HinweisgeberInnenschutzgesetz - Umsetzung der EU-Whistleblowing-Richtlinie
Überblick über die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen
Lesedauer: 4 Minuten
Das HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) verpflichtet auch Unternehmen zur Einrichtung interner Meldekanäle, damit Hinweisgeber vertraulich an diese (Verdachtsmomente über) Verstöße melden können.
Diese Hinweisgeber werden durch das HSchG besonders geschützt.
Dieses Informationsblatt möchte einen ersten groben Überblick über die einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen geben.
Eine Checkliste zum Geltungsbereich und zur Einrichtung eines Hinweisgebersystems ist veröffentlicht unter: HinweisgeberInnenschutzgesetz - Checkliste zur Errichtung eines internen Hinweisgebersystems
Gesetzliche Grundlage
Das HSchG legt u.a. fest, wer als Hinweisgeber gilt und wie er geschützt ist, welche Unternehmen interne Meldekanäle einzurichten und zu betreiben haben, wie interne und externe Meldekanäle ausgestaltet zu sein haben und wie mit Hinweisen umzugehen ist.
In bestimmten Bereichen gelten darüber hinaus Sonderbestimmungen, etwa aufgrund des Bankwesengesetzes.
Hinweisgeber
Wer im Rahmen einer beruflichen Tätigkeit von einer Rechtsverletzung Kenntnis erlangt und diese durch einen Hinweis aufdeckt, gehört zum Kreis der geschützten Hinweisgeber. Das sind neben Arbeitnehmern auch z.B. Praktikanten, Mitglieder leitender Organe (Geschäftsführung …), Arbeitnehmer von Auftragnehmern und (Sub-)Lieferanten.
Geltungsbereich
Vieles spricht dafür, das Gesetz ist allerdings diesbezüglich unklar, dass das HSchG für Arbeitgeber mit zumindest 50 Arbeitnehmern gilt, wenn die Möglichkeit besteht, dass sie von Hinweisen in den vom HSchG genannten Bereichen betroffen sein können. Das HSchG kann auch unter dieser Schwelle gelten, wenn Unternehmen in bestimmten sensiblen Bereichen tätig sind (z.B. Finanzdienstleistungen und ‑produkte). Es gilt nicht für Einzelunternehmer.
Das HSchG gilt für die Hinweisgebung hinsichtlich (des Verdachts) der Verletzung von Vorschriften u.a. in den Bereichen Öffentliches Auftragswesen, Finanzdienstleistungen, Produktsicherheit, Verkehrssicherheit, Umweltschutz, Lebensmittelsicherheit, Tierschutz, öffentliche Gesundheit, Verbraucherschutz, Datenschutz und Korruption.
Schutzwürdigkeit von Hinweisgebern
Hinweisgeber sind zur Inanspruchnahme der Verfahren und des Schutzes für die Hinweisgebung ab der Abgabe des Hinweises berechtigt, wenn sie zum Zeitpunkt des Hinweises auf der Grundlage der tatsächlichen Umstände und der ihnen verfügbaren Informationen hinreichende Gründe dafür annehmen können, dass die von ihnen gegebenen Hinweise wahr sind und in den Geltungsbereich des HSchG fallen.
Vertraulichkeit, Verschwiegenheitspflicht und Schutz der Identität
Die Identität von Hinweisgebern ist durch die internen und externen Stellen zu schützen. Dies gilt auch für alle anderen Informationen, aus denen die Identität von Hinweisgebern direkt oder indirekt abgeleitet werden kann. Eine Offenlegung ist nur in ganz bestimmten, eng begrenzten Fällen zulässig.
Hinweisgeber, interne und externe Stellen sowie Behörden dürfen Geschäftsgeheimnisse, die ihnen aufgrund eines Hinweises bekannt werden, nur für die Zwecke des HSchG und nur im dafür erforderlichen Ausmaß benutzen oder offenlegen.
Das HSchG enthält umfangreiche Datenschutzbestimmungen.
Interne Hinweisgebung
Arbeitgeber (inkl. öffentlicher Stellen), die in den Geltungsbereich des HSchG fallen, sind verpflichtet, ein internes Meldesystem nach den Vorgaben des HSchG einzurichten und zu betreiben. Wer dieses nicht einrichtet, kann nicht bestraft werden. Es ist allerdings davon auszugehen, dass bestehende interne Einrichtungen eher genützt werden als externe Meldesysteme gegenüber Behörden. Aufbau und Verfahren interner Meldesysteme sind gesetzlich geregelt. Der Arbeitgeber kann selbst entscheiden, ob das interne System nur schriftliche, nur mündliche, oder Hinweise in beiden Formen zulässt. Unternehmen können die Aufgaben einer internen Stelle auf eine gemeinsame Stelle (z.B. Konzernmutter) oder Externe (z.B. Rechtsanwälte) übertragen.
Anonyme Meldungen müssen nicht zugelassen werden, werden sie zugelassen, ist das System so auszugestalten, dass eine anonyme Zweiwegkommunikation möglich ist (z.B., weil der Eingang eines Hinweises dem Hinweisgeber schriftlich zu bestätigen ist).
Hinweisgebersystem und Arbeitsrecht
Bei der Einrichtung eines internen Hinweisgebersystems sind auch arbeitsrechtliche Bestimmungen zu beachten. Informationen dazu sind veröffentlicht unter:
- HinweisgeberInnenschutzgesetz: Arbeitsrechtsrechtliche Aspekte
- HinweisgeberInnenschutzgesetz: Einrichtung einer internen Hinweisgebung im Betrieb
- HinweisgeberInnenschutzgesetz: Interne und externe Meldekanäle
Externe Hinweisgebung
Neu ist, dass nach dem HSchG externe Meldestellen einzurichten sind, an die sich ein Hinweisgeber auch direkt wenden darf (obwohl die Anregung besteht, dass er zunächst den Hinweis intern abgibt). Das Bundesamt zur Korruptionsprävention und Korruptionsbekämpfung (BAK) ist eine allgemeine externe Stelle. Für bestimmte Bereiche gibt es ausschließlich zuständige externe Stellen. Auch der Aufbau und Verfahren dieser Meldesysteme sind gesetzlich geregelt.
Offenlegung
Ein Hinweisgeber ist berechtigt, unter bestimmten Umständen Hinweise durch deren öffentliches Zugänglichmachen (etwa auf „sozialen“ Plattformen) zu veröffentlichen; dies jedoch nur unter strikten Voraussetzungen, so etwa dann, wenn er einen hinreichenden Grund zur Annahme hat, dass die Rechtsverletzung eine unmittelbare oder offenkundige Gefährdung des öffentlichen Interesses darstellen kann, wie etwa in einer Notsituation oder bei Gefahr eines irreversiblen Schadens.
Schutz vor Vergeltungsmaßnahmen
Maßnahmen, die in Vergeltung eines berechtigen Hinweises erfolgen, etwa Suspendierung, Kündigung, Nichtverlängerung eines befristeten Arbeitsvertrags, Herabstufung oder Versagung einer Beförderung, sind rechtsunwirksam. Der Arbeitgeber ist zur Wiederherstellung des rechtmäßigen Zustands, zum Ersatz des Vermögensschadens sowie zu einer Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung verpflichtet.
Befreiung von Haftung und Geheimhaltungsverpflichtungen
Schutzwürdige Hinweisgeber haften nicht für tatsächliche oder rechtliche Folgen eines berechtigten Hinweises. Geschützt ist jedoch nicht, wer sich diese Informationen durch eine eigenständige Straftat beschafft und in weiterer Folge mit diesen einen Hinweis erstattet.
Datenschutzrechtliche Sonderbestimmungen
Das HSchG enthält datenschutzrechtliche Sonderbestimmungen zur Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO). Informationen dazu sind veröffentlicht unter: HinweisgeberInnenschutzgesetz (HSchG) - Datenschutz
Außerhalb des Geltungsbereichs des HSchG ist die DSGVO unverändert anzuwenden.
Strafbestimmungen
Strafbar ist, wer eine Person im Zusammenhang mit einer Hinweisgebung behindert oder zu behindern sucht oder durch mutwillige gerichtliche oder verwaltungsbehördliche Verfahren unter Druck setzt, wer eine Vergeltungsmaßnahme setzt, wer die Bestimmungen zum Schutz der Vertraulichkeit verletzt oder wissentlich einen falschen Hinweis gibt. Dies stellt eine Verwaltungsübertretung dar und ist mit Geldstrafe bis zu 20.000 EUR (im Wiederholungsfall: 40.000 EUR) zu bestrafen.
Das Bundesministerium für Arbeit und Wirtschaft überlegt, einen Auslegungsbehelf zum HSchG zu erarbeiten. Dieser ist bislang noch nicht veröffentlicht.
Stand: 25.07.2024