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Wichtige zusätzliche Regelungsaspekte in internationalen Verträgen

Lesedauer: 9 Minuten

12.03.2024

Während sich der Unternehmer beim Einkauf von Waren im Inland darauf verlassen kann, dass auf den Vertrag österreichisches Recht zur Anwendung kommt und er gegebenenfalls die Hilfe österreichischer Gerichte in Anspruch nehmen kann um seine Rechte durchzusetzen, kann auf Importverträge fremdes Recht anwendbar sein, ohne dass die Möglichkeit der Anrufung österreichischer Gerichte besteht. Zu beachten sind auch Haftungsthematiken, die bei reinen Inlandssachverhalten nicht zum Tragen kommen.

Anwendbares Recht

Bei der Rechtswahl legen die Vertragspartner fest, auf der Grundlage welchen nationalen Rechts ein zuständiges Gericht den strittigen Sachverhalt zu entscheiden hat. Die Rechtswahl kann einen entscheidenden Einfluss auf wichtige Fragen wie z.B. das Zustandekommens des Vertrages, die Mängelhaftung, die Verjährung, die Einbeziehung der AGB´s u.v.m. haben. Sofern die Möglichkeit besteht, sollte österreichisches Recht vereinbart werden, um eine möglichst hohe Rechtssicherheit zu erlangen. Grundsätzlich kann das anzuwendende Recht aber frei gewählt werden (Rechtswahlklausel).

Sieht eine Rechtswahlvereinbarung die Anwendung österreichisches Recht vor, kommt bei internationalen Kaufverträgen jedoch nicht tatsächlich österreichisches Recht zur Anwendung, sondern das UN-Kaufrecht, das Bestandteil des österreichischen Rechtes ist und als Spezialgesetz für internationale Kaufverträge diesem vorgeht. Dies gilt entsprechend  auch für die Rechtswahl jener Staaten, in denen das UN-Kaufrecht ratifiziert wurde (die Liste aller Länder, in denen das UN-Kaufrecht ratifiziert wurde, findet man hier

Soll das UN-Kaufrecht nicht zur Anwendung kommen, muss dies aus der Rechtswahlklausel ausdrücklich hervorkommen, etwa durch die Formulierung:

 Beispiel:

  • „Es gilt österreichisches Recht. Die Anwendbarkeit des UN-Kaufrechts wird abbedungen.“
  • „Parties agree on the applicability of Austrian law excluding the UN-Convention on the International Sale of Goods.“

Grundsätzlich kann jedoch festgehalten werden, dass das UN-Kaufrecht im Allgemeinen für den Käufer etwas günstiger ist als das vergleichbare österreichische Recht. Die Vereinbarung des UN-Kaufrechtes wird sich dagegen als Kompromisslösung häufig dann anbieten, wenn der Verkäufer österr. Recht, der Käufer sein eigenes Recht haben möchte. In diesem Fall bildet das UN-Kaufrecht einen ausgewogenen Mittelweg, der die Interessen beider Parteien berücksichtigt.

Haben die Parteien keine ausdrückliche Regelung getroffen, bestimmt sich die Rechtswahl nach den folgenden Kriterien:

  • Beide Vertragspartner stammen aus der EU: Es ist gemäß der Rom I-VO das Recht jenes Staates anwendbar, in dem die Partei, die die charakteristische Leistung (meist jene Leistung, die nicht in Geld besteht) erbringt, ihren Aufenthalt hat. Bei Gesellschaften oder Juristischen Personen (z.B. GmbH´s) ist der Ort der Hauptverwaltung maßgeblich (ACHTUNG Sonderregelungen bei Beförderungsverträgen, Versicherungsverträgen und Verträgen mit Verbrauchern!).

Beispiel:

Verkauft ein italienisches Unternehmen Waren an einen österreichischen Importeur und wurde keine Rechtswahl getroffen, dann kommt auf den Vertrag italienisches Recht zur Anwendung (Recht des gewöhnlichen Aufenthaltes des Verkäufers).

  • Vertragspartner aus der EU und einem Drittland: In dieser Fallkonstellation ist entscheidend vor welchem Gericht der Rechtsstreit stattfindet. Findet der Rechtsstreit vor einem österreichischen Gericht statt, gilt die Reglung der Rom I-VO entsprechend dem ersten Absatz. Findet der Rechtsstreit jedoch vor dem Gereicht des Drittlandes statt, bestimmt das IPR-Gesetz des jeweiligen Landes, welches Recht anwendbar ist (unter IPR-Gesetzen versteht man jene Gesetze, die die einzelnen Staaten, die nicht die Rom I-VO ratifiziert haben, für sich erlassen haben, damit deren Gerichte daraus entnehmen zu können, welches Recht bei internationalen Sachverhalten Anwendung zu finden hat). Welches Recht tatsächlich anzuwenden ist, kann daher von Staat zu Staat verschieden sein.

Gerichtsstandsvereinbarungen

Importverträge können es mit sich bringen, dass Unternehmen die Hilfe ausländischer Gerichte in Anspruch nehmen müssen, etwa um Schadenersatz- oder  Gewährleistungsansprüche geltend zu machen. Das Führen eines Prozesses vor einem ausländischen Gericht bringt eine Reihe von Erschwernissen mit sich, die gerade von Klein- und Mittelbetrieben vermieden werden sollten. Diese Erschwernisse bestehen insbesondere in:

  • der Fremdsprachigkeit des Verfahrens
  • der Notwendigkeit der Übersetzung von Dokumenten
  • der Konsultation von ausländischen Anwälten
  • der Möglichkeit keines vollen Kostenersatzes selbst bei Obsiegen
  • den hohen Reisekosten

Die mögliche Gerichtspflichtigkeit im Ausland kann am effektivsten durch eine Gerichtsstandsvereinbarung vermieden werden. Diese stellt sicher, dass das importierende  Unternehmen seine möglichen Ansprüche in Österreich einbringen kann und bewahrt es andererseits davor, seinerseits im Ausland geklagt zu werden. Gerichtsstandsvereinbarungen sind allerdings nur dann gültig, wenn sie schriftlich getroffen werden. Innerhalb der EU gilt dafür die Brüssel-I-VO. Gemäß dieser VO gilt der Grundsatz, dass der Beklagte an seinem/er Wohnsitz/Niederlassung zu klagen ist. Es gibt aber bestimmte Fälle, in denen Personen auch in anderen Mitgliedstaaten geklagt werden können. Wenn ein Vertrag oder Ansprüche aus einem Vertrag (z.B. Zahlung, Erfüllung, Schadenersatz) Gegenstand des Rechtsstreites sind, dann kann z.B. auch am Erfüllungsort geklagt werden, d.h. an dem Ort, an dem die Verpflichtung erfüllt worden ist oder zu erfüllen wäre. Der Erfüllungsort der Verpflichtung für den Verkauf von Waren ist nach der Brüssel-I-VO - sofern nichts anderes vereinbart wurde - der Ort in einem Mitgliedstaat, an dem sie nach dem Vertrag geliefert wurden oder geliefert hätten werden müssen.

Tipp:
Der Erfüllungsort kann durch die Wahl einer entsprechenden Lieferbedingung sehr einfach nach Österreich verlegt werden (siehe dazu Kapitel Incoterms).

Es ist aber auch möglich, dass die Vertragspartner einen Gerichtsstand/ein zuständiges Gericht vertraglich vereinbaren. Sofern die Parteien nichts anderes vereinbaren, sind dieses Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaates ausschließlich zuständig. Damit aber eine Gerichtsstandsvereinbarung gültig ist, muss sie nach der Brüssel-I-VO entweder schriftlich oder mündlich mit schriftlicher Bestätigung erfolgen. Es ist zwar u.U. auch eine andere Form möglich, nämlich eine solche, die den zwischen den Parteien entstandenen Gepflogenheiten entspricht oder im internationalen Handel auch einem Handelsbrauch. Um Sicherheit zu haben, ist aber eine schriftliche Vereinbarung jedenfalls zu empfehlen.

Beispiel:

„Die Parteien vereinbaren die Zuständigkeit der Gerichte in [Sitz des Exporteurs]. Der Exporteur ist jedoch berechtigt, jedes andere zuständige Gericht anzurufen.“

„The parties agree on the jurisdiction of the courts of [..]. [Exporteur] is entitled to invoke the jurisdiction of any other court.”

Achtung:
Die Möglichkeit einer Klage vor einem österreichischen Gericht und die Erlangung eines österreichischen Urteils bedeutet nicht automatisch, dass das Urteil auch im Heimatstaat des Vertragspartners vollstreckt werden kann. Innerhalb der EU ist dies aber jedenfalls möglich!

Eine Gerichtsstandsvereinbarung zugunsten eines österreichischen Gerichtes ist daher nur dann sinnvoll, wenn das österreichische Urteil auch dort vollstreckt werden kann, wo der Beklagte über Vermögen verfügt, andernfalls ist das Urteil nur sein Papier wert. Abhilfe kann durch die Vereinbarung einer sog. Schiedsklausel geschaffen werden.

Schiedsgerichtsbarkeit

Die Schiedsgerichtsbarkeit gehört zu den alternativen Streitbeilegungsmethoden und steht von ihrem Wesen und von ihrer Funktion her zwischen der Mediation und der staatlichen Gerichtsbarkeit. Schiedsverfahren geben den Parteien die Möglichkeit, den Schiedsort, die Schiedsregeln sowie das anwendbare Recht frei zu wählen und zu kombinieren, sowie Einfluss auf die Zusammensetzung des Schiedsgerichtes, insbesondere im Hinblick auf besondere Kompetenzen im jeweiligen Fachgebiet, auszuüben. Darüber hinaus bietet die international weit verbreitete Vollstreckbarkeit von Schiedssprüchen einen zusätzlichen unvergleichlichen Vorteil gegenüber der staatlichen Gerichtsbarkeit. Derzeit können Schiedssprüche in 154 Ländern der Erde vollstreckt werden.

Tipp:
Die Länder in denen Schiedsurteile vollstreckt werden können, findet man hier.

Weitere große Vorteile liegen in der Nichtöffentlichkeit von Schiedsverfahren und in der Schnelligkeit der Entscheidung. Schiedsverfahren sind hingegen in der Regel wesentlich teurer als Verfahren vor den ordentlichen staatlichen Gerichten, weil für gewöhnlich drei Schiedsrichter tätig werden, die von den Parteien zu bezahlen sind. Darüber hinaus entscheiden Schiedsgerichte für gewöhnlich nur in einer Instanz, sodass es für die unterliegende Partei keine Berufungsmöglichkeit gibt. Im Allgemeinen wird sich die Vereinbarung eines Schiedsgerichtes – die immer schriftlich zu erfolgen hat – daher nur bei sehr umfangreichen Exportverträgen empfehlen.

Große internationale Bedeutung haben folgende Schiedsinstitutionen:

  • Das internationale Schiedsgericht der Wirtschaftskammer Österreich
  • Das Schiedsgericht der Handelskammer Zürich
  • Das Schiedsgericht der internationalen Handelskammer in Paris

Beispiel:

  • „Alle Streitigkeiten, die sich aus diesem Vertrag ergeben oder auf dessen Verletzung, Auflösung oder Nichtigkeit beziehen, werden nach der Schieds- und Schlichtungsordnung des .... (z.B. Internationalen Schiedsgerichts der Wirtschaftskammer Österreich in Wien (Wiener Regeln))  von einem oder mehreren gemäß diesen Regeln ernannten Schiedsrichtern endgültig entschieden.“
  • Zweckmäßige zusätzlich zu ergänzende Vereinbarungen bei Schiedsklauseln:
    a)  die Anzahl der Schiedsrichter beträgt .......... (einer oder drei);
    b)  es ist ........... materielles Recht anzuwenden;
    c)  die im Schiedsverfahren zu verwendende Sprache ist ............
  •  “All disputes arising out of this contract or related to its violation, termination or nullity shall be finally settled under the Rules of Arbitration and Conciliation of the…. (e.g. International Arbitral Centre of the Austrian Federal Economic Chamber in Vienna (Vienna Rules)) by one or more arbitrators appointed in accordance with these Rules.”
  • Appropriate supplementary provisions:
     a)  The number of arbitrators shall be .......... (one or three);
     b)  The substantive law of .............. shall be applicable;
     c)  The language to be used in the arbitral proceedings shall be ............

Haftungssachverhalte beim Import

Produkthaftung

Bei der Produkthaftung handelt sich um eine verschuldensunabhängige Haftung (der Geschädigte muss mit dem Haftenden in keinem Vertragsverhältnis stehen) für Sach-oder Personenschäden durch fehlerhafte Produkte. Grundsätzlich haftet der Hersteller für fehlerhafte Produkte, bei Drittlandimporten haftet jedoch der Importeur, der das Produkt in den Europäischen Wirtschaftsraum bzw. in die EU eingeführt und in Verkehr gebracht hat. Die Produkthaftung ist nicht nur verschuldensunabhängig, sondern auch betraglich unbeschränkt und kann vertraglich nicht ausgeschlossen werden. Der Anspruch verjährt drei Jahre ab Kenntnis von Schaden sowie Schädiger bzw. jedenfalls zehn Jahre nach dem Inverkehrbringen.

Tipps zur Haftungsvermeidung:

  • Haftpflichtversicherung
  • Produktkontrolle
  • genaue Dokumentation
  • Gebrauchsanweisungen
  • Vertragliche Rückgriffsansprüche gegen den Hersteller im Drittland
  • Beobachtung des Standes von Wissenschaft und Technik
  • Vermitteln statt verkaufen

Haftung aus fehlerhafter oder fehlender CE-Kennzeichnung

Verwaltungsvergehen

Führt der Importeur oder Händler Produkte in den EWR ein, die entweder keine CE-Kennzeichnung tragen und/oder denen keine technischen (oder sonst erforderlichen) Unterlagen beiliegen oder die zwar gekennzeichnet sind, allerdings ohne dass (vom Hersteller) ein Konformitätsbewertungsverfahren durchgeführt wurde, dann begeht er zunächst einmal eine Verwaltungsübertretung, die zu einer Geldstrafe von bis zu EUR 25.000,– und in gravierenden Fällen auch zum Entzug der Gewerbeberechtigung führen kann.

Unlautere Geschäftspraktik

Mit der Einfuhr nicht oder unrechtmäßig CE-gekennzeichneter Produkte begeht der Importeur aber nicht nur eine Verwaltungsübertretung, sondern er kann auch von Mitbewerbern und/oder bestimmten klagsbefugten Verbänden auf Unterlassung, allenfalls Schadenersatz geklagt werden. Mit der Unterlassungsklage kann der Anspruch auf Beseitigung, das heißt Rückruf der bereits in Verkehr gebrachten Produkte verbunden werden. Anspruchsgrundlage für den Unterlassungs- und Schadenersatzanspruch ist eine „unlautere Geschäftspraktik“ nach dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (kurz UWG). 

Tipps zur Vertragsgestaltung in Verbindung mit Produkthaftung und CE-Kennzeichnung

Es empfiehlt sich in der Liefervereinbarung mit dem Hersteller folgendes zu vereinbaren:

  • Die Verpflichtung des Herstellers bzw. Importeurs, dem Importeur bzw. Händler alle direkten und indirekten Schäden inklusive entgangenem Gewinn zu ersetzen, die diesem aus oder im Zusammenhang mit nicht und/oder unrichtig CE-gekennzeichneten Produkten samt den erforderlichen technischen und sonst erforderlichen Unterlagen entstehen;
  • Die Fälligkeit des Kaufpreises von der vollständigen Erfüllung der CE-Kennzeichnungspflichten abhängig zu machen;
  • Den Importeur bzw. Händler von der Verpflichtung zu entbinden, die gelieferten Produkte samt den technischen und sonst erforderlichen Unterlagen auf deren Übereinstimmung mit den CE-Kennzeichnungspflichten zu überprüfen;
  • Die Anwendbarkeit österreichischen Rechts (unter Ausschluss von Kollisionsnormen und des UN-Kaufrechts) auf sämtliche Streitigkeiten, die aus oder im Zusammenhang mit der Liefervereinbarung entstehen, wobei zur Entscheidung über diese Streitigkeiten die ausschließliche Zuständigkeit der am Sitz des Importeurs örtlich zuständigen Gerichte vereinbart wird;
  • Keine Vertragsbestimmungen zu akzeptieren, nach welchen der Hersteller für Produkthaftungsfälle gar nicht haftet, oder die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist, die Haftung der Höhe nach begrenzt ist (etwa mit dem Warenwert) oder die Haftung für Folgeschäden ausgeschlossen ist.