Eigentumsvorbehalt
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Eigentumsvorbehalt
Ein typisches Sicherungsinstrument ist der Eigentumsvorbehalt, mit dem sich der Verkäufer das Eigentum an der Ware bis zur vollständigen Bezahlung durch den Käufer vorbehält. Ob eine solche Vertragsbestimmung Sinn macht, hängt sehr stark von der Art der Ware (handelt es sich z.B. um verbrauchbare Waren usw.) und dem Inhalt des Geschäftes ab.
Bei internationalen Geschäftsabschlüssen muss beachtet werden, dass nicht alle Rechtsordnungen die in Österreich bekannte Form des Eigentumsvorbehalts kennen. Durch die Richtlinie zur Bekämpfung des Zahlungsverzugs im Geschäftsverkehr (RL 2000/35/EG) wurde versucht, eine erste Mindestharmonisierung zu erreichen. Die Unterschiedlichkeit der nationalen Rechtsordnungen verhinderte jedoch eine gänzliche Harmonisierung.
Bei der praktischen Betrachtung spielen daher die unterschiedlichen Regelungen in den Mitgliedsstaaten eine wichtige Rolle, umso mehr, da aus kollisionsrechtlicher Sicht hinsichtlich Eigentumsvorbehalt der Grundsatz der „lex rei sitae“* gilt. Dieser Grundsatz besagt, dass für die Beurteilung des Eigentumsvorbehalts – unabhängig von einer etwaigen Rechtswahl – immer das Recht jenes Landes anzuwenden ist, in dem sich die Vorbehaltsware befindet. Es ist daher unbedingt notwendig, sich vor Vereinbarung von Eigentumsvorbehalten mit den nationalen Bestimmungen und Eigenheiten des Käuferlandes vertraut zu machen, da sich die Ware in den meisten Fällen bereits im Käuferland befinden wird.
*Achtung: „Lex rei sitae“ bedeutet, dass bei Rechtsstreitigkeiten das Recht jenes Landes anzuwenden ist, in dem sich die Vorbehaltsware befindet!
Der Eigentumsvorbehalt in Italien
Im italienischen Recht kann der Eigentumsvorbehalt formlos zwischen den Vertragsparteien begründet werden. Die Sicherung durch Eigentumsvorbehalt an einer gelieferten Ware ist in Italien jedoch nicht so weit verbreitet wie in Österreich, da die Sicherungswirkung weitaus schwächer und überdies umständlich zu erlangen ist. Der so genannte „erweiterte Eigentumsvorbehalt“ (das vorbehaltene Eigentum soll nicht nur die Forderung auf Zahlung des Kaufpreises für diese Ware, sondern auch andere Forderungen absichern) wird in Italien – wie auch in Österreich - nicht anerkannt.
Die Eigentumsvorbehaltsklausel muss spätestens gleichzeitig mit dem Verkauf vereinbart werden, da nach italienischem Recht das Eigentum nicht, wie etwa in Österreich, erst bei der Übergabe, sondern bereits bei Vertragsabschluss übergeht. Die Eigentumsvorbehaltsklausel kann jedoch in einem getrennten Dokument enthalten sein.
Gegenüber Dritten (d.h. anderen Gläubigern des Käufers) ist der Eigentumsvorbehalt nur dann wirksam, wenn die Klausel über ein „sicheres Datum“ (data certa) verfügt und dieses Datum zeitlich vor eventuellen Pfändungen oder der Konkurseröffnung liegt. Die Sicherung des Datums erlangt man durch Registrierung des Kaufvertrages (teuer), durch gerichtliche bzw. notarielle Beglaubigung oder indem man die Anbringung eines Poststempels auf der Rückseite des Dokumentes erlangt.
Achtung: Dies kann im Einzelnen besondere Probleme aufwerfen, wenn z.B. das zu versendende Dokument, auf dem oben die Unterschriften beider Vertragspartner aufgebracht sein müssen, aus mehreren Seiten besteht; außerdem ist ungeklärt, ob auch ein ausländischer, d.h. nicht-italienischer Poststempel ausreicht!
Eigentumsvorbehalte auf Maschinen (auch kleineren, etwa Bohrmaschinen - der Kaufpreis muss lediglich über EUR 15,49 liegen) können in einem Register bei der Geschäftsstelle des örtlich zuständigen Gerichtes eingetragen werden. Für Schiffe, Flug- und Kraftfahrzeuge bestehen eigene Register. Die dadurch erlangte Publizitätswirkung bietet Schutz gegenüber einem gutgläubigen Erwerb Dritter. Zu beachten ist jedoch, dass dieser Schutz nur für jenen Gerichtssprengel gültig ist, in dem die Eintragung erfolgt ist. Wird die Maschine in einen anderen Gerichtssprengel verbracht, muss dort eine neuerliche Eintragung veranlasst werden, um den Schutz auch dort aufrecht zu erhalten. Übersteigt der Verkaufswert der Maschine EUR 36.336,42 muss außerdem eine Plakette an der Maschine sichtbar angebracht werden, die darauf hinweist, dass diese unter Eigentumsvorbehalt steht.
Achtung: In der Praxis ist der Eigentumsvorbehalt in Italien durch Registrierung der Sache eher unüblich und wird kaum durchgeführt.
Der Eigentumsvorbehalt in Deutschland
Der deutsche Eigentumsvorbehalt ist in § 449 des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuches (kurz BGB) geregelt. Hat sich der Verkäufer einer beweglichen Sache das Eigentum bis zur Zahlung des Kaufpreises vorbehalten, so ist im Zweifel anzunehmen, dass das Eigentum unter der aufschiebenden Bedingung vollständiger Zahlung des Kaufpreises übertragen wird. Der Eigentumsvorbehalt gilt nur beim Kauf beweglicher Sachen. Er dient der Sicherung der Forderung, falls der Kaufpreis nicht im Voraus oder Zug um Zug gegen Übergabe der gekauften Sache übergeben wird.
Ist ein Eigentumsvorbehalt vereinbart, so behält der Verkäufer solange das Eigentum an der verkauften Ware, bis der Kaufpreis vollständig bezahlt wird. Trotz Übergabe der Ware bleibt der Verkäufer also zunächst Eigentümer der Ware. Es bedarf keiner weiteren Willenserklärung. Mit Zahlung des Kaufpreises erlischt der Eigentumsvorbehalt und der Käufer erwirbt das Eigentum an der Ware. Die Beweislast für den Eigentumsvorbehalt trägt derjenige, der sich auf ihn beruft, in der Regel also der Verkäufer.
Eigentumsvorbehalte können in den AGBs vereinbart werden, dies ist auch der Regelfall. Die AGB müssen dem Käufer zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses zur Kenntnis gebracht und wirksam in den Vertrag einbezogen werden. Da im deutschen Recht eine Trennung von Schuldrecht und Sachenrecht vorliegt, bewirkt der Eigentumsvorbehalt Folgendes: Schuldrechtlich wird die Ware unter der Bedingung der vollständigen Zahlung verkauft. Der Kaufvertrag ist erst erfüllt, wenn der Käufer den Kaufpreis vollständig bezahlt und dadurch Eigentümer wird. Sachenrechtlich erlangt der Käufer ein Anwartschaftsrecht auf die Ware. Erst mit der Bezahlung wird der Käufer zum Volleigentümer. Bis dahin ist der Verkäufer Eigentümer und kann die Herausgabe der Ware an sich als mittelbarer Besitzer verlangen, da der Käufer bis zur vollständigen Bezahlung Fremdbesitzer bleibt.
In Deutschland gibt es den Eigentumsvorbehalt als einfachen, erweiterten und verlängerten Eigentumsvorbehalt.
Der einfache Eigentumsvorbehalt sichert dem Verkäufer das Eigentum an der Kaufsache zur Sicherung einer Forderung. Dies ist in der Regel die Kaufpreisforderung. Der Eigentumsvorbehalt erlischt
- bei vollständiger Kaufpreiszahlung.
- bei gutgläubigem Eigentumserwerb durch einen Dritten. Der Käufer muss dazu die Ware weiterverkaufen, der Dritte darf von dem Eigentumsvorbehalt des Verkäufers keine Kenntnis haben.
- bei Verzicht auf Eigentumsvorbehalt durch Verkäufer bei Vermischung, Verbindung und Verarbeitung der Ware. Ebenso, wenn diese untergeht;
Der verlängerte Eigentumsvorbehalt erstreckt sich auch auf die Fälle der Weiterverarbeitung und Weiterveräußerung. Wird die Ware vom Käufer an einen Dritten weiterverkauft oder verarbeitet, so tritt an die Stelle des Eigentumsvorbehalts die neue Sache (bei Verarbeitung, Vermischung, Verbindung) oder die neue Forderung (Weiterverkauf an einen Dritten).
Der erweiterte Eigentumsvorbehalt bezieht sich nicht nur auf die konkrete Kaufpreisforderung, sondern auf sämtliche Forderungen, die der Verkäufer aus der Geschäftsbeziehung mit dem Käufer geltend machen kann. Der Eigentumsvorbehalt erlischt nicht mit der Zahlung einer Ware, sondern erst, wenn alle oder bestimmte Forderungen aus der Geschäftsbeziehung beglichen worden sind. Im Bereich B2B (Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen) ist diese Vereinbarung zulässig, im Beriech B2C (Geschäftsbeziehungen zwischen Unternehmen und Konsumenten) nicht.
Der Eigentumsvorbehalt ist insolvenzfest. Das bedeutet, dass der Verkäufer als Eigentümer der Ware ein Aussonderungsrecht gegen die Insolvenzmasse hat. Er kann die Vorbehaltsware aus der Insolvenzmasse herausnehmen, bevor andere Gläubiger auf diese zugreifen können.
Tipp: Formulierungsbeispiel Eigentumsvorbehalt
(aus Vertragsgestaltung im Auslandsgeschäft, Graf von Bernstorff, 2007)
Der Kaufgegenstand bzw. die Ware bleibt bis zur vollständigen Bezahlung des Kaufpreises und aller damit verbundenen Kosten und Spesen in unserem Eigentum. Im Fall des auch nur teilweisen Zahlungsverzuges sind wir berechtigt, die Ware auch ohne Zustimmung des Käufers abzuholen.
Tipp: Formulierungsbeispiel Eigentumsvorbehalt in Deutschland
(aus Vertragsgestaltung im Auslandsgeschäft, Graf von Bernstorff, 2007)
Ungeachtet der Lieferung und des Gefahrübergangs oder anderer Bestimmungen dieser Lieferbedingungen, soll das Eigentum an den Waren nicht auf den Käufer übergehen, solange nicht der gesamte Kaufpreis gezahlt worden ist. Der Verkäufer hat das Recht, die Ware zurückzufordern, anderweitig zu veräußern oder sonst wie darüber zu verfügen, solange der Kaufpreis nicht vollständig bezahlt ist. Solange die Ware nicht vollständig bezahlt ist, muss der Käufer die Ware treuhänderisch für den Verkäufer halten und die Ware getrennt von seinem Eigentum und dem Dritter aufbewahren sowie das Vorbehaltsgut ordnungsgemäß lagern, sichern und versichern sowie als Eigentum des Verkäufers kennzeichnen. Bis zur vollständigen Bezahlung darf der Käufer die Ware im gewöhnlichen Geschäftsbetrieb nutzen oder weiterveräußern, doch muss er jegliches Entgelt (einschließlich etwaiger Versicherungszahlungen) für den Verkäufer halten und die Gelder getrennt von seinem Vermögen und demjenigen Dritter halten. Sind die Waren weiterverarbeitet und ist die Weiterverarbeitung auch mit Teilen, an denen der Vorbehaltsverkäufer kein Eigentum hat, erfolgt, so erwirbt der Vorbehaltsverkäufer entsprechendes Teileigentum. Dasselbe soll gelten für den Fall der Vermischung von Gütern des Verkäufers mit denjenigen anderer. Bei Pfändungen oder sonstigen Eingriffen Dritter hat der Käufer den Verkäufer unverzüglich zu benachrichtigen, damit der Verkäufer Klage erheben kann. Soweit der Käufer dieser Aufgabe nicht nachkommt, haftet er für den entstandenen Schaden. Der Verkäufer verpflichtet sich, die ihm zustehenden Sicherheiten auf Verlangen des Käufers insoweit freizugeben, als der realisierbare Wert der Sicherheiten die dem Verkäufer zustehenden Forderungen übersteigt. Die Auswahl der freizugebenden Sicherheiten trifft der Verkäufer.