Studie zur Wertschöpfungskette am Bau in NÖ: Auswirkungen auf Produktionswerte, Arbeitsplätze und Wertschöpfung
Die NÖ Bauwirtschaft ist ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für den heimischen Standort. Doch für welche Wertschöpfung in NÖ steht die Bauwirtschaft tatsächlich? Welche wirtschaftlichen Effekte entstehen durch energetische Sanierungen? Wie wirkt sich der Bau eines Kindergartens konkret auf Einkommen, Arbeitsplätze und Produktionswerte aus? Um Antworten auf diese Fragen zu erhalten, hat die Wirtschaftskammer NÖ bei der KMU Forschung Austria eine Studie in Auftrag gegeben.
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Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: „Die niederösterreichische Bauwirtschaft trägt, inklusive der Vorleistungen, zu 13,2 Prozent zum NÖ Produktionswert bei, generiert gut 11 Prozent der NÖ Wertschöpfung, macht gut 12 Prozent des in NÖ erzielten Einkommens aus und ist für 11,4 Prozent der Beschäftigten in NÖ verantwortlich“, bringt Wolfgang Ecker, Präsident der Wirtschaftskammer Niederösterreich (WKNÖ), die Ergebnisse einer aktuellen Studie der KMU-Forschung Austria zur Wertschöpfungskette am Bau auf den Punkt.
Enichlmair: „Nachfrage nach Bauleistungen löst bedeutende Produktions-, Wertschöpfungs- und Beschäftigungseffekte aus“
Anhand verschiedener Beispiele können die Nachfrageeffekte von Bauleistungen sichtbar gemacht werden: In NÖ werden pro Jahr rund 5.000 Ein- und Zweifamilienhäuser gebaut. „Der Neubau eines einzigen Ein- und Zweifamilienhauses bewirkt dabei einen regionalwirtschaftlichen Produktionswert von 511.200 Euro, eine Wertschöpfung von 219.900 sowie einen Einkommenseffekt von 122.600 Euro. Darüber hinaus werden im Jahresdurchschnitt 2,7 Arbeitsplätze generiert bzw. abgesichert“, nennt Studienautorin Christina Enichlmair ein Beispiel. „Auch der Neubau eines einzigen Kindergartens – in NÖ werden jährlich rund zehn gebaut - löst einen Produktionswert in Höhe von 2,1 Mio. Euro aus, generiert eine Wertschöpfung von knapp 1 Million Euro sowie Arbeitnehmerentgelte in Höhe von rund 500.000 Euro. Dafür werden 11,7 Arbeitsplätze im Jahresdurchschnitt benötigt.“
Ein weiteres Beispiel ist der Umstieg privater Haushalte auf zukunftsfähige Heizsysteme (Biogene, Wärmepumpen, Fernwärme), der mit einem (nahezu) gänzlichen Ausstieg aus Öl und einer Halbierung des Erdgasverbrauchs bis zum Jahr 2030 einhergeht (-2,2 TWh). „Die damit verbundenen Investitionen in NÖ in Höhe von 1,83 Mrd. lösen insgesamt Produktionseffekte in Höhe von 2,5 Mrd. Euro aus, generieren eine Wertschöpfung von 1 Mrd. Euro sowie Einkommenseffekte von 623 Mio. Euro. Dabei werden rund 14.000 Arbeitsplätze geschaffen bzw. abgesichert“, erklärt Enichlmair.
Ecker: „Bau ist Triebfeder und Stabilisator“
„Die Bauwirtschaft ist mit ihren umfangreichen Verflechtungen und Facetten eine Triebfeder für den Wirtschaftsstandort. Eine aktive Bauwirtschaft garantiert in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten Stabilität“, betont der WKNÖ-Präsident und nennt als künftige Herausforderungen die Realisierung des Potenzials der Gebäudesanierung, mit dem Ziel, mehr Energie einzusparen, den Ausbau der Kreislaufwirtschaft und die Wiederverwertung von Baumaterialien sowie den Ausbau erneuerbarer Energien, wie etwa die Installation von Photovoltaik-Anlagen.
Jägersberger: „Trend geht zu Verträgen mit veränderlichen Preisen“
Der Krieg in der Ukraine hat die knappen Materialien in Verbindung mit hohen Preisen weiter befeuert. „Rund ein Zehntel der europäischen Stahlimporte kommt aus der Ukraine, auch Russland und Belarus sind wichtige Lieferanten. Die Nachfrage ist nach wie vor groß, die Verfügbarkeit stark zurückgegangen. Auch für Holz sowie Kunst- und Dämmstoffe gibt es Lieferschwierigkeiten“, skizziert Bau-Landesinnungsmeister Robert Jägersberger die aktuelle Situation in der Branche. Hinzu kommen die hohen Energiekosten für Produktion und Transporte. „Der Trend geht zu Verträgen mit veränderlichen Preisen auf Basis eines Baukostenindex. Dies kann auch für den Auftraggeber von Vorteil sein: Einerseits müssen keine Risikozuschläge in die Angebote eingepreist werden, wodurch die Angebote günstiger, transparenter und vergleichbarer werden. Andererseits profitiert der Bauherr auch von entsprechend reduzierten Abrechnungspreisen, wenn die Beschaffungskosten während der Bauausführung wieder zurückgehen“, erklärt Jägersberger.
Graf: „Braucht auch Investitionen in die Infrastruktur“
„Damit der Bau als Wirtschaftsmotor seine volle Kraft entfalten kann, ist eine klare Strategie und Kommunikation seitens der Politik entscheidend“, erklärt Stefan Graf, Vorsitzender der Bauindustrie in der WKNÖ, und ergänzt: „Euroconstruct und das Wifo prognostizieren ein deutlich reduziertes Wirtschaftswachstum für kommendes Jahr. Es braucht daher eine bewusste und zielorientiere Investition sowie auch den Mut dazu. Denn es ist ein unternehmerischer Grundsatz in der Krise zu investieren, um dadurch nach der Krise gut gerüstet zu sein.“ Ausdrücklich begrüßen möchte Graf, „dass die Förderungen für den Wohnbau bereits angepasst wurden.“ Doch es brauche auch Investitionen in die Infrastruktur. „Um die unkalkulierbaren Herausforderungen in Hinblick auf die Preisvolatilität meistern zu können, werden wir um veränderliche Preise nicht herumkommen. Hier ist auch die Politik im Sinne der öffentlichen Auftraggeber gefordert, auch zu veränderlichen Preisen Aufträge zu vergeben. So wird das Risiko zwischen Auftragnehmer und Auftraggeber fair verteilt. Nur so werden wir die Auswirkungen abfedern und die Wertschöpfung sichern können.“
Bauwirtschaft sichert Arbeitsplätze, Lebensqualität und Wohlstand
„An der Bauwirtschaft hängen viele andere Branchen und Einbußen in diesem Bereich ziehen auch Konsequenzen für andere Branchen nach sich. Deshalb sind Investitionen in die NÖ Bauwirtschaft und die Vergabe von Bauvorhaben an unsere regionalen Betriebe wichtig, um den Wirtschaftsmotor im Land am Laufen zu halten. Das hilft nicht nur, Fachkräfte auszubilden, sondern sichert auch Arbeitsplätze, Lebensqualität und Wohlstand in den niederösterreichischen Regionen“, unterstreichen Ecker, Graf und Jägersberger.