Das Mahnverfahren in Deutschland
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Das Mahnverfahren in Deutschland ist ein zivilgerichtliches Spezialverfahren ohne mündliche Verhandlung, ausführliche Klageschrift und Beweiserhebung. Ziel des Verfahrens ist es, relativ schnell und kostengünstig einen Vollstreckungstitel über eine Geldforderung (keine Wertgrenze) zu erwirken. Dieser wird benötigt um eine Forderung mittels Zwangsvollstreckungsmaßnahmen zu betreiben. Der Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides entspricht einer Klagserhebung. Das Mahnverfahren ist aber billiger als eine normale Klage und es besteht keine Anwaltspflicht.
Das Mahnverfahren ist in erster Linie auf den "faulen Zahler" zugeschnitten, der voraussichtlich gegen den Anspruch keine Einwände vorbringen wird. Nur in diesem Fall ist es ein relativ schnelles und wirksames Mittel gegenüber säumigen Schuldnern. Das Mahnverfahren ist dann nicht der schnellste Weg, einen gerichtlichen Titel für die Zwangsvollstreckung zu erhalten, wenn zu erwarten ist, dass der Schuldner den Mahnbescheid nicht widerspruchslos hinnimmt. Gegenüber den normalen Klageverfahren geht Zeit verloren. Denn sobald der Schuldner gegen den ihm zugestellten Mahnbescheid rechtzeitig Widerspruch einlegt, verwandelt sich das Mahnverfahren in ein normales Zivilprozessverfahren mit eingehend zu begründender Klageschrift und mündlicher Verhandlung.
Voraussetzungen
Im Mahnverfahren können ausschließlich Geldforderungen, die genau bezifferbar sind, geltend gemacht werden. Es ist daher ratsam, vor Beantragung eines Mahnbescheids zu überprüfen, ob die Forderung in klarer übersichtlicher Form in Rechnung gestellt wurde und ob der Schuldner in Verzug gesetzt wurde. Die Beantragung eines Mahnbescheides darf nämlich erst nach Verzugseintritt, nicht bereits bei Fälligkeit der Forderung erfolgen. Dabei ist zwischen Verbrauchern und Unternehmen zu unterscheiden.
Ein Schuldner gerät in Verzug, wenn er z.B. trotz Mahnung keine Zahlung leistet. Mit der Mahnung wird er in Verzug gesetzt. Einer Mahnung bedarf es allerdings nicht, wenn
- für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender in der Rechnung bestimmt ist,
- der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit dafür bestimmt ist, die sich nach dem Kalender berechnen lässt,
- der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert
- oder wenn aus besonderen Gründen mit beiderseitigem Einverständnis der sofortige Eintritt des Verzuges gerechtfertigt ist.
Unternehmen geraten unabhängig davon spätestens mit Ablauf von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung in Verzug. Diese Regelung gilt für Verbraucher nur, wenn auf diesen Umstand in der Rechnung besonders hingewiesen worden ist.
Es ist von besonderer Wichtigkeit, dass die Forderung ordnungsgemäß z.B. durch eine überschaubare Rechnung ausgewiesen wurde. Eine ungenaue Forderungsaufstellung könnte nämlich schon zu einem Widerspruch gegen den Mahnbescheid führen, nur weil der Antragsgegner nicht nachvollziehen kann, welche Beträge für welche Leistungen von ihm verlangt werden.
Mahnbescheid
Beim Antrag auf Erlass eines Mahnbescheides handelt es sich um ein Formular, das mit den nötigen Angaben zu Antragssteller, Antragsgegner, Hauptforderung etc. zu versehen ist. Der Erlass eines Mahnbescheides kann nur mit dem offiziellen Formular beantragt werden. Der Antrag kann zugleich den Antrag auf Durchführung eines Streitverfahrens für den Fall des Widerspruchs durch den Schuldner enthalten. Beide Angaben stehen bereits vorgedruckt im Antragsformular. Das Ausfüllen eines Mahnbescheidantrages ist leider für Nicht-Fachleute nicht einfach. Um dabei entstehende Probleme aus dem Weg zu räumen, gibt es Ausfüllhilfen im Internet.
Web-Tipp: z.B. unter www.mahngerichte.de
Der Antrag wird an das zuständige Mahngericht versandt. Nach der Zivilprozessordnung ist örtlich zuständig das Gericht am Sitz des Antragstellers, nicht des Antragsgegners. Hat der Antragsteller keinen inländischen allgemeinen Gerichtsstand, so ist für das Mahnverfahren das Amtsgericht Berlin ausschließlich örtlich zuständig. Das Mahnverfahren ist nicht möglich, wenn der Aufenthalt des Antragsgegners unbekannt ist.
Web-Tipp: Amtsgericht Berlin Wedding, Zentrales Mahngericht -, Schönstedtstraße 5, 13357 Berlin (Wedding), Tel.-Nr. (0 30) 46 00 10
Das Amtsgericht erlässt den Mahnbescheid und lässt diesen mit Postzustellungsurkunde zustellen. Gibt es Grund zur Beanstandung des Antrags, z.B. aufgrund falscher Angaben der Adressdaten oder unzureichende Bezeichnung der Hauptforderung mittels der vorgegebenen Katalognummern, erhält der Antragsteller ein Monierungsschreiben und erhält die Gelegenheit den Antrag zu korrigieren bzw. zu ergänzen.
Hat der Antragsgegner den erlassenen Mahnbescheid erhalten, steht ihm das Rechtsmittel des Widerspruchs zu, sofern die Forderung unbegründet ist. Die Widerspruchsfrist beträgt zwei Wochen ab Zustellung.
Der Antragsteller erhält sodann eine Widerspruchsnachricht mit dem Hinweis, dass zur Durchführung des streitigen Verfahrens weitere Gerichtskosten zu zahlen sind und erst nach deren Ausgleich Abgabe an das zuständige Gericht erfolgt.
Wurde kein Widerspruch erhoben, muss der Antragssteller innerhalb von sechs Monaten ab Zustellung des Mahnbescheides an den Antragsgegner den Vollstreckungsbescheid beantragt haben, sonst verliert der Mahnbescheid seine Wirkung.
Der Vollstreckungsbescheid
Erhebt der Antragsgegners innerhalb der Widerspruchsfrist keinen Widerspruch, kann der Antragssteller einen Antrag auf Erlass eines Vollstreckungsbescheides stellen. Die Antragstellung erfolgt mittels Formular, welches an das zuständige Mahngericht zurückgesandt wird.
Der Vollstreckungsbescheid wird erlassen und dem Antragsgegner zugestellt. Sodann erhält der Antragsteller eine Ausfertigung des Vollstreckungsbescheides nebst Zustellungsvermerk und verfügt nunmehr über den begehrten vollstreckbaren Titel, aus dem sofort die Zwangsvollstreckung betrieben werden kann.
Gegen den Vollstreckungsbescheid kann der Antragsgegner innerhalb von zwei Wochen ab Zustellung Einspruch einlegen. Ist dies der Fall, wird das streitige Verfahren nach Einzahlung weiterer Gerichtskosten durchgeführt. Der Einspruch wirkt sich jedoch nicht auf die vorläufige Vollstreckbarkeit des Vollstreckungsbescheides aus, so dass eine Zwangsvollstreckung trotz Einspruch möglich ist.
Kosten des Mahnverfahrens
Grundsätzlich sind die Kosten des Mahnverfahrens vom Antragsgegner zu tragen. Sie werden in den Vollstreckungsbescheid aufgenommen und tituliert. Als Verfahrenskosten fallen im Mahnverfahren Gerichtskosten, Auslagen des Antragstellers (gemeint sind alle Kosten, die der Antragsteller für die Beantragung des Mahnbescheids auslegen musste, wie Ausgaben für den Vordruck und das Porto für die Zusendung an das Gericht) und ggf. Gebühren des Prozessbevollmächtigten (Rechtsanwalt), inkl. Auslagen und Mehrwertsteuer an.
Web-Tipp: Im Internet gibt es zahlreiche Webseiten, auf denen die Gerichtskosten vorab ausgerechnet werden können. Z.B. unter www.prozesskostenrechner.de