Die Kraft des Miteinanders
Gemeinsam besser. Vor allem für kleine Betriebe ist es sinnvoll, sich mit anderen zusammenzutun und voneinander zu profitieren. Die WKNÖ fungiert hier als Drehscheibe – mit Veranstaltungen und Services.
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Nach 25 Jahren allein im Homeoffice, mit vier Kindern um mich herum, habe ich mich schon etwas wie die Ratte im Käfig gefühlt“, sagt Nina Wanek (Grafikwald, www.grafikwald.com), nimmt einen Schluck Wasser und blickt lachend in die Runde. Dann hat die Grafikerin und Webdesignerin Anfang des Jahres an einem Netzwerktreffen von FRAU iDA (www.frau-ida.at) in Zwettl teilgenommen, seit September arbeitet sie an einem fixen Platz im Co-Working-Büro. „Jetzt kann ich mich wieder austauschen, gemeinsame Projekte und Kooperationen verwirklichen. Jetzt hab‘ ich wieder Kolleginnen, oder besser gesagt: Gleichgesinnte.“
Seit Mai 2022 bietet die Waldviertler Frauenwirtschaft unter der Standortmarke FRAU iDA Unternehmer:innen einen modernen Co-Working-Space mit umfangreichen Serviceleistungen inmitten der Zwettler Innenstadt an. Das Projekt setzt damit gezielt Impulse für die berufliche Weiterentwicklung und Vernetzung, ebenso wie für die nachhaltige Stadtentwicklung und Ortskernbelebung. Neben regelmäßigen Netzwerktreffen und Impulsen zur Weiterbildung arbeitet FRAU iDA mit regionalen Tagesbetreuungseinrichtungen für Kleinkinder und Senioren zusammen und ermöglicht damit attraktive lokale Betreuungsangebote – für Männer und Frauen.
Voneinander profitieren
„Wir sind keine Einzelkämpferinnen mehr, sondern bündeln unsere Kräfte“, sagt Illustratorin Tanja Waglechner (www.waglechner.com), Mitstreiterin der ersten Stunde. „Als ich dabei war, mein Business ernsthaft aufzubauen, habe ich gemerkt, wie wichtig es für mich ist, Privates und Beruf zu trennen. Hier habe ich den Austausch. Es entstehen Kooperationen. Man ist motivierter und kann mögliche Zweifel gleich ausräumen. FRAU iDA ist mehr als ein Co-Working-Space. FRAU iDA ist wie eine gute Freundin.“ Um seine Kräfte zu bündeln, macht das Kleeblatt mittlerweile schon gemeinsame Kundenakquise.
„Dadurch, dass jeder nicht mehr alles anbieten muss, kann man sich besser auf die eigenen Stärken konzentrieren und spezialisieren“, sagt Kainz-Wöchtl (Lianes Marketing, www.lianes.marketing) und winkt Susanne Grosslicht zu, die sich gerade einen Kaffee holt.
„Eigentlich waren wir nur auf der Suche nach einer Büroadresse, damit sich unsere Kunden nicht Tag und Nacht bei uns daheim melden. Dann haben wir FRAU iDA besichtigt und noch am selben Tag ein Büro gemietet“, erzählt die Geschäftsführerin von Grosslicht.care (www.grosslicht.care), einer Agentur für 24-Stunden-Betreuung mit rund 60 Mitarbeiter:innen. „Man ist sozial eingebunden, hat dennoch seine Ruhe und kann voneinander profitieren“, meint Grosslicht, die auch Zwettls Vorsitzende von FiW ist.
20 bis 25 Unternehmen gehen bei FRAU iDA ein und aus – von der Kreativwirtschaft über den Gesundheitsbereich bis hin zu IT-Firmen und persönlichen Dienstleistern. Seit einiger Zeit Teil der FRAU iDA-Familie ist auch Hebamme Sophia Pinky Müllauer, die sich mit „nappy petite“ (www.nappy-petite.com) ein zweites Standbein aufbaut. „Ich habe eine Box entwickelt, in der Mamas für die Zeit nach der Geburt alles finden, was sie brauchen“, erklärt die Jungunternehmerin und ergänzt: „Die Mädels hier helfen mir bei der optischen Umsetzung. Das bringt mein junges Unternehmen ein großes Stück weiter.“
Bei FRAU iDA wird nicht nur das Vernetzen innerhalb der hellen, lichtdurchfluteten Räume großgeschrieben, sondern auch das externe Netzwerk. „Wir arbeiten eng mit der Wirtschaftskammer zusammen, stellen gemeinsame Veranstaltungen auf die Beine, wie kürzlich die Infomesse ,Meine Arbeit nach der Arbeit‘“, informiert Blauensteiner und gibt einen Ausblick auf das kommende Jahr. „Für 2024 steht bei FRAU iDA die Frauengesundheit im Fokus.“
Top-Kooperation in Gerersdorf
Schauplatzwechsel zum Co-Working- Space „CoWörk“ der Tischlerei Krumböck in Gerersdorf, die seit 2016 flexible Büroarbeitsplätze und Lagerflächen für Betriebe aller Branchen bietet. 14 Unternehmen nutzen dieses Angebot, unter ihnen Mario Mader, der 2018 mit Holz & Bau Mader den Schritt in die Selbstständigkeit wagte. 2020 entschied er sich, als Einzelunternehmer den „Co-Wörk“ zu nutzen. „Drei Jahre später kann ich von einer erfolgreichen Zusammenarbeit berichten. Wir ergänzen uns auf vielen Ebenen und profitieren beide von den Vorteilen der Kooperation. Ich nutze die vorhandene Infrastruktur und kann andererseits meine Arbeitsleistung, zum Beispiel im Messeaufbau, einbringen“, schildert Mader.
Als wachsendes Unternehmen sei er aktuell auf der Suche nach Mitarbeitern und greife hier derzeit auf Personal der Firma Krumböck zurück. „Großteils handelt es sich bei meinen Projekten um individuell angefragte Kundenprojekte, welche ich mit viel Präzession fertige. Ob Sauna, Carport oder eine Überdachung – alles wird in sorgfältiger Handarbeit hergestellt“, präzisiert Mader.
Rad-Verleih hat viele Partner
Radwerk-W4 (www.radwerk-w4.at), das Radgeschäft inklusive E-Bike-Verleih in Poysdorf im Bezirk Mistelbach, bietet spezielle Kooperationen an. So etwa eine Tour zu Lebensmittel-Erzeugern. „Wir besuchen im Rahmen von geführten E-Bike-Touren Produzenten von regionalen Lebensmitteln und Getränken, zum Beispiel Mikro-Bier-Brauer. Die Betriebe präsentieren dabei ihre Betriebe und Produkte“, schildert Reinhard Ebenauer vom W4-Team. So wolle man innovative Unternehmen der Umgebung bekannter machen.
In der Funktion als E-Bike-Verleihpartner mieten Unternehmen von Radwerk-W4 E-Bikes an und vermieten diese an ihre Gäste weiter. „Unsere Gäste fragen immer wieder, wo man unsere E-Bikes noch ausborgen kann. Mit den E-Bikes unserer Verleihpartner können die Gäste neue Regionen erkunden und andere Touren erfahren. Die Verleihpartner profitieren von der höheren Kundenfrequenz beziehungsweise von Zusatzverkäufen bei der Ausgabe und Rücknahme der E-Bikes“, erklärt Reinhard Ebenauer die Intention.
Last but not least bietet Radwerk W4 Winzertouren an. „Wir organisieren auch geführte E-Bike-Touren mit lokalen Winzern: Der Winzer fährt mit den Gästen zu seinen schönsten Weingärten, Rieden, Lieblingsplätzen und erzählt dabei über seinen Betrieb, seine Weingarten-Philosophie, etc. Abschließend geht es ins Weingut zu einer kleinen Weinverkostung“, so Ebenauer.
WKNÖ als Drehscheibe
Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Kooperation war auch eine Veranstaltung der WKNÖ-Außenstelle Purkersdorf, bei der sich Grafikerin Renate Leitner und Lektorin Nina Kainz kennengelernt haben. „Die Veranstaltungen sind immer gut besucht, das Rahmenprogramm interessant und es ergeben sich zahlreiche Möglichkeiten, andere Unternehmerinnen und Unternehmer kennenzulernen“, sagt Kainz und Leitner erklärt weiter: „Wir haben uns über Social Media entdeckt und einander dann bei der Langen Nacht der Wirtschaft bemerkt. Sofort sind wir ins Gespräch gekommen und eine Zusammenarbeit ließ nicht lange auf sich warten.“
Seitdem haben die Buchstabenheldin (diebuchstabenheldin.at) und Leitner (design.renateleitner.com) viele gemeinsame Projekte umgesetzt – angefangen von kleineren Grafiken im Bereich der CI bis hin zum Branchenbericht der Österreichischen Papierindustrie. „Aktuell arbeiten wir an der Gestaltung einer Website und auch im Bereich Lektorat ergibt sich immer wieder eine Zusammenarbeit“, sagt Kainz und betont: „Das erste Bauchgefühl hat sich bestätigt, wir sind ein perfektes Team bei der Umsetzung von Projekten und verstehen uns auch auf der persönlichen Ebene sehr gut.“ Jeder Mensch, so Leitner, habe seine Stärken. „Wenn wir zusammenarbeiten, ergänzen wir uns und profitieren voneinander.“
Text trifft Grafik
Seit mehr als 13 Jahren unterstützt die Buchstabenheldin Unternehmer:innen und Autor:innen dabei, ihre Texte sprachlich auf ein hohes Niveau zu bringen. „Ich lektoriere schon viele Jahre, mehrmals täglich, und wenn es nur im Kopf ist“, sagt Kainz und lacht. „Es ist mir nicht möglich zu lesen, ohne zeitgleich zu korrigieren und zu optimieren. Die deutsche Sprache fasziniert mich einfach, sie hat so viele Facetten.“
Leitner hingegen hat ihre Leidenschaft für Gestaltung zum Beruf gemacht. „Ich unterstütze meine Kund:innen langfristig im gesamten grafischen Auftritt ihres Unternehmens, entwerfe Werbemittel aller Art und erarbeite Screendesigns für individuelle Websites.“ Ihr Herz schlägt besonders für Editorial-Design. Um größere Projekte erfolgreich umsetzen zu können, sei es notwendig, klar zu definieren, wie die Zusammenarbeit im Detail ablaufen soll. „Natürlich spielt auch die ,Chemie‘ eine große Rolle. Ich freue mich sehr, mit Nina so eine kompetente Kooperationspartnerin gefunden zu haben“, betont Leitner und erntet zustimmendes Kopfnicken von der Buchstabenheldin.