Weißer LKW fährt auf einer Straße
© 3D motion | stock.adobe.com

Lieferbedingungen (Incoterms 2020)

Lesedauer: 9 Minuten

24.05.2024

Allgemeines

Bei den von der internationalen Handelskammer (ICC) herausgegebenen Incoterms® handelt es sich um standardisierte Lieferklauseln, welche primär die Pflichten von Käufer und Verkäufer bei internationalen (aber auch nationalen) Lieferverträgen regeln. Primär werden durch die Incoterms® der Ort und Zeitpunkt des Gefahrenübergangs vom Verkäufer auf den Käufer in Bezug auf Verlust oder Beschädigung der Ware geklärt. Ebenso wird die Aufteilung der Transportkosten zwischen Verkäufer und Käufer geregelt. Jede Incotermklausel definiert somit eindeutig den Ort des Übergangs der Kosten (z.B. Transportkosten) und der Gefahren vom Verkäufer auf den Käufer.

Darüber hinaus bestimmen die Incoterms® weitere Verpflichtungen der Kaufparteien wie z.B. die evtl. notwendige Ausfuhrzollanmeldung im Lieferland bzw. die evtl. notwendige Einfuhrzollanmeldung im Bestimmungsland. Neben der Organisation der Zollabwicklung geht es hier hauptsächlich auch um die Besorgung der dafür notwendigen Dokumente (Ursprungszeugnis, Lizenzen, Bewilligungen) und um die Aufteilung der Kosten (Zollagent oder auch Zollabgaben und Steuern).

Zu beachten ist jedoch, dass die Incoterms® nicht sämtliche Rechtsbereiche des Kaufgeschäftes regeln und klären. Ersatzansprüche bei Mängeln oder Lieferverzug aber auch die Nichterfüllung von Verpflichtungen, welche die Incoterms® festlegen, müssen im Kaufvertrag gesondert geregelt werden. Hier wird insbesondere bei internationalen Geschäften das UN-Kaufrecht anwendbar sein (sofern es nicht dezidiert ausgeschlossen wurde oder ein Vertragspartner in einem Land sitzt, welches das UN-Kaufrecht nicht ratifiziert hat, s. Seite "Rechtswahl" im Handbuch zur EU-Forderungseintreibung).

In Kaufverträgen finden sich oftmals auch allgemeine Formulierungen in Bezug auf die Lieferbedingung (z.B. Lieferung Frei Haus). Auch wenn auf den ersten Blick eine derartige Vereinbarung für alle Beteiligten klar zu sein scheint, gibt es im internationalen Warenverkehr immer wieder Interpretationsschwierigkeiten, insbesondere im Schadensfall. Diese Lieferbedingung klärt zwar grundsätzlich verständlich, dass die Kosten bis zum vereinbarten Haus der Verkäufer übernimmt, jedoch ist nicht klar, wer im Schadensfall (Verlust oder Beschädigung der Ware) die Kosten für die Ware zu tragen hat. Eine derartige Formulierung kann schon im Inlandsgeschäft zu Streitigkeiten führen. Nochmals schwieriger wird es aber im internationalen Warenverkehr, wo es unterschiedliche Auffassungen gibt, wer z.B. das Risiko des Transportes zu tragen hat.

Um dieses Problem der divergierenden Rechtssysteme und Handelsbräuche bei internationalen Warengeschäften zu lösen, hat die Internationale Handelskammer in Paris schon 1936 einheitliche Lieferkonditionen (Incoterms®) veröffentlicht. Mittlerweile finden die Incoterms® (International Commercial Terms) weltweite Anerkennung.

Damit die Incoterms® rechtliche Wirkung haben, müssen Sie im Kaufvertrag gesondert vereinbart werden. Die Incoterms® wurden 2020 neu überarbeitet und kommen unter der Version Incoterms® 2020 zur Anwendung. Da die Incoterms® kein gesetzliches Regelwerk sind, treten ältere Versionen auch nicht außer Kraft und können daher auch weiterhin vereinbart werden. So ist es z.B. möglich Waren auch mit der Klausel FAS (Free Alongside Ship) Incoterms 1990 zum Versand zu bringen. Die Kaufparteien sollten sich aber vor Vereinbarung einer – auch alten – Klausel über die jeweiligen Verpflichtungen im Klaren sein. So ist z.B. die Besorgung der Ausfuhrzollanmeldung bei FAS in den Inocterms der Fassung von 1990 völlig anders geregelt als bei FAS Incoterms 2010.


Wichtig: Zu jeder vereinbarten Lieferklausel muss zusätzlich immer ein Bestimmungsort angegeben werden. Dieser Ort sollte auch so genau wie möglich sein (z.B. EXW – Innsbruck, Gewerbepark Ost, Erfolgstrasse 1, 6020 Innsbruck).


Zu beachten ist weiters, dass bei einigen Incotermklauseln (CFR, CIF, CPT und CIP) der Ort des Gefahrenübergangs vom Ort des Kostenübergangs abweicht. Wenn also bei Vereinbarung der Klausel CPT der Verkäufer den Transport bis zum Bestimmungsort organisiert und auch bezahlt, ist das Risiko für diesen Transport trotzdem vom Käufer zu tragen, und zwar ab Übergabe der Ware vom Verkäufer an den ersten Frachtführer.

Incoterms aus der Sicht des Importeurs

In Bezug auf die Gefahrentragung ist es für den Importeur zunächst wichtig zu wissen, wo (Ort) sämtliche Gefahren vom Verkäufer auf den Käufer übergehen. Ab diesem Ort trägt der Käufer sämtliche Risiken in Bezug auf Verlust und Beschädigung der Ware. Wenn daher nach diesem Punkt die Ware verloren geht und nie beim Käufer ankommt, muss dem Verkäufer dennoch der volle Kaufpreis bezahlt werden. Und der Verkäufer ist nicht verpflichtet die Ware nochmals zu liefern. Nur wenn die Ware aufgrund eines schuldhaften Verhaltens durch den Verkäufer verloren geht bzw. beschädigt wird, ist er zum Schadenersatz verpflichtet.

Der Importeur sollte daher immer prüfen, an welchem Ort der Übergang der Gefahr auf ihn stattfindet. Ein Seefrachtlieferung mit der Lieferkondition FAS (Abgangshafen) kann z.B. ein erhöhtes Risiko für den Käufer bedeuten, wenn der Abgangshafen in einem Entwicklungsland mit mangelhafter Hafenausrüstung liegt. Da der Verkäufer nur verpflichtet ist, die Ware bis zur Längsseite des Schiffes zu verbringen (z.B. am Quai), erfolgt die Beladung auf das Schiff bereits auf Kosten und Risiko des Käufers. Sämtliche Schäden die im Zuge der Verladung entstehen, sind somit vom Käufer selbst zu tragen. Eine entsprechende Risikominimierung für den Käufer wäre z.B. anstelle FAS die Incotermklausel FOB (Free on Board) zu vereinbaren. Das Risiko der Verladung trägt dann der Verkäufer und zwar so lange, bis die Ware an Bord des Schiffes angekommen ist (früher Überschreiten der Reling).

Natürlich können die Risiken durch den Abschluss einer entsprechenden Versicherung minimiert werden. Die Incoterms sehen allerdings lediglich bei zwei Klausen (CIF und CIP) den verpflichtenden Abschluss einer Transportversicherung vor. Bei allen anderen Klausen steht es den Kaufparteien frei ob eine Versicherung das Transportrisiko decken soll. Da Haftungen durch den jeweiligen Transportführer aber wertmäßig gedeckelt und beschränkt sind, empfiehlt es sich stets, das Transportrisiko durch eine spezielle Versicherung abzudecken.

Bei Vereinbarung von CIF muss sich der Käufer bewusst sein, dass der Verkäufer lediglich zum Abschluss einer Versicherung mit Mindestdeckung verpflichtet ist (C-Mindestdeckung nach den Institute Clauses of the London Underwriter). Diese umfasst nur bestimmte Risiken wie z.B. Schäden durch Explosionen und Feuer, Strandung oder Versinken des Transportschiffes; Umkippen oder Entgleisung des Transportmittels bei Landtransporten, Kollisionen und Zusammenstöße, Seewurf etc. Keinesfalls gedeckt sind aber Schäden, welche durch grobe Fahrlässigkeit des Versicherten entstehen, bei unzureichender Verpackung oder wenn das eingesetzte Transportmittel mangelhaft war. Auch Schäden, welche auf kriegerische Auseinandersetzungen oder Streik zurückzuführen sind, werden nicht gedeckt. Wenn daher eine höhere Deckung gewünscht wird, muss diese von den Kaufparteien vereinbart und entsprechend beauftragt werden (z.B. A-Clause – All Risk). Insbesondere bei hochpreisen Warenlieferungen, sollte eine entsprechende Deckung vorliegen. Allerdings sind auch bei All-Risk Versicherungen - trotz ihrer Bezeichnung - nicht alle Risiken gedeckt (z.B. Schäden durch Krieg, Unruhen, Streik). Diese Risiken müssten wiederum über eine separate Deckung versichert werden.

Bei Vereinbarung von CIP hat der Verkäufer auf eigene Kosten eine Transportversicherung abzuschließen, die der vorgeschriebenen Deckungshöhe gemäß den Klauseln (A) der Institute Cargo Clauses oder ähnlichen Klauseln entspricht.

Dem Importeur sollte bewusst sein, dass auch wenn der Verkäufer aufgrund der vereinbarten Incotermklausel zur Eindeckung einer Transportversicherung verpflichtet ist, der Käufer der Versicherte ist und somit der Käufer einen Anspruch auf Entschädigung durch die Versicherung hat. Diese sitzt aber meist im Ausland und eine Kommunikation ist oftmals schwierig. Ein weiteres Problem können auch unterschiedliche Interessen der Kaufparteien sein. Bei CIF ist der Verkäufer zum Abschluss eines Beförderungsvertrages verpflichtet bzw. muss den Transport auch kostenmäßig übernehmen. Hier könnte natürlich die Versuchung entstehen das kostengünstigste Angebot zu akzeptieren. Und im Schadensfall wird dem Käufer unter Umständen die Auszahlung des Schadens verweigert, da der Verkäufer ein mangelhaftes Schiff für den Transport gewählt hat (Ausschlussgrund gem. C-Mindestdeckung der Institute Clauses).

Aus all diesen genannten Gründen könnte es daher oftmals besser sein, dass der Käufer selbst – als Versicherter – die Transportversicherung organisiert und abschließt. Aber grundsätzlich wird auch bei der Transportversicherung der wirtschaftliche Gedanke meist im Vordergrund stehen. Jene Partei, welche in der Lage ist die Versicherungsprämie günstiger am Markt zu bekommen, wird den Abschluss tätigen. Weiters sollte unbedingt darauf geachtet werden, dass eine Versicherung immer „door to door“ abgeschlossen wird, wenn am Ort des Gefahrenübergangs vom Verkäufer auf den Käufer nicht festgestellt werden kann, ob die Ware zu diesem Zeitpunkt schon beschädigt ist. In diesem Fall sollte also die gesamte Transportstrecke von einer einzigen Versicherung abgedeckt sein, damit diese im Schadensfall in jedem Fall in Anspruch genommen wird. Bei Deckung des Risikos durch zwei verschiedene Versicherungen für jeweils zwei unterschiedliche Streckenabschnitte, müsste einer Versicherung nachgewiesen werden, dass der Schaden in ihrem Streckenabschnitt eingetreten ist (vgl. auch im nachfolgenden Punkt die Problematik bei Containerverladung).

Welche Inoctermklausel sollte gewählt werden?

Die häufig gestellte Frage, welche Incoterm für ein Importgeschäft am besten zu wählen ist, kann so nicht beantwortet werden und hängt von unterschiedlichen Kriterien ab. Zunächst werden häufig die wirtschaftlichen Überlegungen im Vordergrund stehen. Ob der Verkäufer oder Käufer den notwendigen Transport organisieren soll (F-Klausel oder C-Klausel) wird meist davon abhängen, wer von den Kaufparteien die besseren und günstigeren Konditionen für den Transport offeriert bekommt. Ist der Verkäufer ein großer Exporteur mit entsprechendem Frachtvolumen, wird dieser häufig einen Transportpreis zu besseren Bedingungen bekommen als ein Importeur mit wenigen Transportaufträgen. Denn auch wenn der Verkäufer durch Wahl der Incotermklausel CPT verpflichtet ist den Transport zu organisieren und zu bezahlen, werden diese Kosten in der Kalkulation des Verkaufspreises einfließen und somit letztendlich immer vom Käufer zu tragen sein.

Auch die Art der Verladung der Ware ist meist ein Kriterium für die Wahl der richtigen Incotermklausel. Nicht nur, dass bestimmte Klauseln (FAS, FOB, CFR, CIF) nur für den Seeverkehr zu verwenden sind, sondern auch der Einsatz von Containern grenzt die Auswahl der Klauseln ein. So sollte eine Seefrachtlieferung im Container nie mit einer Seefrachtklausel verladen werden. Der Grund dafür ist, dass bei den Seefrachtklauseln der Übergang des Risikos vom Verkäufer auf den Käufer im Abgangshafen beim (FAS) oder auf dem Schiff (FOB, CFR, CIF) stattfindet. Der Container selbst, wird aber schon im Werk des Verkäufers verladen und üblicherweise versiegelt. Somit kann zum Zeitpunkt des Risikoübergangs (auf dem Schiff) niemand feststellen, ob die Ware bereits beschädigt ist. Bei Ankunft der Ware beim Empfänger, wird im Zuge der Entladung schließlich der Schaden festgestellt.

Nun stellt sich natürlich die Frage ob dieser Schaden noch in den Risikobereich des Verkäufers (Streckenabschnitt Ort des Verkäufers bis zum Schiff im Abgangshafen) oder im Risikobereich des Käufers (Streckenabschnitt Abgangshafen bis Bestimmungsort) liegt. Schwierig wird der Fall insbesondere dann, wenn zwei unterschiedliche Versicherungen das Transportrisiko für den jeweiligen Streckenabschnitt übernommen haben. Dann müsste jener Versicherung, welche in Anspruch genommen werden soll, nachgewiesen werden, dass der Schaden in ihrem Streckenabschnitt eingetreten ist (was naturgemäß aber schwierig ist).

Eine Zahlung wird daher häufig trotz Versicherungsschutzes mangels Zuordenbarkeit des Schadeneintritts verweigert. Die einzig richtige Inoctermklausel für den Containertransport ist daher FCA (Übergabe an den ersten Frachtführer). Hier kann noch festgestellt werden, dass die Ware nicht schadhaft ist und ab diesem Zeitpunkt geht das Risiko auf den Käufer über. Jeder festgestellte Schaden fällt daher in den Risikobereich des Käufers und müsste daher von diesem selbst versichert werden.

Nachstehende Tabelle gibt einen Überblick über die 11 aktuellen Incoterms® Klauseln


LIEFERKLAUSEL

A

E

Transport*

Lieferort
V > K
Gefahren-
übergang
V > K
Kosten-
übergang 
V > K
Transport-
mittel
        
EXW
(ex works)
KKKWerk des
Verkäufers
LieferortLieferortAlle
FCA
(free carrier)
VKKOrt der Übergabe
an den ersten
Frachtführer
LieferortLieferortAlle
CPT
(cost paid to)
VKVOrt der Übergabe
an den ersten
Frachtführer
LieferortBestimmungs-
ort
Alle
CIP
(cost, insurance paid)
VKVOrt der Übergabe
an den ersten
Frachtführer
LieferortBestimmungs-
ort**
Alle
DPU
(delivered at place unloaded)
VKVBestimmungort (entladen)LieferortLieferortAlle
DAP
(delivered at place)
VKVBestimmungsort (unentladen)LieferortLieferort Alle
DDP
(delivered duty paid)
VVVBestimmungsortLieferortLieferortAlle
        
FAS
(free alongside ship)
VKKVerladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen
LieferortLieferortSchiff
FOB
(free on board)
VKKVerladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen
LieferortLieferortSchiff
CFR 
(cost and freight)
VKVVerladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen
LieferortBestimmungs-
hafen
Schiff
CIF
(cost, insurance and freight)
VKVVerladen auf dem
Schiff im Abgangs-
hafen
LieferortBestimmungs-
hafen**
Schiff

* Beförderungsvertrag; ** plus Transportversicherung durch den Verkäufer
A=Ausfuhrzollanmeldung; E=Einfuhrzollanmeldung; V=Verkäufer; K=Käufer