Detailansicht Hand einer Person, die andere Hand einer älteren Person ergreift
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Aus welchen Ländern dürfen Personenbetreuer nach Österreich herüberarbeiten?

Überblick über ausgewählte EU-Mitgliedstaaten

Lesedauer: 6 Minuten

1. Einleitung

Unternehmer aus EU/EWR-Mitgliedstaaten und der Schweiz dürfen unter bestimmten Voraussetzungen nach Österreich „herüberarbeiten“, ohne hier eine Gewerbeanmeldung vornehmen zu müssen. Diese ausländischen Unternehmer haben dann auch keinen Sitz oder keine Niederlassung in Österreich. 

Solche Unternehmer dürfen dann nach Österreich herüberarbeiten, wenn sie in ihren Heimatstaaten solche Tätigkeiten, die das Gewerbe der Personenbetreuung umfasst, selbständig befugt ausüben. Eine Leistungserbringung fällt weiters nur dann unter den Begriff „Herüberarbeiten“, soweit sie in Österreich bloß vorübergehend ist. Für die Frage, ob die Personenbetreuung in Österreich vorübergehenden Charakter hat, ist nicht nur die Dauer der Leistung, sondern auch ihre Häufigkeit, regelmäßige Wiederkehr und Kontinuität zu berücksichtigen.   

2. Überblick über ausgewählte EU-Mitgliedstaaten

Land Herüberarbeiten grundsätzlich möglich
Tschechien Ja
Slowakei Nein
Polen Ja
Ungarn Nein
Slowenien Ja
Kroatien Ja
Rumänien Ja
Bulgarien Nein
Estland Ja
Lettland Nein
Litauen Nein

3. Regelungen in den einzelnen beschriebenen EU-Mitgliedstaaten 

3.1. Tschechien

In Tschechien ist die selbständige Ausübung von Tätigkeiten der Personenbetreuung möglich. Gesetzliche Grundlage ist das Gesetz über Sozialdienstleistungen, welches die Ausübung von Sozialdienstleistungen regelt, zu denen auch Personenbetreuung zählt. Die Ausübung von Sozialdienstleistungen ist kein Gewerbe.

Zusammenfassung: In Tschechien gibt es ein der „Personenbetreuung“ ähnliches Gewerbe; Herüberarbeiten nach Österreich ist – unter Einhaltung der generellen Regeln für das Herüberarbeiten – möglich.

3.2. Slowakei

In der Slowakei entspricht den Tätigkeiten der Personenbetreuung am ehesten das Gewerbe der Erbringung von Sozialdienstleistungen. Die Erbringer von Sozialdienstleistungen benötigen einen Gewerbeschein und müssen sich auch bei der örtlich zuständigen Region registrieren lassen. Die Sozialdienstleistungen selbst werden dann von –bei den Erbringern - angestellten Personenbetreuern unselbständig erbracht.

Diese Personenbetreuer haben entweder eine entsprechende Ausbildung im Gesundheits- oder Sozialwesen oder müssen sich durch einen Ausbildungskurs zu diesem Beruf qualifiziert haben. Solche Kurse werden von akkreditierten privaten Ausbildungsanstalten organisiert (auch kostenlos).

Einzelne Tätigkeiten der Personenbetreuung werden in der Slowakei auch als Gewerbe angemeldet. Dabei handelt es sich einerseits um bloße Haushaltstätigkeiten, andererseits um eine kurzfristige Hilfestellung bei der Betreuung von Kindern und älteren Personen (z.B. während eines Urlaubs, einer Dienstreise). 

Zusammenfassung: In der Slowakei gibt es somit kein Gewerbe, das zur Gänze der österreichischen Personenbetreuung entspricht. Ein Herüberarbeiten ist nicht möglich.

3.3. Polen

Tätigkeiten eines Personenbetreuers werden in Polen von einem Personenbetreuer (Pfleger) für die häusliche Pflege („Opiekunka środowiskowa“) ausgeführt. Diese Personen können insbesondere folgende Leistungen erbringen:

  • Tägliche Hausarbeiten,
  • Planung und Organisation des Haushalts,
  • Pflege und Hygiene,
  • erste Hilfe bei gesundheits- und lebensbedrohenden Situationen,
  • aktive Freizeitgestaltung,
  • Hobbyentwicklung,
  • Erhöhung der Lebensselbständigkeit.

Personenbetreuer für die häusliche Pflege erlangen nach Ablegung einer Prüfung einen Qualifikationsnachweis, der die berufliche Qualifikation bestätigt. Die Eintragung in die Zentrale Gewerbeevidenz und Gewerbeauskunft ist in Polen notwendig. Ein Auszug aus der Zentralen Gewerbeevidenz kann im Falle des Herüberarbeitens vorgelegt werden. 

Zusammenfassung: Die selbständige Ausübung von Tätigkeiten der Personenbetreuung ist in Polen möglich, das Herüberarbeiten nach Österreich somit grundsätzlich auch.

3.4. Ungarn

In Ungarn gibt es die Tätigkeit „Betreuung im Haus“, die Unterstützung und Pflege für Betreuungsbedürftige, körperliche Pflege, Haushaltsarbeiten und Hilfe bei Erledigungen umfasst. Diese Tätigkeiten darf nicht selbständig ausgeübt werden, sondern wird als Dienstnehmer von einem privaten Auftraggeber oder von einem Unternehmen, das Dienstnehmer vermittelt, ausgeführt.

Zusammenfassung: In Ungarn dürfen Tätigkeiten der Personenbetreuung nicht selbständig ausgeübt werden. Herüberarbeiten ist somit nicht möglich.

3.5. Slowenien

Dem Berufsbild der Personenbetreuung entspricht in Slowenien der Tätigkeit des sozialen Versorgers für Zuhause („socialni oskrbovalec na domu). Diese Tätigkeit kann selbständig ausgeübt werden, ist im Firmenregister einzutragen und benötigt eine behördliche Genehmigung, die u.a. einen Nachweis über eine abgelegte Fachprüfung und mindestens fünf Jahre Berufserfahrung voraussetzt. Diese Tätigkeitsbewilligung stellt auch die Bestätigung für die Ausübung der Tätigkeit im EU-Ausland dar.

Folgende Tätigkeiten dürfen ausgeübt werden:

  • Zustellung von vorbereiteten Mahlzeiten,
  • Vornahme von Besorgungen – Lebensmittel und anderen Sachen, Vorbereitung von Brennholz oder anderen Brennmaterialien,
  • Einkauf von Wintervorrat,
  • kleine Hausreparaturen,
  • Wäscheversorgung,
  • Gartenpflege und Pflege der Wohnungsumgebung,
  • Reinigung der Wohnung, Begleiten beim Einkauf, bei Vorstellungen, zu Verwandten oder auf Urlaub,
  • Organisierung und Ausführung von anderen Arten gesellschaftlichen Kontakten,
  • Pediküre, Friseur- und andere Dienstleitungen für die Körperpflege,
  • Hilfe bei Bankgeschäften, bei der Bezahlung der Rechnungen, Versenden und Entgegennahme der Post,
  • nächtlicher Schutz und Überwachung des Zustandes des Betreuten,
  • ganztägige Verfügung über den Telefonalarm.
  • Medizinische Tätigkeiten sind ausschließlich den Krankenschwestern vorbehalten.  

Zusammenfassung: In Slowenien ist die selbständige Ausübung möglich. Es kann somit grundsätzlich herübergearbeitet werden.

3.6 Kroatien

In Kroatien gibt es kein Gewerbe, das als solches der österreichischen Personenbetreuung entspricht. Es ist jedoch möglich, ein Gewerbe mit mehreren Tätigkeiten (wie z.B. „pomoćni poslovi u kućanstvu“ (Hilfstätigkeiten im Haushalt), „briga/skrb o starijim i nemoćnim osobama“ (Pflege/Betreuung älterer und hilfsbedürftiger Personen) zu registrieren, welches in dem Fall mit der österreichischen Personenbetreuung vergleichbar wäre. Dabei handelt es sich um ein freies Gewerbe, d.h. es ist keine besondere Ausbildung für die Ausübung dieser Tätigkeit notwendig. Bei der Registrierung muss genau angegeben werden, welche Tätigkeiten von dem Gewerbe umfasst sind. 

Zusammenfassung: In Kroatien kann grundsätzlich eine selbständige Ausübung von Tätigkeiten, die der Personenbetreuung entsprechen, erfolgen. Damit darf grundsätzlich nach Österreich herübergearbeitet werden.

3.7. Rumänien

  • Personenbetreuer für Alte am Wohnsitz („ingrijitor batrani la domiciliu“),
  • Personenbetreuer am Wohnsitz („ingrijitor la domiciliu“),
  • Pfleger für Alte und Kinder am Wohnsitz (ingrijitor batrani si copii la domiciliu).

Personenbetreuer und Pfleger können ihren Beruf selbständig ausüben. Sie müssen sich beim rumänischen Handelsregisteramt als „autorisierte natürliche Person“ eintragen lassen.

Häusliche Betreuer müssen sich durch einen Ausbildungskurs zu diesem Beruf qualifiziert haben. Solche Kurse werden von privaten Ausbildungsanstalten und (gratis) vom rumänischen Arbeitsministerium organisiert. 

Zusammenfassung: Personenbetreuer können in Rumänien selbständig arbeiten. Sie dürfen damit auch grundsätzlich nach Österreich herüberarbeiten.

3.8. Bulgarien

In Bulgarien verrichten Tätigkeiten der Personenbetreuung entweder Gemeindeunternehmen oder Privatfirmen, die Krankenschwestern beschäftigen oder Sozialhilfeprogramme, die Arbeitslose für bestimmte Zeit beschäftigen.

Zusammenfassung: In Bulgarien ist die selbständige Ausübung von Tätigkeiten der Personenbetreuung nicht möglich. Herüberarbeiten scheidet von vornherein aus.

3.9. Estland

Betreuungsleistungen können in Estland von Pflegedienstleistenden („Hoolekandeteenuse osutaja“) erbracht werden. Die Tätigkeit von Pflegedienstleistenden kann selbständig ausgeübt werden und muss im Handelsregister registriert sein. Ein Pflegedienstleistender kann eine Bestätigung des Handelsregisters bekommen, wenn er seine Dienstleistung im EU-Ausland anbieten will. Organisiert werden Betreuungstätigkeiten von der lokalen Selbstverwaltung, die Verträge mit den Pflegedienstleistenden abschließen kann. Zu den Tätigkeiten der Pflegedienstleistenden zählen u.a.:

  • Durchführung von Hausarbeiten,
  • Sorgetragung für ein gesundes Raumklima,
  • Unterstützung bei alltäglichen Tätigkeiten und bei der Lebensführung.  

Zusammenfassung: In Estland können Tätigkeiten der Personenbetreuung selbständig ausgeübt werden. Ein Herüberarbeiten ist bei Vorliegen der sonstigen Voraussetzungen möglich.

3.10. Lettland

Es gibt in Lettland der österreichischen Personenbetreuung vergleichbare Berufe und zwar den des Sozialarbeiters und der medizinischen Fachkraft. Die Betreuungstätigkeiten und pflegerischen Tätigkeiten werden von einem Sozialarbeiter (social work specialist - a person who has the education and who performs the professional duties of a social worker, caritative social worker, social carer, social rehabilitator or social assistance organizer) bereitgestellt. Die ärztlichen Tätigkeiten dürfen von einer medizinischen Fachkraft (medical practitioners), z.B. Krankenschwester erbracht werden.

Die Personenbetreuer werden von den Städtegemeinden oder Firmen angestellt. Die vertragliche Basis für die Anstellung kann auch das selbständige Ausüben des Berufes vorsehen.

Zusammenfassung: Um die Betreuungstätigkeiten, pflegerische Tätigkeiten und ärztliche Tätigkeiten von einer Person gewährleisten zu können, würde aus Lettland die medizinische Fachkraft in Frage kommen, die bereit wäre, weniger qualifizierte Tätigkeiten auszuüben (die Tätigkeiten eines Sozialarbeiters). Ein Sozialarbeiter aus Lettland würde die ärztliche Betreuung nicht anbieten dürfen.

3.11. Litauen

In Litauen gibt es der österreichischen Personenbetreuung vergleichbare Berufe und zwar den des Sozialarbeiters und des Sozialarbeiterhelfers. Als Sozialarbeiter dürfen nur Personen tätig sein, die über eine entsprechende Hochschulausbildung im Sozialarbeits- oder einem ähnlichen Bereich verfügen. Die Helfer des Sozialarbeiters agieren auf Anweisungen des Sozialarbeiters. Diese Berufe dürfen nicht selbständig ausgeübt werden. Die Schaffung eines selbständigen Berufes ist auch nicht geplant. 

Mit der täglichen Sozialpflege bzw mit der Personenbetreuung sind lokale Munizipalitäten und deren Bezirksverwaltungen beauftragt. Die Bezirksverwaltungen verfügen über eigene Sozialpflegeabteilungen oder über Sozialunternehmen. Diese Tätigkeit ist lizenzpflichtig, die Lizenzen werden je nach konkreter Pflegeart nur für juristische Personen und sog Pflegefamilien (betreffend Kinderpflege) erteilt.

Zusammenfassung: Die selbständige Ausübung von Tätigkeiten der Personenbetreuung ist in Litauen nicht möglich. Herüberarbeiten ist somit ausgeschlossen.

Stand: 22.06.2022

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