"Wir geben nicht auf"
70 Zentimeter hoch stand das Wasser im Café „M&M“ in Pottenbrunn. Auch wenn die Renovierung andauert, hat Familie Brückler am Tag des Kaffees aufgesperrt und – in Kooperation mit der WKNÖ – eine Stunde lang gratis Kaffee ausgeschenkt.
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"Dir bleibt die Luft weg. Es ist, als bricht deine Welt zusammen. Es gibt immer wieder Phasen, in denen du versuchst zu realisieren, was passiert ist. Am besten ist, einfach weiterzumachen und nicht ständig darüber nachzudenken, weil sonst kannst dich gleich hinsetzen, losweinen und nimmer aufstehen.“ Gastronomin Michaela Brückler steht in ihrem Café „M&M“ in Pottenbrunn bei St. Pölten und lässt den Blick durch einen Raum wandern, der einer Baustelle gleicht und das gemütliche Lokal, das es vor der Flutkatastrophe im September war, nur noch erahnen lässt.
Acht Trocknungsgeräte verrichten laut und unablässig ihren Dienst, während Familie Brückler und ihre Mitarbeiter seit der Früh dabei sind, den Gastraum soweit herzurichten, dass sie für eine Stunde Kaffee ausschenken können – für Freunde, Stammgäste und Helfer. Als Zeichen des Dankes, des Kämpfergeistes und als Signal: „Wir machen weiter!“
„Das ist mein Wohnzimmer. Ich bin zwei Mal am Tag hier. In der Früh für einen Kaffee und mittags zum Essen“, erzählt Lukas Eberhardt – Stammgast und Freund der Familie. „Montagfrüh, als das Wasser zurückgegangen ist, war ich gleich hier zum Helfen. Das war wie ein Schock. Es ist nicht mein Eigentum, aber als ich hier stand, in Gummistiefeln, überall der Dreck, der Schlamm, die Zerstörung, da sind mir die Tränen gekommen“, sagt Eberhardt und nimmt seinen Espresso entgegen.
„Alles wird gut“
70 Zentimeter hoch stand das Wasser im Gebäude – hat Mobiliar, Lager- und Kühlräume zerstört und einen Schaden von rund 300.000 Euro angerichtet (Geschäftsentgang und Neuinvestitionen nicht mitgerechnet). „Als wir am Sonntag hergefahren sind – wir wohnen zwei Kilometer entfernt, und das Wasser schon die Straßen überflutet hatte – meinte mein Mann zu mir: ,Mach dir keine Sorgen, alles wird gut‘“, erzählt Brückler. Gemeinsam haben sie versucht, „zu retten, was zu retten war.“ Sessel auf die Tische gepackt, Unterlagen in Sicherheit gebracht und die Eingangstür mit einem massiven Holzregal verstärkt. „Doch nach einer Stunde mussten wir aufgeben und uns selbst vor dem Wasser in Sicherheit bringen“, erinnert sich Brückler an die dramatischen Stunden, als der kleine Saubach vor der Tür zum reißenden Fluss wurde und der Damm an der Rückseite des Gebäudes den Wassermassen nicht mehr standhalten konnte.
Große Hilfsbereitschaft
Sobald das Wasser wich, starteten die Aufräumarbeiten. Familie, Freunde, (ehemalige) Mitarbeiter, Stammgäste – rund 20 Helfer fanden sich ein und haben gleich angepackt. „Der Zusammenhalt, die Motivation, die Unterstützung – das hat uns tief berührt“, sagt eine sichtlich gerührte Unternehmerin. Auch Firmen haben mit Gerät ausgeholfen. „Unsere Mitarbeiter – an unseren beiden Standorten (Ober Grafendorf und Pottenbrunn) beschäftigen wir 20 Menschen – haben so viel Motivation und positive Energie gezeigt. Wir haben ein wirklich tolles Team. Das ist eine unglaubliche Hilfe“, berichtet Brückler und ergänzt: „Es schaut so aus, dass wir alle halten können.“
Anfang November, so hofft die Betreiberfamilie, kann wieder eröffnet werden. „Aufgeben ist keine Option“, stellt Brückler klar. „Wir haben vor 12 Jahren eröffnet. Wir haben nach zwei harten Corona-Jahren Ober-Grafendorf dazugenommen. Wir haben Mitarbeiter. Wir haben Verantwortung. Unsere Kinder arbeiten im Betrieb mit. Wir kämpfen weiter“, betont sie mit einer Stimme, die trotz allem fest und entschlossen klingt. Denn auch, wenn die Bilder von dem, was die Fluten angerichtet haben, noch frisch sind, ist da dieser unerschütterliche Wille, das Café wieder aufzubauen, die Türen wieder für Gäste zu öffnen und diesen Raum mit Leben zu füllen, wie es vor der Flutkatastrophe war.