Rechtswirkungen einer Insolvenz auf Bestandverträge
Kündigungsmöglichkeiten in der Insolvenz des Bestandgebers und des Bestandnehmers
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Allgemeines
Weder die Bestandnehmer- noch die Bestandgeberinsolvenz führen zu einer automatischen Beendigung des Bestandvertrages. Vielmehr tritt der Insolvenzverwalter in den bestehenden Bestandvertrag ein. Dabei wird auch nicht zwischen Geschäftsraummiete, Pacht oder einem Untermietverhältnis unterschieden. Rückstände im Bestandzins vor Insolvenzeröffnung sind Insolvenzforderungen. Sie müssen im Insolvenzverfahren angemeldet werden. Alle Ansprüche, die nach der Insolvenzeröffnung entstehen, sind Masseforderungen. Sie werden – sofern ausreichend Insolvenzmasse vorhanden ist - vollständig befriedigt.
Kündigung bei Insolvenz des Mieters
Wenn der Mieter insolvent ist, tritt der Insolvenzverwalter in den bestehenden Bestandvertrag ein. Gleichzeitig steht ihm während des gesamten Insolvenzverfahrens ein außerordentliches Kündigungsrecht zu. Hierbei sind zumindest die gesetzlichen Kündigungsfristen einzuhalten. Sollte der Bestandvertrag eine zulässige kürzere Kündigungsfrist vorsehen, kann sich der Insolvenzverwalter auf diese berufen. Kündigungstermine hingegen sind nicht zu berücksichtigen. Dieses besondere Kündigungsrecht besteht selbst bei befristeten Bestandverträgen oder bei Bestandverträgen, die eine Kündigung explizit ausgeschlossen haben.
Beispiel: Der Mietvertrag für die Geschäftsraummiete ist auf fünf Jahre befristet. Ein vorzeitiges Kündigungsrecht wurde im Vertrag nicht vereinbart. Der Insolvenzverwalter tritt mit Insolvenzeröffnung in diesen Bestandvertrag ein und kann den Vertrag unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist beenden.
Wenn dem Bestandgeber durch die vorzeitige Vertragsbeendigung ein Schaden entstanden ist, kann er diesen als eine Insolvenzforderung geltend machen.
Beispiel: Der Insolvenzverwalter hat den befristeten Mietvertrag nun vorzeitig gekündigt. Der Vermieter kann die Mietzahlungen der restlichen Laufzeit als Insolvenzforderung geltend machen. Allerdings trifft ihn eine Schadensminderungspflicht: Er muss sich ernstlich bemühen, das Mietobjekt so rasch wie nur möglich weiterzuvermieten und so den Schaden möglichst gering zu halten.
Das Kündigungsrecht des Bestandgebers wird mit Insolvenzeröffnung hingegen eingeschränkt: Wenn mit Auflösung des Bestandvertrages die Unternehmensfortführung gefährdet wäre, darf der Bestandgeber den Vertrag die ersten sechs Monate nach Insolvenzeröffnung nur auflösen, wenn ein wichtiger Grund vorliegt. Die Verschlechterung der wirtschaftlichen Situation ist kein wichtiger Grund. Ein Bestandzinsverzug berechtigt nur dann zur Vertragsauflösung, wenn dieser nach Insolvenzeröffnung entstanden ist. Rückstände im Bestandzins vor Insolvenzeröffnung stellen keinen wichtigen Grund für eine Vertragsauflösung dar. Vertraglich vereinbarte Auflösungsklauseln oder Rücktrittsrechte für den Insolvenzfall sind ebenso unwirksam.
Der Insolvenzverwalter kann bei einer Unternehmerinsolvenz die Aufschiebung der Räumungsexekution wegen Nichtzahlung des Bestandzinses beantragen. Voraussetzung hierfür ist, dass ein Sanierungsplan beantragt wird.
Kündigung bei Insolvenz des Bestandgebers
Ist der Bestandgeber insolvent, tritt der Insolvenzverwalter mit Insolvenzeröffnung ebenfalls in den Bestandvertrag ein. Im Gegensatz zur Bestandnehmerinsolvenz steht dem Insolvenzverwalter bei der Bestandgeberinsolvenz aber kein besonderes Kündigungsrecht zu. Er ist somit ebenfalls an den Vertrag gebunden und kann sich nur auf die allgemeinen gesetzlichen oder zulässigen vertraglichen Kündigungsrechte berufen.
Vorauszahlungen des Bestandzinses an den insolventen Bestandgeber können gegenüber dem Insolvenzverwalter nur für die Zeit bis zur ersten ordentlichen Kündigungsmöglichkeit des Bestandverhältnisses eingewendet werden. Vorauszahlungen darüber hinaus müssen noch einmal geleistet werden.
Stand: 09.01.2025