Der Fleischfürst
Seit Anfang April gibt es im Bezirk Lilienfeld wieder einen Fleischer. Christoph Kerschner bietet Qualitätsprodukte aus regionaler Haltung – besonders gefragt: Seine Leberkäs-Spezialitäten.
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Es liegt mir einfach im Blut“, sagt Christoph Kerschner mit einem Lächeln auf den Lippen. „Ich bin Fleischer in dritter Generation und praktisch auf dem Schlachthof groß geworden“, erzählt der Lilienfelder „Fleischfürst“ weiter, während er mit beinahe chirurgischer Präzision aus einer Rinderhälfte handliche Stücke macht. 12.15 Uhr mittags. Im kleinen Verkaufsraum der einzigen Fleischerei im Bezirk ist Ruhe eingekehrt – doch im Bereich dahinter herrscht rege Betriebsamkeit. Denn für Kerschner bleibt keine Zeit zum Durchschnaufen. Die Mittagspause nutzt er, um Leberkäse für den Nachmittag und Waren für den nächsten Tag vorzubereiten.
Fulminanter Start
„Als wir am 1. April unser Geschäft eröffnet haben, dachten wir nicht, dass es so fulminant anlaufen würde“, gesteht Kerschner. Rund 60 Kilo Leberkäse braucht er am Tag. Zu den Sorten seines Vorgängers (die Rezepte hat er übernommen) sind neue Kreationen dazugekommen, wie der heiß begehrte Schweinsbratenleberkäs‘. „Ich hatte mit Kümmel und Knofl nur noch zwei Gewürze übrig und stand vor der Frage: ,Was tun damit‘,“ erzählt er, während er die Temperatur im Selchofen überprüft. „Also hab‘ ich damit einen Leberkäs gemacht. Die Nachfrage zeigt, dass mein Experiment geglückt ist“, lacht der gelernte Fleischverarbeiter und Einzelhandelskaufmann.
Der Kreativität und Experimentierfreude sind in seiner 130m2 großen Wirkungsstätte keine Grenzen gesetzt. „Es war immer schon mein Traum, eine eigene Fleischerei zu haben, mich zu entfalten und Qualitätsprodukte anzubieten“, sagt der 25-Jährige. Die Möglichkeit, gestalten zu können, Neues zu entwickeln, Sachen auszuprobieren – das ist es, was Kerschner am Unternehmertum reizt – auch wenn die Arbeitszeiten im Moment lange sind: Von 3 Uhr in der Früh bis spät in die Nacht werkt er in seiner Fleischerei – mit Fingerfertigkeit, Präzision und dem Drang nach Perfektion. „Ans Fleisch lass ich keinen anderen“, meint der Profi bestimmt. Und das Feedback der Kunden gibt ihm recht – der Ruf des Fleischfürsten ist ausgezeichnet. „Das Schönste ist es, wenn dich deine Kunden spüren lassen, dass du einen guten Job machst. Ich lasse die Kalbinnen zum Beispiel zwei Wochen lang im Vakuum reifen. Das macht den gewissen Unterschied“, verrät er.
Außergewöhnliches
Es ist Qualität, die man schmeckt und die sich auch im Namen widerspiegeln soll. „Wir wollten einen Namen der fetzt und zeigt, dass wir hochwertige Produkte anbieten – fürstlich eben“, erklärt der Jungunternehmer. Sein Sortiment ist breit und gespickt mit viel Außergewöhnlichem und Besonderem. „Ich habe eine geselchte Blunzn ebenso im Angebot wie Leberkäs mit geselchter Schweinezunge, und natürlich meine Fürstenwurst – eine Eigenkreation“, sagt Kerschner und greift in die Vitrine. Er öffnet die Verpackung und schneidet eine Kostprobe herunter. Auf die Frage nach den Zutaten gibt sich der ansonsten so aufgeschlossene junge Mann zugeknöpft. „Das würden nicht nur meine Kunden, sondern auch meine Kollegen gerne wissen“, meint er und grinst. Nachsatz: „Aber auf das Gewürz, das ich da hineingebe, kommt eh keiner.“ Das Fleisch für seine Waren bezieht er von Bauern aus der nahen Umgebung. Auch hier stehen Regionalität und Qualität im Vordergrund.
„Die beste Entscheidung meines Lebens“
Und wie kommt der Mostviertler nach Lilienfeld? „Eine Kette von Zufällen. Über meinen Freund erfuhr ich, dass in Lilienfeld eine Fleischerei zum Verkauf steht. Mit dem Vorbesitzer habe ich mich gleich gut verstanden. So beschlossen meine Freundin Katja und ich, das Abenteuer Unternehmertum zu wagen“, erzählt Kerschner und betont: „Die beste Entscheidung meines Lebens.“ Unterstützt wurde das junge Paar auch von den Mitarbeitern der WKNÖ-Bezirksstelle Lilienfeld, die nur einen Steinwurf von seinem Betrieb entfernt liegt. „Egal, welches Anliegen, ich kann mich immer an die Bezirksstelle wenden – eine tolle Hilfe.“
Pläne für die Zukunft hat Kerschner viele: Gastronomie und Handel zu beliefern („Anfragen gibt es bereits“) ist ebenso ein Ziel wie der Aufbau eines Onlinehandels. „Aber zunächst brauchen wir Hilfe im Verkauf, damit ich wieder mehr Zeit für mein eigentliches Handwerk habe“, definiert er den nächsten Schritt. Und mit dem fünfjährigen Ben, der seine Zeit am liebsten bei Papa in der Fleischerei verbringt, scheint die Zukunft des Lilienfelder Fleischfürsten auch für die vierte Generation gesichert.