt.

  1. Der Erwerber haftet nur insoweit, als er die Steuerschulden im Zeitpunkt der Übereignung kannte oder kennen musste. Den Erwerber trifft eine Erkundigungspflicht. Nicht kennen muss der Erwerber Schulden, die ihm trotz Ausschöpfung aller ihm zugänglichen Erkenntnisquellen, trotz ernsthaften Bemühens und sachkundiger Ausforschung unbekannt geblieben sind (z.B. Einsichtnahme in die Bücher, die Befragung des Veräußerers über den Stand der Passiven, Vorlage von Kontomitteilungen des Finanzamtes, Unbedenklichkeitsbescheinigungen vom Finanzamt, Rücksprache beim steuerlichen Vertreter des Übergebers). 
    Die Auskunft des Veräußerers allein befreit den Erwerber nicht von der Pflicht, in die Geschäftsbücher und sonstigen Erkenntnisquellen Einsicht zu nehmen. Darüber hinaus kann der Erwerber - sofern der potenzielle Übereigner zustimmt - Abgabeschuldigkeiten direkt bei der Abgabenbehörde erfahren.
  2. Zudem ist die Haftung der Höhe nach mit dem Wert der übertragenen Gegenstände und Rechte (Aktiva) begrenzt. Übernommene Schulden dürfen nicht abgezogen werden.

Geltendmachung

Die Erwerberhaftung ist im Verwaltungsweg durch die Finanzbehörden mit Bescheid (Haftungsbescheid) geltend zu machen und liegt im Ermessen der Abgabenbehörde. Die Erlassung eines Haftungsbescheides ist eine Einhebungsmaßnahme und als solche daher nur innerhalb der Einhebungsverjährungsfrist von 5 Jahren zulässig. Bei der Einhebungsverjährung führt eine nach außen erkennbare Amtshandlung zu einer Unterbrechung der Verjährung. In diesem Fall beginnt die 5jährige Verjährungsfrist mit Ablauf des Jahres, in welchem die Unterbrechung eingetreten ist, neu zu laufen.

Beispiele für Unterbrechungshandlungen sind: Mahnung, Vollstreckungsmaßnahmen, Bewilligung einer Zahlungserleichterung etc. 

Nähere Details: siehe Infoseite zur Verjährung in der Bundesabgabenordnung

Nachversteuerung von investierten Gewinnen

Hat der bisherige Betriebsinhaber den Freibetrag für investierte Gewinne bzw. den investitionsbedingten Gewinnfreibetrag in Anspruch genommen und scheidet im Falle der (entgeltlichen oder unentgeltlichen) Betriebsübertragung ein begünstigtes Wirtschaftsgut vor Ablauf der Vierjahresfrist aus dem Betriebsvermögen aus, so ist der gewinnerhöhende Ansatz insoweit beim Rechtsnachfolger vorzunehmen.

Näheres dazu siehe Infoseite "Der Gewinnfreibetrag" 

Stand: 28.06.2024

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