Edith Mayerhofer
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Nachfolgerin Edith Mayerhofer

Neben ihrer 2019 gegründeten Werbeagentur hat Edith Mayerhofer 2021 auch die Geschäftsführung des Waldviertler Internetunternehmens "WVNET" übernommen. Die Werte sind dieselben: etwas für die Region und ihre Bewohner zu tun.

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Aktualisiert am 14.11.2024
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Junge Wirtschaft NÖ: Wie hast du deinen Nachfolgebetrieb gefunden?

Edith Mayerhofer: Mein Papa hat vor bald 30 Jahren das Internetunternehmen „WVNET“ gegründet. Wir haben nie über eine mögliche Nachfolge gesprochen, bis meine Mama das kurz vor seiner Pension einmal auf den Tisch gebracht hat. Sie meinte, ein Nachfolger muss her. Dann habe ich darüber nachgedacht, mit meinen Brüdern darüber gesprochen und überlegt, ob ich das will und kann. Immerhin habe ich mich 2019 mit einer Werbeagentur selbstständig gemacht und führe mit meiner Geschäftspartnerin die gemeinsame Marke "Regionale Wirtschaft“ – Unternehmensberatung und Werbeagentur für Kleinst-, Klein- und Mittelunternehmen. 2021 ging mein Papa offiziell in Pension. Das war dann sicher die Entscheidung in meinem Leben, über die ich am längsten nachgedacht habe.

WVNET ist seit 14. Februar 1996 online, das waren wirklich die Anfänge des Internets. Das Waldviertel war damals die am besten mit Internet versorgte Region Österreichs. Wir haben jetzt 9.000 Kunden. Sowohl in der Werbeagentur als auch bei WVNET haben wir dieselben Kunden und Werte. Wir hatten das Bedürfnis, etwas für die Region zu tun und die Leute in der Region zu unterstützen, ihnen eine professionelle Beratung zu leistbaren Preisen zu bieten. Diese Kernwerte überschneiden sich ganz gut, also hat das gepasst.

Was hat dich motiviert, den Betrieb zu übernehmen?

Da gibt es viele Gründe. Einerseits wäre es sehr schade gewesen, was da aufgebaut worden ist. Ein Technikunternehmen mit dem Know-how und mit dem Mitarbeiter- sowie Kundenstand. Das wäre sehr schade gewesen, wenn das weg gewesen wäre. Die Geschäftsführung ist etwas, das mir liegt, davon bin ich schon überzeugt. Zwar war ich fachlich gar nicht in der Technik drin, aber ich hatte das Vertrauen, dass die Übernahme gut für die Firma ist. Es sind große Fußstapfen, die auszufüllen sind. Dabei habe ich einen starken Rückhalt von Familie, Partner und Mitarbeitern. Für sie war es auch nie ein Problem, dass jetzt eine Frau ein Technikunternehmen führt. Ich hatte ja vom ganzen Fachlichen keine Ahnung, dafür bin ich sehr gut im Kaufmännischen, da kannte ich mich vorher schon aus. Und ich lerne sehr gerne etwas Neues. Es ist sicher nicht schlecht, wenn man ein branchenübergreifendes Wissen hat. 

Wie hast du dich auf die Übernahme des Unternehmens vorbereitet?

Mein Papa hat während seiner Zeit im Regionalmanagement viele Betriebsübernahmen scheitern sehen. Er meinte, da gibt es zwei Kardinalsfehler: Entweder der Junge dreht sofort alles um, oder der Übergebende will noch immer alles bestimmen und macht nie den Platz frei.

In unserem Umfeld setzen wir das so um, dass mein Papa mich sehr autark arbeiten lässt, ich mir immer seinen Rat holen kann, aber er jede meiner Entscheidungen vorbehaltlos akzeptiert, da er immer betont, dass es jetzt mein Unternehmen ist und ich für die Zukunft des Unternehmens verantwortlich bin. Diese Konsequenz von ihm bewundere ich sehr.

Im Frühjahr 2021 habe ich die Entscheidung getroffen zu übernehmen, ab Sommer war ich tageweise im Betrieb, im Herbst bin ich mit 40 Stunden eingestiegen und die Hauptgeschäftsführung habe ich dann im Jänner 2022 übernommen. Mein Papa unterstützt mich auch jetzt noch tatkräftig, mit uns beiden eingerechnet sind wir jetzt 14 Mitarbeiter im Betrieb. 

Was war der größte Unterschied zwischen deinen Erwartungen und der Realität der Betriebsübernahme?

Es war schwierig, überhaupt eine Vorstellung zu haben. Da gibt es viele Situationen, die ich davor noch nie so hatte. Ich hatte noch nie so viele Mitarbeiter und ein so großes Unternehmen zu führen. Und ich hatte noch nie ein Unternehmen in einem Fachbereich, in dem ich mich nicht auskenne.

Was ich sicher unterschätzt habe, ist, was für ein großer Part die Mitarbeiterführung ist. Mitarbeiter zu führen ist schon ein großer Brocken. Ich mache es gerne, aber ich habe nicht damit gerechnet, dass es so viel Zeit in Anspruch nimmt.

Ich stehe heute noch voll und ganz hinter der Entscheidung, ich habe es nie bereut, die Firma zu übernehmen. Mir war nur sehr wichtig, dass ich mein eigenes Unternehmen auch weiterführen kann. Es ist natürlich eine große Herausforderung, aber es funktioniert. Ein Unternehmen ist wie ein Kind, das gibt man nicht her.

Wo hast du Unterstützung gesucht und welche Hilfestellung hast du während des Übernahmeprozesses erhalten?

Eigentlich hauptsächlich familienintern. Wir waren bei einem Early Bird-Frühstück der Wirtschaftskammer NÖ, aber da waren wir schon sehr weit im Übernahmeprozess. Natürlich informiert man sich im Internet, und es gibt viel Infomaterial der Wirtschaftskammer. Aber das meiste haben wir innerhalb der Familie geklärt.

Wie hast du das bestehende Team in den Übernahmeprozess eingebunden?

Das Team habe ich ziemlich bald informiert, nachdem ich die Entscheidung getroffen habe, zu übernehmen. Einfach, damit sie wissen, dass es eine Nachfolge gibt. Damit sie die Sicherheit haben, dass es weitergeht. Im Sommer war ich dann immer schon einen Tag pro Woche da, um das Team kennenzulernen. Dabei bin ich sehr herzlich aufgenommen worden. Es ist wie bei allem ein Gewöhnungsprozess: Es braucht einfach Zeit, bis sich alles einspielt. Aber es gab keine Ablehnung oder sonstiges. Mittlerweile sind wir auch richtig gut zusammengewachsen.

Welche Veränderungen hast du nach der Übernahme im Unternehmen eingeführt?

Ich habe einiges in die Prozessoptimierung und in die Digitalisierung investiert. Mir war wichtig, dass wir die digitalen Medien nutzen, um weniger Zeit unnötig zu verschwenden und, dass meine Mitarbeiter:innen bei ihrer Arbeit unterstützt werden. Gerade erleben wir sowieso einen großen Sprung, weil sehr viel Glasfaser ausgebaut wird. Unser Fokus bleibt aber klar auf dem Waldviertel, da sind wir aktuell bei etwa 9.000 Kund:innen.

Junge Leute, die an eine Betriebsnachfolge denken, … 

... sollten sich erst überlegen, ob sie wirklich selbstständig sein wollen oder nicht. Das ist nicht für jeden etwas - egal ob Nachfolge oder Neugründung. Bei mir war halt wirklich schon ein starker Mitarbeiterstand vorhanden. Für mich passt das gut. Wenn man neu gründet, hat man das nicht. Übernehmen hat natürlich viele Vorteile: Die Kundschaft ist schon da, eine Reputation ist bereits aufgebaut. Das Wichtigste ist aber, dass man die Werte vertreten kann. Man sollte sich überlegen, wofür das Unternehmen steht. Die Kund:innen, die Struktur – das muss schon zu mir passen. Das ist sicher nicht einfach, wenn man irgendeinen Betrieb übernimmt. Was mir sehr geholfen hat, ist, dass ich eigentlich immer meinen eigenen Weg gegangen bin und erst mit Anfang 30 die Entscheidung getroffen habe, zu übernehmen. Wichtig ist auch, dass man sich ab und zu ein bisschen Freizeit rauszwickt. Man muss auch mal abschalten können und wieder Energie sammeln. Ein großes Learning für mich war auch: Man muss nicht alles gleich entscheiden, sondern man kann auch mal eine Nacht drüber schlafen.

Eine Betriebsnachfolge ist sowohl ein gemachtes als auch kein gemachtes Nest, weil

man die Struktur nicht von Null auf aufbauen muss. Allerdings sind eben schon Strukturen und Werte da. Und wenn die nicht zu mir passen, wird es schwierig.

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