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Europarechtliche Grundlagen

Lesedauer: 2 Minuten

19.03.2024

Allgemeines

Nicht nur die Handlungsformen (= Rechtsakte) der Europäischen Union unterscheiden sich von jenen in den Mitgliedsstaaten, sondern auch die Terminologie. Es ist für das Verständnis der nachfolgenden Ausführungen daher wichtig, einen sehr kurzen Einblick in europarechtliche Grundlagen zu geben.

Die Rechtsquellen des Europarechts sind einerseits das Primärrecht (vergleichbar in Österreich mit dem Verfassungsrecht) und andererseits das Sekundärrecht, das aufgrund des Primärrechts erlassen wird.

Die Formen des Sekundärrechts, in denen die Europäische Union handeln kann, werden in Art. 288 AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) aufgezählt:

  • Verordnung
  • Richtlinie
  • Beschlüsse
  • Empfehlung
  • Stellungnahme

Es handelt sich bei den angegebenen Handlungsformen um eigenständige, europarechtliche Regelungen, die vom europäischen Gesetzgeber (meist das Europäische Parlament zusammen mit dem Rat) ohne Bezug zu nationalen Rechtsordnungen getroffen werden.

Besonders beachtenswert ist, dass europäische Regeln in der Anwendung den Österreichischen vorgehen. Mit anderen Worten, gibt es für einen Sachverhalt eine österreichische Regelung und eine anderslautende europäische Regelung, so geht die Europäische vor!

Verordnung

Verordnungen sind Rechtsakte der Europäischen Union die vom europäischen Gesetzgeber (dies kann in verschiedensten Zusammensetzung geschehen – Verordnungen des Rates, Verordnungen des Europäischen Parlaments und des Rates, Verordnungen der Kommission) beschlossen und im Amtsblatt der Europäischen Union veröffentlicht werden. Mit der Veröffentlichung im Amtsblatt sind die Verordnungen grundsätzlich rechtswirksam. Sehr häufig treten Verordnungen jedoch erst zu einem späteren – in der Verordnung definierten – Zeitpunkt in Kraft. 

Die Besonderheit einer Verordnung besteht darin, dass sie unmittelbar in jedem Mitgliedsstaat anwendbar ist. Die einzelnen Mitgliedsstaaten müssen die Verordnungen daher nicht mehr in nationales Recht umwandeln. Eine Verordnung kann sich an die Europäische Union selbst, an Mitgliedsstaaten oder auch an Bürger oder Unternehmen richten. Sie ist in allen Teilen verbindlich und genießt – wie schon oben erwähnt –  Anwendungsvorrang gegenüber dem nationalen Recht.

Richtlinie

Die Richtlinie ist neben der Verordnung der wichtigste Rechtsakt der EU. Sie versucht, die Verbindung zwischen der Einheitlichkeit des EU-Rechts und Wahrung der nationalen Eigenarten herzustellen. Vorrangiges Ziel der Richtlinie ist deshalb nicht die Rechtsvereinheitlichung, sondern die Rechtsangleichung in den Mitgliedsstaaten. Die Richtlinie ist für die Mitgliedsstaaten nur hinsichtlich des zu erreichenden Ziels verbindlich. Sie überlässt den nationalen  Gesetzgebern – unter Vorgabe einer bestimmten Frist - jedoch die Wahl der Form und Mittel hinsichtlich der nationalen Umsetzung. Die Mitgliedsstaaten sind verpflichtet, ihr nationales Recht an die Richtlinienbestimmungen anzupassen.

Aus Richtlinien können daher im Regelfall auch keine direkten Rechte und Pflichten für und gegen Unionsbürger bzw. Unternehmen abgeleitet werden.

Beschlüsse

Beschlüsse sind Rechtsakte mit individueller Geltung, die unmittelbar auf die Verhältnisse einzelner Bürger, Unternehmen oder Mitgliedsstaaten einwirken. Sie dienen Unionsorganen dazu, Verwaltungsakte verbindlich festlegen zu können (vergleichbar in Österreich mit Bescheiden von Verwaltungsorganen). Der Adressat eines Beschlusses muss individuell bezeichnet sein und wird durch den Rechtsakt auch nur individuell gebunden. Ein Beschluss ist in allen Teilen rechtsverbindlich und unmittelbar anwendbar.

Empfehlung, Stellungnahme

Empfehlungen und Stellungnahmen sind unverbindliche Handlungsformen der Unionsorgane, die dazu dienen, sich gegenüber Mitgliedsstaaten oder Unionsbürgern zu äußern. 

Web-Tipp:
Alle europäischen Rechtsakte findet man im Internet hier.
Überblick über die EU-Gesetzgebung