Vertriebsverträge
Ausgleichsanspruch, Konkurrenzverbot und Investitionsersatz für Absatzmittler - im Detail
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Ausgleichsanspruch und nachvertragliches Konkurrenzverbot sind im Handelsvertretergesetz (§§ 24, 25 HVertrG) geregelt und gelten für selbständige Handelsvertreter. Darüber hinaus hat die Rechtsprechung aber auch für einige andere Absatzmittler eine analoge Anwendbarkeit dieser Regelungen heraus entwickelt. Der Anwendungsbereich von Ausgleichsanspruch und nachvertraglichem Konkurrenzverbot sollen daher im Folgenden im Mittelpunkt der Betrachtungen stehen.
Auch im Hinblick auf den im Unternehmensgesetzbuch (§ 454 UGB) verankerten Investitionsersatz für Handelsvertreter in vertikalen Vertriebsbindungen gebundene Unternehmer soll der Geltungsbereich näher beleuchtet werden.
1. Ausgleichsanspruch
A) Handelsvertreter
Gemäß § 1 HVertrG ist Handelsvertreter, wer von einem anderen mit der Vermittlung oder dem Abschluss von Geschäften, ausgenommen über unbewegliche Sachen, in dessen Namen und für dessen Rechnung ständig betraut ist und diese Tätigkeit selbständig und gewerbsmäßig ausübt. Damit sind grundsätzlich nicht nur Warenhandelsgeschäfte erfasst, sondern auch die Vermittlung von Dienstleistungen, sodass dieser weite Adressatenkreis bei der unmittelbaren Anwendung des Handelsvertretergesetzes stets zu beachten ist.
Voraussetzungen Ausgleichsanspruch:
Nach Ende des Vertragsverhältnisses gebührt dem Handelsvertreter unter bestimmten Voraussetzungen ein angemessener Ausgleich. Für das Entstehen des Anspruches müssen – neben der Beendigung des Vertragsverhältnisses – 3 Voraussetzungen erfüllt sein:
- Der Handelsvertreter muss dem Unternehmer neue Kunden zugeführt oder bereits bestehende Geschäftsverbindungen wesentlich erweitert haben.
Der Handelsvertreter muss für die Zuführung neuer Kunden ursächlich sein, wobei aber eine Mitursächlichkeit ausreicht. Von den Gerichten wird bei der Beurteilung der Ursächlichkeit nur ein geringer Maßstab angelegt. - Erforderlich ist weiters, dass der Unternehmer aus diesen neu geschaffenen Geschäftsverbindungen wahrscheinlich auch noch nach Auflösung des Handelsvertretervertrages erhebliche Vorteile ziehen kann.
- Die Zahlung eines Ausgleichs muss unter Berücksichtigung aller Umstände, insbesondere der dem Handelsvertreter entstehenden Provisionsverluste, der Billigkeit entsprechen.
Im Rahmen der Billigkeitsprüfung – vor allem die Höhe des Ausgleichsanspruches betreffend – ist zu berücksichtigen, wie sehr sich der Handelsvertreter anstrengen musste, um den Kundenstamm aufzubauen.
Der Ausgleichsanspruch beträgt höchstens eine Jahresvergütung (Durchschnitt der letzten fünf Jahre). Falls eine günstigere Regelung für den Handelsvertreter getroffen wurde, gilt jedoch diese. Der Anspruch muss außerdem innerhalb eines Jahres geltend gemacht werden.
Fehlt nur eine dieser Voraussetzungen, kann der Ausgleichsanspruch überhaupt nicht entstehen.
Zudem ist zu beachten, dass der Handelsvertreter das Vertragsverhältnis nicht selbst grundlos aufgelöst oder einen wichtigen Grund zur berechtigten vorzeitigen Auflösung des Vertragsverhältnisses durch den Geschäftsherrn verschuldet hat.
Für den Fall der Vertragsbeendigung durch einvernehmliche Auflösung sieht das Gesetz keine Einschränkungen des Ausgleichsanspruchs vor. Eine solche einvernehmliche Auflösung muss dem Willen beider Parteien entsprechen. Es müssen übereinstimmende Willenserklärungen der Vertragsparteien vorliegen.
B) Vertragshändler
Der Begriff des Vertragshändlers ist im Gesetz nicht definiert. Nach der Rechtsprechung ist Vertragshändler, wer auf Grund eines Rahmenvertrages (Vertriebsvertrag) als Unternehmer ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer im eigenen Namen und für eigene Rechnung Rechtsgeschäfte über die Vertragsprodukte zu schließen. Vom Handelsvertreter unterscheidet sich der Vertragshändler insbesondere darin, dass der Vertragshändler Geschäfte im eigenen Namen und für eigene Rechnung abschließt. Der Vertragshändler wird nicht als Stellvertreter des Unternehmers tätig und trägt idR das volle Unternehmerrisiko. Es bestehen aber zwischen den Vertragsparteien gewisse Treuepflichten.
Nach mittlerweile ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes (OGH) ist der Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG unter bestimmten Voraussetzungen auf Vertragshändler analog anzuwenden:
- Der Vertragshändler ist wie ein Handelsvertreter derart in die Absatzorganisation des Unternehmens eingebunden, dass er wirtschaftlich in erheblichem Umfang dem Handelsvertreter vergleichbare Aufgaben zu erfüllen hat.
- Der Vertragshändler ist darüber hinaus verpflichtet, dem Unternehmer spätestens bei Beendigung des Vertriebsvertrages den Kundenstock zu überlassen.
Maßgebende Kriterien für die Eingliederung in die Absatzorganisation sind, dass der Vertragshändler zur Absatzförderung und (Mindest-) Warenabnahme verpflichtet ist, eine entsprechende Verkaufs- und Kundendienstorganisation mit Geschäfts- und Werkstattbetrieb und ein angemessenes Vertragswaren- und Ersatzteillager zu unterhalten hat, ein bestimmtes Vertragsgebiet zugewiesen bekommt (wenn auch ohne Gebietsschutz), sich an der Einführung neuer Produkte beteiligen muss und sich an Berichts- und Mitteilungspflichten sowie häufig an ein Konkurrenzverbot zu halten hat. Dem Hersteller bzw. Lieferanten stehen typischerweise Weisungsrechte, die Befugnis zum Zutritt zu den Geschäftsräumlichkeiten sowie ein Einsichtsrecht in die Geschäftsbücher zu.
Der Vertragshändlervertrag kann als Dauerschuldverhältnis vorzeitig ohne Rücksicht auf Kündigungstermine und Kündigungsfristen aufgelöst werden, wenn ein wichtiger Grund vorliegt (z.B. Vertragsverletzungen, Verlust des Vertrauens in die Person oder schwerwiegende Änderungen der Verhältnisse). Darüber hinaus ist es notwendig, dass der Vertragshändler bei Beendigung des Vertragsverhältnisses seinem Vertragspartner seinen Kundenstamm überlässt. Dem steht es nach der Rechtsprechung gleich, wenn es dem Vertragspartner bloß tatsächlich ermöglicht wird, den vom Vertragshändler erworbenen Kundenstock auch nach Auflösung des Vertragsverhältnisses kontinuierlich zu nutzen.
Ausgangspunkt für die Berechnung des Ausgleichsanspruches ist – anstelle des Provisionsanspruches des Handelsvertreters – die Handelsspanne des Vertragshändlers.
Der Ausgleichsanspruch des Vertragshändlers kann durch Vertrag im Voraus zu seinem Nachteil weder aufgehoben noch beschränkt werden.
C) Franchisenehmer
Franchising ist eine Form der Zusammenarbeit zwischen Unternehmen verschiedener Wirtschaftsstufen. Der Franchisevertrag ist nicht gesetzlich geregelt. Franchisenehmer und Franchisegeber sind rechtlich selbständige Unternehmer, die im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig sind. Der Franchisenehmer ist jedoch auf Grund des Franchisevertrages verpflichtet, das vom Franchisegeber entwickelte Beschaffungs-, Absatz- und/oder Organisationskonzept zu nutzen – einheitliches Marketingkonzept.
Die Frage, inwieweit der Ausgleichsanspruch gemäß § 24 HVertrG analog auch auf Franchisenehmer anzuwenden ist, lässt sich nicht definitiv beantworten, die Tendenz geht aber eindeutig zur analogen Anwendung hin.
Die Rechtsprechung tendiert jedenfalls zur Analogiefähigkeit des Ausgleichsanspruches auf Franchisenehmer. Der OGH hat hinsichtlich der Vorgängerbestimmung (§ 25 HVG alt) die analoge Anwendung des Ausgleichsanspruches des Handelsvertreters auf Franchiseverträge untersucht und ist im Anlassfall auf Grund des ähnlichen Pflichtenkataloges zwischen dem Franchisenehmer und Vertragshändlern und der damit verbundenen Eingliederung in die Absatzorganisation des Franchisegebers zur analogen Anwendung gekommen. Eigenständige Kriterien für die analoge Anwendung beim Franchising hat der OGH nicht entwickelt. Er verwendet pauschal dieselben Kriterien, die für die analoge Anwendung auf Vertragshändlerverträge maßgeblich sein sollen. Auch in einer Entscheidung von 2011 hält der OGH die Rechtsstellung eines Franchisenehmers jener eines Vertragshändlers durchaus für vergleichbar – eine definitive Entscheidung obliegt der Beurteilung im Einzelfall.
In der Literatur gibt es unterschiedliche Ansichten zur Frage der Analogiefähigkeit des Ausgleichsanspruches auf Franchisenehmer, die Mehrheit geht aber von einer Analogie unter bestimmten Voraussetzungen (siehe Vertragshändler) aus.
Maßgeblich ist wohl die Ausgestaltung der Rechtsbeziehung und deren Vergleichbarkeit mit jenen im Handelsvertreterrecht. So sollte eine entsprechend intensive Eingliederung in die Absatzorganisation vorliegen oder vergleichbare Aufgaben erfüllt werden. Für den Ausgleichsanspruch ist ebenfalls erforderlich, dass der Franchisenehmer bei Beendigung des Vertragsverhältnisses zur Überlassung des Kundenstocks verpflichtet ist. Es wird dementsprechend vor allem auf den Einzelfall abgestellt, bei einem Tankstellen-Shop wurde sie beispielsweise bejaht.
Ergibt die Vorprüfung, dass § 24 HVertrG analog auf ein Franchiseverhältnis anzuwenden ist, dann wird – so wie beim Vertragshändler – als Basis für die Berechnung des Ausgleichsanspruches die Handelsspanne des Franchisenehmers heranzuziehen sein.
D) Versicherungsvertreter (Versicherungsagent)
Nachdem die Rechtsprechung bereits zuvor Versicherungsvertretern (Versicherungsagenten) einen Ausgleichsanspruch analog § 24 HVertrG zuerkannt hat, hat mittlerweile der Gesetzgeber dafür eine ausdrückliche Rechtsgrundlage geschaffen (§§ 26 a ff HVertrG). Demnach steht dem Versicherungsvertreter auch ein Ausgleichsanspruch für die Vermittlung neuer Versicherungsverträge bzw. die wesentliche Erweiterung bestehender Verträge zu. Daneben bestehen eine Reihe von Sonderbestimmungen, auf die hier nicht näher eingegangen werden kann.
Hingegen hat der OGH die analoge Anwendung des Ausgleichsanspruches gemäß HVertrG auf Versicherungsmakler abgelehnt. Einerseits betont der OGH die wesentlichen Unterschiede zwischen Maklern und Agenten und streicht hervor, dass gerade auch das Maklergesetz keinen Ausgleichsanspruch für Versicherungsmakler vorgesehen hat. Der Makler sei – anders als der Handelsvertreter – nicht mit dem Aufbau eines möglichst großen Kundenstocks für einen bestimmten Versicherer befasst, sondern er verfolge in erster Linie das Interesse seiner Kunden, Risiken optimal zu decken.
E) Tankstellenverwalter/Tankstellenbetreiber
Ein Tankstellenverwalter (Tankstellenbetreiber) ist als Handelsvertreter im Sinne von § 1 HVertrG zu qualifizieren, soweit er im Namen und auf Rechnung der Mineralölgesellschaft deren Produkte vertreibt – und ist daher in diesem Fall das Handelsvertretergesetz unmittelbar anwendbar.
Gemäß der Rechtsprechung des OGH ist davon auszugehen, dass der Tankstellenverwalter, der im Namen und auf Rechnung der Mineralölgesellschaft agiert, grundsätzlich – bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen - einen Ausgleichsanspruch hat. Hat also der Tankstellenverwalter dem Unternehmer durch seine Tätigkeit neue Kunden zugeführt und kann der Unternehmer aus der Tätigkeit des Tankstellenverwalters nach Auflösung des Vertragsverhältnisses erhebliche Vorteile ziehen, so wird dem Tankstellenverwalter ein Ausgleichsanspruch zuerkannt.
Die notwendige Mitursächlichkeit für das Zustandekommen der Geschäftsbeziehungen beim Tankstellenbetreiber ist laut OGH bereits dann gegeben, wenn der Tankstellenbetreiber die Tankstelle offen und die Vorrichtungen zur Abgabe von Kraftstoffen betriebsbereit hält.
Wird der Tankstellenbetreiber im eigenen Namen und auf eigene Rechnung tätig, so ist laut OGH der Tankstellenvertrag als Vertragshändlervertrag zu interpretieren und steht dem Tankstellenbetreiber daher bei Vorliegen der Voraussetzungen (Eingliederung in die Absatzorganisation des Unternehmers, Einräumung von Kontroll- und Weisungsrechten, Überlassung des Kundenstockes) wie einem Vertragshändler analog ein Ausgleichsanspruch zu.
2. Nachvertragliches Konkurrenzverbot
Unter dem nachvertraglichen Konkurrenzverbot ist eine Vereinbarung zwischen dem Handelsvertreter und dem Unternehmer zu verstehen, durch die der Handelsvertreter für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt wird.
Nach Ansicht des OGH sind Wettbewerbsklauseln nur beschränkt zulässig. Insbesondere dürfen Berufs- und Erwerbsinteressen des Verpflichteten nicht übermäßig beschränkt werden.
Solche Beschränkungen müssen zeitlich und örtlich begrenzt sein. Die zu schützenden Interessen desjenigen zugunsten die Klausel vereinbart wird (zB Kundenschutz), dürfen mit der auferlegten Beschränkung nicht in einem auffallenden Missverhältnis stehen. Andernfalls ist die Beschränkung (teilweise) sittenwidrig und damit unwirksam (Sittenwidrigkeitsprüfung nach § 879 ABGB).
Jedenfalls sollte in diesem Zusammenhang die Gruppenfreistellungsverordnung (EU-VO 330/2010) beachtet werden. Sie kommt zur Anwendung, wenn eine Beeinträchtigung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten besteht. Wenn sie anwendbar ist, sind nachvertragliche Konkurrenzverbote nur unter bestimmten Voraussetzungen für maximal ein Jahr zulässig. Näheres auf der Infoseite Vertikale Wettbewerbsbeschränkungen – Vertriebsbindungen.
A) Handelsvertreter
Eine Vereinbarung, durch die der Handelsvertreter für die Zeit nach Ende des Vertragsverhältnisses in seiner Erwerbstätigkeit beschränkt wird, ist unwirksam (§ 25 HVertrG). Damit ist die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes bei Handelsvertretern jedenfalls unzulässig. Der Zweck dieser Bestimmung wird im Berufsschutz gesehen. Die Möglichkeit, bei anderen Vertriebsformen auch nach Beendigung des Vertrages ein Wettbewerbsverbot aufzuerlegen, erscheint fraglich.
B) Franchisenehmer
Die analoge Anwendbarkeit des § 25 HVertrG auf Franchisenehmer wird bestritten.
Nach einer Ansicht erscheint generell die analoge Anwendbarkeit des § 25 HVertrG auf Franchisenehmer nicht gerechtfertigt, da die Situation des Franchisenehmers der eines Handelsvertreters im Hinblick auf die weitere Möglichkeit der Berufsausübung nicht so ähnlich ist. Zumindest die Vereinbarung eines nachvertraglichen Wettbewerbsverbotes gegen angemessene Entschädigung wird beim Franchisevertrag für akzeptabel gehalten (wie nach deutschem Recht explizit zulässig).
Nach anderer Ansicht unterliegt eine nachvertragliche Beschränkung jedenfalls der Sittenwidrigkeitskontrolle des § 879 ABGB und wird seiner Ansicht nach wohl dann Bestand haben, wenn dem Franchisenehmer als Ausgleich eine entsprechende Abgeltung für seine Nicht-Betätigung geboten wird.
C) Versicherungsvertreter (Versicherungsagent)
§ 25 HVertrG betreffend die gänzliche Unzulässigkeit nachvertraglicher Wettbewerbsbeschränkungen findet für Versicherungsagenten unmittelbar Anwendung.
3. Investitionssersatz
Im Rahmen von Vertriebssystemen verpflichten Hersteller, Importeure oder Franchisegeber ihre nachgelagerten Vertragspartner oft zu beträchtlichen Investitionen, die zwar vielfach im eigenen wirtschaftlichen Interesse des Lieferanten liegen, deren finanzielles Risiko aber zumeist auf die nach gelagerten Absatzstufen überwälzt werden soll. Kündigt der Lieferant das Vertragsverhältnis vorzeitig auf, sind die von ihm verlangten, meist markenspezifischen Investitionen häufig noch nicht amortisiert.
Gemäß § 454 UGB steht den in Vertriebsbindungsverträgen gebundenen Unternehmen (z.B. Vertragshändlern, Franchisenehmern, etc.) sowie selbständigen Handelsvertretern bei Vertragsbeendigung ein zwingender Anspruch auf Ersatz der von ihnen für den einheitlichen Vertrieb getätigten Investitionen (Sach- und Personalaufwendungen, z.B. Investitionen in Ausstattung, Werkzeuge, EDV, Werbung etc.) zu, sofern diese Investitionen bei Vertragsbeendigung noch nicht amortisiert sind und nicht angemessen verwertet werden können. Es werden nur jene Investitionen ersetzt, zu denen der gebundene Unternehmer für ein einheitliches Vertriebssystem vertraglich verpflichtet war. Ein allfälliger Ausgleichsanspruch bleibt von dieser Neuregelung unberührt.
Der gebundene Unternehmer bzw. der Handelsvertreter muss seinen Anspruch – bei sonstigem Verlust – innerhalb eines Jahres nach Beendigung des Vertragsverhältnisses geltend machen.
Der Handelsvertreter bzw. der gebundene Unternehmer hat hingegen keinen Anspruch auf Investitionsersatz, wenn
- der gebundene Unternehmer den Vertrag gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat, außer es liegt ein dem bindenden Unternehmer zurechenbarer wichtiger Grund vor,
- der bindende Unternehmer den Vertrag aus einem dem gebundenen Unternehmer zurechenbaren wichtigen Grund gekündigt oder vorzeitig aufgelöst hat oder
- der gebundene Unternehmer aufgrund einer Vereinbarung seine Rechte und Pflichten, die er nach dem Vertrag hat, einem Dritten überträgt.
Der Investitionsersatzanspruch steht gemäß § 454 UGB einem Unternehmer zu, der an einem vertikalen Vertriebsbindungssystem als gebundener Unternehmer teilnimmt. Vertikale Vertriebsbindungen sind Verträge zwischen einem Unternehmer (bindender Unternehmer) mit einem oder mehreren wirtschaftlich selbständig bleibenden Unternehmen (gebundene Unternehmer), durch die diese im Bezug oder Vertrieb von Waren oder bei der Inanspruchnahme oder der Erbringung von Leistungen beschränkt werden. Nach der Rechtsprechung der Kartellgerichte ist der Begriff der vertikalen Vertriebsbindung weit zu interpretieren, sodass darunter nicht bloß Wettbewerbsbeschränkungen in mehrstufigen Distributionssystemen fallen.
Vielmehr umfasst diese Regelung jede Art von Bindungen – mit der ausdrücklichen Ausnahme von Preisbindungen – zwischen Unternehmen auf verschiedenen Wirtschaftsstufen, welche das Nachfrage- oder Angebotsverhalten der beteiligten Unternehmen berühren. Die wichtigsten Vertragsklauseln, die als vertikale Vertriebsbindungen qualifiziert werden, sind exklusive Liefer- und Bezugsverpflichtungen, wie sie sich in Alleinvertriebs- und Alleinbezugsvereinbarungen (z.B. Alleinbezugsbindung an eine Mineralölgesellschaft bei Tankstellenverträgen, Bezugsbindung an eine Brauerei bei Bierlieferungsverträgen) finden, Gebietsschutzklauseln, durch die Händlern bestimmte Verkaufsgebiete zugewiesen werden und Konkurrenzklauseln. Darunter können aber auch Vorschriften fallen, die dem Händler oder dem Lieferanten hinsichtlich der einzuhaltenden Geschäftsbedingungen oder seiner Werbeaktivitäten gemacht werden.
Erfasst sind damit insbesondere Vertragshändler und Franchisenehmer. Im Kfz-Sektor sind im Regelfall sowohl das Händler- als auch das Servicenetz als vertikales Vertriebsbindungssystem organisiert, sodass Investitionsersatzansprüche sowohl für Kfz-Vertragshändler als auch für Kfz-Vertragswerkstätten entstehen können.
Für Details siehe Infoseite Vertriebsbindungen und vertikalen Vereinbarungen.
Nach § 454 UGB soll auch explizit einem selbständigen Handelsvertreter ein Investitionsersatzanspruch zustehen.
Stand: 22.10.2024