Anwendungsbereich des MRG im Detail
Information auf welche Geschäftsraummietverträge das MRG zur Gänze, überhaupt nicht oder nur zum Teil Anwendung findet
Lesedauer: 7 Minuten
Vor Abschluss eines Mietvertrages über Geschäftsräumlichkeiten sollte unbedingt Klarheit geschaffen werden, ob überhaupt und wenn ja, in welchem Umfang das Mietrechtsgesetz (MRG) auf den gegenständlichen Mietvertrag Anwendung findet. Dies vor allem deshalb, weil der im MRG verankerte "Mieterschutz“, der überwiegend zwingender Natur ist, also zum Nachteil eines Mieters vertraglich nicht abgeändert werden kann, dem Mieter tief greifende Schutzrechte einräumt. Zu erwähnen sind hier insbesondere der Kündigungsschutz, die gesetzlich geregelte Mietzinsbildung, Weitergaberechte des Mieters sowie die Erhaltungs- und Verbesserungspflichten des Vermieters.
Die Anwendbarkeit des MRG kann vertraglich nicht rechtsgültig ausgeschlossen werden. Umgekehrt bestehen aber keine Bedenken, die Anwendbarkeit des MRG auf außerhalb seines Anwendungsbereiches oder nur im Teilanwendungsbereich liegende Vertragsverhältnisse zu vereinbaren.
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Mietgegenstand im Sinne des MRG
Die Anwendbarkeit des MRG setzt zunächst voraus, dass Gegenstand des Mietvertrages ein Mietgegenstand im Sinne des MRG ist.
Unter einem Mietgegenstand ist jedenfalls jede Räumlichkeit zu verstehen, die zu Geschäftszwecken verwendet werden kann. Dazu zählen nicht nur Geschäftsräumlichkeiten aller Art, wie etwa Magazine, Werkstätten, Verkaufsräume, Arbeitsräume, Amts- oder Kanzleiräume, sondern auch Räumlichkeiten, die zum Zweck der Ausübung einer Vereinstätigkeit oder zu sonstigen kulturellen oder kirchlichen bzw kultischen Zwecken (zB Religionsausübung) vermietet werden.
Nach ständiger Rechtsprechung sind bloße Teile von Geschäftsräumlichkeiten, wie etwa durch besondere Vorrichtungen (zB Vorhang, Bretterverschlag) abgegrenzte Einheiten einer Geschäftsräumlichkeit nicht als Mietgegenstand im Sinne des MRG zu werten. Ebenso nicht die Miete von Fassadenteilen zB zur Anbringung von Reklame oder die Miete von Außenflächen zB zur Anbringung von Vitrinen.
Wann und in welchem Umfang kommt das MRG bei der Miete von Geschäftsräumlichkeiten zur Anwendung?
Das MRG regelt, für welche Mietgegenstände es
zur Gänze (Vollanwendungsbereich) oder
überhaupt nicht (Vollausnahmen) oder
nur zum Teil (Teilanwendungsbereich)
zur Anwendung kommt.
Vollanwendungsbereich des MRG:
Soweit einzelne Vermietungen nicht in die Voll- oder Teilausnahmen fallen, gilt das MRG für die Miete von Geschäftsräumlichkeiten aller Art, wie im besonderen von Geschäftsräumen, Magazinen, Werkstätten, Arbeitsräumen, Amts- oder Kanzleiräumen samt etwa mit gemieteten Haus- oder Grundflächen, wie im besonderen von Hausgärten, Abstell-, Lade- oder Parkflächen.
Für Geschäftsräumlichkeiten in Gebäuden, die von einer gemeinnützigen Bauvereinigung im eigenen Namen errichtet worden sind, gelten die Bestimmungen des MRG lediglich nach Maßgabe des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetzes.
Vollausnahmen vom Anwendungsbereich des MRG:
Das MRG nennt taxativ bestimmte Mietverhältnisse über Geschäftsräumlichkeiten, auf die das MRG überhaupt nicht zur Anwendung kommt.
Auf solche Mietverhältnisse kommen die überwiegend frei gestaltbaren und nicht zwingenden bestandrechtlichen Bestimmungen des Allgemeinen bürgerlichen Gesetzbuches (ABGB) zur Anwendung.
Das bedeutet vor allem, dass es für derartige Mietverhältnisse keinen speziellen Kündigungsschutz gibt, der Mietzins ohne gesetzliche Beschränkungen frei vereinbart werden kann, die Dauer des Mietverhältnisses beliebig gestaltbar ist sowie beliebig regelbar ist, wer die Kosten für Erhaltungs- und Verbesserungsarbeiten zu tragen hat. Die Beweislast für die Nichtanwendbarkeit des MRG liegt im Streitfall beim Vermieter.
Folgende Mietverhältnisse fallen unter die Vollausnahmen:
Mietgegenstände, die im Rahmen des Betriebes eines Beherbergungs-, Garagierungs, Verkehrs-, Flughafenbetriebs-, Speditions-, Lagerhausunternehmens oder eines Heimes vermietet werden.
Unter Beherbergungsunternehmen sind Gasthöfe, Hotels, Motels und ähnliche Unternehmen ebenso zu verstehen wie auch eine Privatzimmervermietung, wenn die Räume ihrer Widmung nach der Beherbergung dienen und die Vermietung im Rahmen eines Unternehmens erfolgt. Wesentliche Merkmale eines Beherbergungsbetriebes sind, dass die Überlassung der Räume mit bestimmten Dienstleistungen verbunden ist, das vereinbarte Entgelt die Kosten für Stromverbrauch, Heizung, Wasser udgl enthält und der Vermieter für die Reinigung der Zimmer verantwortlich ist und auch die Bettwäsche zur Verfügung stellt.
Vermietungen im Rahmen des Betriebes eines Verkehrs- oder Flughafenbetriebsunternehmens fallen dann nicht unter das MRG, wenn die Vermietung nach dem Bestandzweck in den Geschäftsbereich des betreffenden Unternehmens fällt. Darunter fallen vor allem typische Infrastrukturbetriebe (zB Gastronomie, Reisebedarf, Lebensmittel, Dienstleistungen) im Bereich von Bahnhöfen, Busbahnhöfen, U-Bahnstationen, Flughäfen.
Unter Heimen im Sinne dieser Ausnahmebestimmung sind organisierte Einheiten zu verstehen, wo zusätzlich zur Befriedigung des Wohnbedürfnisses der Insassen noch weitere für die Lebensführung notwendige Einrichtungen, wie Verpflegung, Kranken- und Altenbetreuung, Aufenthalts-, Fernseh- und Sporträume, Freizeiteinrichtungen, Gartenbenützung, Zimmerreinigung und Zurverfügungstellung von Bettwäsche angeboten werden.
Mietverträge über Geschäftsräumlichkeiten, die durch Ablauf der Zeit ohne Kündigung erlöschen, wenn die ursprüngliche oder verlängerte Vertragsdauer ein halbes Jahr nicht übersteigt.
Die Vertragsdauer darf, soll der Mietvertrag nicht unter das MRG fallen, insgesamt 6 Monate nicht übersteigen. Sollte das etwa durch Verlängerungen der Fall sein, unterliegt das Mietverhältnis von Anfang an den Bestimmungen des MRG.
Mietgegenstände in einem Gebäude mit nicht mehr als zwei selbstständigen Wohnungen oder Geschäftsräumlichkeiten (Räume, die nachträglich durch einen Ausbau des Dachbodens neu geschaffen wurden oder werden zählen nicht).
Diese Ausnahmebestimmung, die durch die Mietrechtsgesetznovelle 2001 neu geschaffen wurde, ist nur auf Mietverträge anwendbar, welche nach dem 31.12.2001 abgeschlossen wurden.
Um in die Vollausnahme des MRG zu fallen, dürfen auch keinerlei weitere, einer selbstständigen Vermietbarkeit zugänglichen Räume vorhanden sein. Ein späterer Dachbodenausbau ist unschädlich, aber nur dann als nachträglich ausgebaut anzusehen, wenn er nach der Errichtungsphase des Hauses, also nicht mehr in unmittelbarerem zeitlichem Zusammenhang mit dieser erfolgte.
- Mietverträge über unbebaute Flächen, sofern sie nicht mit Räumlichkeiten mitgemietet sind.
Wenn eine Grundfläche zwar unbebaut ist, aber mit der Absicht vermietet wird, darauf ein Bauwerk (Superädifikat), für Geschäfts- oder Wohnzwecke zu errichten und dieses tatsächlich errichtet wird, kann diese Vermietung unter den Geltungsbereich des MRG fallen.
- Dieser Anwendungsbereich ergibt sich nicht direkt aus dem MRG, sondern hat sich durch die Rechtsprechung entwickelt. Für die grundsätzliche Anwendbarkeit des MRG ist es auch unbeachtlich, wer das Bauwerk errichtet hat. Die Absicht, ein Gebäude zu errichten, muss auch nicht schon im Zeitpunkt des Abschlusses des Mietvertrages feststehen; sie kann auch nachträglich vereinbart oder von den Vertragspartnern stillschweigend gebilligt werden.
Erfüllt ein derartiges Bauwerk allerdings nur eine Hilfsfunktion und nimmt nur einen geringen Teil der gemieteten Fläche in Anspruch (zB kleine Holzhütte auf einem Autoverkaufsplatz, Garderobe- und Sanitäranlagen auf Sportplätzen), kommt das MRG nicht zur Anwendung.
Teilanwendungsbereich des MRG:
Für folgende Vermietungen trifft die Anwendbarkeit des MRG nicht auf alle, sondern nur auf einige Bestimmungen zu. Es sind dies die Bestimmungen über das Mietrecht im Todesfall, die Kaution, befristungs- und kündigungsrechtliche Bestimmungen, Bestimmungen über angehobene Hauptmietzinse sowie weitestgehend schon obsolete kündigungsrechtliche Übergangsregelungen
Für diese Vermietungen kommen vor allem die Bestimmungen des MRG über die Mietzinsbildung und –verwendung (Kostentragung von Erhaltungs- und Verbesserungsmaßnahmen) sowie über die Veräußerung und Verpachtung eines in gemieteten Räumlichkeiten betriebenen Unternehmens nicht zur Anwendung.
Unter den Teilanwendungsbereich des MRG fallen:
- Mietgegenstände in Gebäuden, die ohne Zuhilfenahme von Wohnbauförderungsmitteln auf Grund einer nachdem 30. Juni 1953erteilten Baubewilligung neu errichtet wurden.
Es kommt bei dieser Teilausnahme immer auf die Neuerrichtung des gesamten Gebäudes und nicht etwa nur einzelner Mietgegenstände an.
- Nach ständiger Judikatur schließt die Weiterverwendung von bestehenden Räumlichkeiten, auch wenn die Innenmauern versetzt wurden, den Ausnahmetatbestand aus.
Für das neu errichtete Gebäude muss die Baubewilligung nach dem 30.6.1953 rechtskräftig erteilt worden sein. Wurde ein Gebäude ohne Bewilligung oder vor deren Erteilung errichtet, ist auf das Datum des tatsächlichen Baubeginns abzustellen.
Die Neuerrichtung muss überdies ohne Verwendung öffentlicher Mittel erfolgen.
Darunter sind nur öffentliche Wohnbauförderungsmittel zu verstehen.
- Mietgegenstände, die im Wohnungseigentum stehen und das Gebäude auf Grund einer nach dem 8. Mai 1945 erteilten Baubewilligung neu errichtet wurde.
Auch hier stellt das Datum des Stichtages (8.5.1945) auf die Baubewilligung der Errichtung des gesamten Gebäudes ab. Das Wohnungseigentum muss aber nicht schon im Zeitpunkt der Errichtung des Gebäudes begründet worden sein, sondern die Begründung kann auch später erfolgen.Wichtig ist, dass spätestens am Tag des Mietvertragsabschlusses das Wohnungseigentum im Grundbuch einverleibt ist, wofür der Zeitpunkt des Einlangens des Grundbuchgesuches maßgeblich ist.
Nicht erforderlich ist es, dass an allen Mietobjekten der Liegenschaft Wohnungseigentum begründet wird; auch die Inanspruchnahme von öffentlichen Wohnbauförderungsmitteln für die Errichtung des Gebäudes schadet nicht.Wurden für den Mietgegenstand die Fördermittel nach dem Wohnhaus-Wiederaufbaugesetz oder dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 in Anspruch genommen, führt dies dazu, dass in diesem Fall das Mietrechtsgesetz grundsätzlich vollständig (Ausnahmen gibt es im Bereich der Mietzinsbildung bei vorzeitiger Rückzahlung der Förderung) zur Anwendung kommt.
- Mietgegenstände, die durch den Ausbau eines Dachbodens oder einen Aufbau auf Grund einer nach dem 31. Dezember 2001 erteilten Baubewilligung neu errichtet worden sind, sowie unausgebaute Dachbodenräumlichkeiten, die mit der Abrede vermietet werden, dass darin oder in einem an ihrer Stelle durchgeführten Aufbau durch den Hauptmieter eine Geschäftsräumlichkeit (Wohnung) errichtet werde.
Auch hier ist auf die Rechtskraft einer nach dem 31.12.2001 erteilten Baubewilligung abzustellen.
Ob für den Ausbau oder Aufbau öffentliche Wohnbauförderungsmittel in Anspruch genommen wurden oder nicht, ist für die Ausnahme unbeachtlich.Ist die Geschäftsräumlichkeit (Wohnung) durch einen mit einem Dachbodenausbau verbundenen Aufbau errichtet worden, gilt die Teilausnahme vom MRG schon für Mietverträge, die ab dem 31.12.2001 geschlossen wurden oder werden.
Ist die Geschäftsräumlichkeit (Wohnung) durch einen Aufbau, der nicht mit einem Dachbodenausbau verbunden ist, neu errichtet worden, gilt die Teilausnahme vom MRG erst für Mietverträge, die nach dem 30.9.2006 geschlossen werden. - Mietgegenstände, die durch einen Zubau auf Grund einer nach dem 30.9.2006 erteilten Baubewilligung neu errichtet wurden. In diesem Fall muss der Mietvertrag nach dem 30.9.2006 abgeschlossen werden.
- Mietgegenstände in einem Wirtschaftspark.
Unter einem Wirtschaftspark versteht man eine wirtschaftliche Einheit von ausschließlich zu Geschäftszwecken genutzten Gebäuden und Liegenschaften, in (auf) denen jedoch nicht überwiegend Handelsgewerbe im Sinne der Gewerbeordnung betrieben werden. Das Alter der Gebäude sowie allfällige öffentliche Förderungen sind ohne Relevanz.Grundsätzlich schadet jede Vermietung zu Wohnzwecken dem Charakter als Wirtschaftspark.
Stand: 03.07.2023