Wie eine erfolgreiche Betriebsnachfolge funktionieren kann, beweisen Senior-Chef Josef Rafetzeder (l.) und Nachfolgerin Stefanie Redl (r.) zusammen mit Mitarbeiter Christian Huber. 2018 übernahm Redl die Rafetzeder KFZ Technik GmbH in Winklarn (Bezirk Amstetten).
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Übernehmen: So ist die Nachfolge gesichert

Um sich selbstständig zu machen, muss man kein Unternehmen gründen. Viele NÖ Gründer:innen haben ein bestehendes Unternehmen übernommen und es bis heute nicht bereut.

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Aktualisiert am 27.09.2024

Im ersten Moment habe ich mir schon gedacht: Okay, ich bin erst 22 Jahre alt. Das ist schon ein großer Schritt, den ich da wage. Aber ich habe gewusst, dass ich Josef hinter mir habe. Und er hat mir auch immer versprochen, dass er zu 100 Prozent hinter mir steht. Da war mir klar, dass ich diese Herausforderung annehme“, erinnert sich Stefanie Redl einige Jahre zurück. Im Jänner 2018 hat die junge Mechanikerin die Rafetzeder KFZ Technik GmbH in Winklarn (Bezirk Amstetten) von ihrem Chef Josef Rafetzeder übernommen.

Die Übergabe war allerdings nicht von langer Hand geplant, sondern die Folge eines Herzinfarkts. „Ich war lange im Krankenstand. Stefanie ist 2017 als Partnerin mit 30 Prozent eingestiegen. 2018 habe ich die Pensionsbewilligung bekommen. Da sich Stefanie ohnehin irgendwann selbstständig machen wollte, hat sich das gut ergeben. Und ich bin froh, dass mein Lebenswerk weitergeführt wird“, erzählt Rafetzeder.

Schritt für Schritt erfolgte die Übergabe. Buchhaltung und administrative Fragen kamen zu Redls Aufgabengebiet dazu. Für den Übergabeprozess holte sich das Duo auch Unterstützung in der WKNÖ-Bezirksstelle Amstetten. „Das hatte Hand und Fuß. Die Beratung war wirklich gut und somit ist das Schritt für Schritt relativ zügig übergegangen“, lobt der pensionierte Werkstatt-Chef.

Vorteile der Betriebsnachfolge

Heute, mehr als sechs Jahre später, würde Stefanie Redl alles genau so wieder machen. Denn für sie bringt eine Betriebsnachfolge nur Vorteile: einen bereits vorhandenen und zufriedenen Kundenstamm, ein Geschäft, das bereits läuft und den Rückenwind ihres Vorgängers. „Mit Josef habe ich immer noch einen Joker.  Wenn ich wo anstehe, kann ich ihn immer anrufen. Das ist ein super Gefühl, wenn man weiß, man übernimmt ein Unternehmen und hat jemanden mit Erfahrung hinter einem stehen“, sagt sie.

Darüber hinaus hat sie sich mit „Steffis Werkstatt“ – diesen Namen trägt ihr Logo – auch einen persönlichen Lebenstraum verwirklicht. „Ich mache das wirklich mit Leib und Seele. Es ist meine Berufung. Autos haben mich schon immer fasziniert und als Selbstständige kann man entscheiden, wie man arbeiten will und was man machen will. Das ist super frei zu gestalten“, betont Redl.
Derzeit steht sie zusammen mit Mitarbeiter Christian Huber in der Werkstatt. Demnächst möchte sie zusätzlich einen Lehrling aufnehmen – gerne auch eine junge, motivierte Mechanikerin.

Stefanie Redl
© WKNÖ Mit ihrer Werkstatt hat sich Stefanie Redl ihren Lebenstraum verwirklicht.

Den Weg, einen bestehenden Betrieb zu übernehmen, haben neben Stefanie Redl auch viele weitere Unternehmer:innen eingeschlagen. 2023 gab es in Niederösterreich 1.155 Betriebsübergaben. Allein im  ersten Halbjahr 2024 unterstützte die Wirtschaftskammer NÖ angehende Unternehmer:innen mit über 19.000 Beratungen rund um den Start in die Selbstständigkeit.

Vom Onkel zum Neffen: Tradition wird in der Familie fortgesetzt

Das Beratungsangebot der Wirtschaftskammer NÖ nutzte auch die Josef Dominik Schierhuber Transporte GmbH aus Zwettl. Dort übergab Heinz Schierhuber sein Transportunternehmen Anfang 2023 an seinen Neffen Dominik Schierhuber. „Es war in der Tat eine Herausforderung, den idealen Nachfolger zu finden. Glücklicherweise zeigte Dominik großes Interesse und Engagement, die Tradition fortzusetzen. Ich war erleichtert, die Geschicke der Schierhuber Transporte in fähigen Händen zu wissen“, erzählt der Seniorchef.
Für Dominik Schierhuber war die Nachfolge ein logischer Schritt, immerhin saß er schon im Lkw, ehe er laufen konnte: „Die enge Verbindung zum Familienunternehmen und mein technisches Wissen haben mich bestärkt, diese Verantwortung zu übernehmen und das Unternehmen erfolgreich weiterzuführen.“

Etwa ein Jahr vor der offiziellen Übergabe haben Onkel und Neffe mit den intensiven Vorbereitungen begonnen. „Der Übergabeprozess war alles andere als einfach, da er parallel zum laufenden Tagesgeschäft erfolgen musste. Diese Doppelbelastung stellte uns vor erhebliche Herausforderungen, da wir sicherstellen mussten, dass der Betrieb weiterhin reibungslos läuft“, erinnert sich Heinz Schierhuber. Wichtig war es der Unternehmerfamilie auch, die Mitarbeiter:innen rechtzeitig miteinzubinden. Daher haben Onkel und Neffe die Nachricht der Übergabe bei einem Grillfest im Sommer 2022 verkündet. Die Reaktionen fielen ausnahmslos positiv aus.

Anfang 2023 übergab Heinz Schierhuber (r.) sein Transportunternehmen an Neffe Dominik Schierhuber. Hinter der Übergabe steckte ein gut durchdachter Plan.
© Der Österreichische Transporteur Anfang 2023 übergab Heinz Schierhuber (r.) sein Transportunternehmen an Neffe Dominik Schierhuber. Hinter der Übergabe steckte ein gut durchdachter Plan.

Im Familienbetrieb war Dominik Schierhuber schon 14 Jahre lang beschäftigt, bevor er den Chef-Posten übernahm. In dieser Zeit war der gelernte Kfz-Mechaniker vor allem für Fahrer- und Werkstatt-Tätigkeiten sowie Sondertransporte im Einsatz. „Heute umfasst mein Arbeitsalltag vor allem strategische Planung und die Koordination unserer Geschäftsprozesse. Aber ich springe gerne noch als Fahrer oder in der Werkstatt ein, wenn Not am Mann ist“, sagt er.

Einen wichtigen Tipp haben Dominik und Heinz Schierhuber auch für die Betriebsnachfolge parat: „Frühzeitig mit der Planung beginnen. Ein gut durchdachter Plan ist unerlässlich, um einen reibungslosen Übergang zu gewährleisten. Externe Experten, wie Berater oder die Fachgruppe der WKNÖ, können wertvolle Unterstützung bieten und helfen, eventuelle Stolpersteine im Vorfeld zu erkennen und zu umgehen.“

Viele Tipps beim Seminar der Wirtschaftskammer geholt

Alle Beratungsangebote genutzt hat auch Claudia Schneider, die Seniorchefin des Friseursalons „haarscharf Schneider“ in Bad Vöslau: „Besonders wertvoll war 2022 ein Wirtschaftskammer-Seminar in St. Pölten, bei dem uns die Vortragenden viele tolle Tipps für die Übergabe gegeben haben. Auch der Leitfaden ‚Betriebsnachfolge‘ war sehr hilfreich für uns.“ 
Claudia Schneider hat ihren Friseursalon an ihre langjährige Mitarbeiterin Bianca Steiner übergeben: „Bianca war fast zehn Jahre lang eine sehr kompetente Mitarbeiterin in meinem Salon. Sie kannte die Kunden, die Mitarbeiter und das Geschäft sehr gut.“ 

Ein wesentlicher Vorteil, wie Übernehmerin Bianca Steiner betont: „Es ist einfach toll, wenn man die Kunden schon kennt und ab dem ersten Tag der Übernahme – ohne einen Umbau – gleich voll einsteigen kann.“ 

Besonders positiv hätten auch die Stammkunden auf die Übergabe reagiert, so Steiner: „Das war wirklich sehr schön, sie haben sich alle gefreut, dass es weiter geht und sie sich nicht einen neuen Friseur suchen müssen“, schmunzelt die junge Unternehmerin.

Eine Momentaufnahme der Übergabefeier von Claudia Schneiders (5.v.l.) Friseursalon „haarscharf Schneider“. Links neben ihr ihre Nachfolgerin Bianca Steiner.
© haarscharf Schneider Eine Momentaufnahme der Übergabefeier von Claudia Schneiders (5.v.l.) Friseursalon „haarscharf Schneider“. Links neben ihr ihre Nachfolgerin Bianca Steiner.

Und wie schwer fällt der Seniorchefin das Loslassen? „Gar nicht schwer“, versichert Claudia Schneider, „ich weiß meinen Betrieb bei Bianca in besten Händen. Die Mitarbeiter im Salon mögen ihre neue Chefin sehr, das freut mich ganz besonders. Und so kann ich gemeinsam mit meinem Mann jetzt endlich die Dinge tun, für die während meines intensiven Unternehmerinnenlebens keine Zeit war: Reisen machen, Kultur erleben, Freunde treffen und sich mehr Zeit für Sport und gesunde Ernährung nehmen. Und wenn ich jetzt in den Salon komme, dann lasse ich mich als Kundin verwöhnen“, lacht Schneider.

Die Betriebsübergabe sei perfekt abgelaufen, da sind sich Übergeberin und Übernehmerin einig. Bianca Steiner: „Ich bin sehr glücklich mit der Entscheidung und würde es genauso wieder machen.“ Claudia Schneider ergänzt: „Ich glaube, dass alles so reibungslos abgelaufen ist, weil wir uns rechtzeitig um alles gekümmert haben, was zu einer Betriebsübergabe dazugehört: Personal, Kunden, Lieferanten, Behördenwege, Rechtsberatung, etc.. Dass ich mit Bianca als Nachfolgerin die richtige Wahl getroffen habe, habe ich ganz intensiv bei der sehr gelungenen Übergabefeier im Jänner 2024  gespürt: Wir konnten uns tränenreich verabschieden und haben beide gewusst, so ist es perfekt.“

www.steffis-werkstatt.at
www.schierhuber.at
www.team-haarscharf.at

Die Nachfolgebörse

Wenn Ihr Betrieb in absehbarer Zeit zur Übergabe ansteht, sollten Sie das kostenlose Service der österreichweiten Online-Plattform „Nachfolgebörse“ nutzen: Auf der Website www.nachfolgeboerse.at können Sie Ihren Betrieb inserieren und im besten Fall von übernahmewilligen Interessenten gefunden werden! 

Nutzen Sie auch das Angebot, im Magazin „Wirtschaft NÖ“ zu inserieren: Einfach auf wko.at/noe/nachfolgeangebot gehen, Ihren gewünschten Inserattext eingeben und Ihr Inserat in der nächsten Ausgabe finden.