
Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung
Verfahrensüberblick
Lesedauer: 4 Minuten
Inhaltsverzeichnis
Allgemeines
Bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung wird, nachdem einer unbeschränkten Anzahl von Unternehmern die beabsichtigte Vergabe eines Auftrages bekannt gemacht wurde, und nach Einholung von einem oder mehreren Angeboten, eine Leistung formfrei von einem ausgewählten geeigneten Unternehmer gegen Entgelt bezogen.
Mit der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung wird ein Verfahren zur Verfügung gestellt, das die Vorteile einer möglichst formfreien Vergabe mit der – unter Umständen auch schon bei wertmäßig kleinen Aufträgen – unionsrechtlich gebotenen Transparenz verbindet. Die genauen Regelungen für dieses Verfahren enthält § 47 BVergG.
Eine Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ist ausschließlich zulässig, wenn der geschätzte Auftragswert bei Liefer- und Dienstleistungen 130.000 Euro netto und bei Bauaufträgen 500.000 Euro netto nicht erreicht.
Grundsätzlich ist das Verfahren der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung frei gestaltbar. Es handelt sich um eine „Direktvergabe“, die zwar mit Transparenzvorschriften angereichert ist, aber dennoch ein weitgehend formfreies Verfahren für kleine bis mittelgroße Aufträge darstellen soll. Es liegt daher im Ermessen des Auftraggebers, das Verfahren einstufig oder zweistufig zu gestalten, mit den Bietern zu verhandeln oder auch im Laufe des Verfahrens die Anzahl der Bieter zu reduzieren.
Eingeschränkt wird dieses Ermessen des Auftraggebers durch die Verpflichtung, wonach der Auftraggeber bereits zu Beginn festlegen muss, nach welchen Kriterien er den oder die Unternehmer auswählt von dem oder denen er ein Angebot einholt und nach welchem Kriterium oder welchen Kriterien er das erfolgreiche Angebot bestimmt. Diese Festlegung ist den interessierten Unternehmern vorab bekannt zu geben (diese Kriterien bilden einen notwendigen Teil jener Informationen, die vom Auftraggeber zur Verfügung zu stellen sind und deren Fundort er bekannt geben muss).
Rechtsschutz
Wie auch für die „klassische“ Direktvergabe gilt auch für die Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ein eingeschränkter Rechtsschutz. Gesondert anfechtbare Entscheidungen (und damit einem Nachprüfungsverfahren zugänglich) sind lediglich die Wahl des Vergabeverfahrens und die Bekanntmachung. Es ist insbesondere keine Bekanntgabe einer Zuschlagsentscheidung vorgesehen. Der Zuschlag kann daher nur ex post mittels Feststellungsantrag überprüft werden.
Bekanntmachung
Der öffentliche Auftraggeber hat die beabsichtigte Vergabe eines Auftrags mittels Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung nach den Bestimmungen des BVergG bekannt zu machen.
Kriterien
Der Auftraggeber hat objektive, nicht diskriminierende und mit dem Auftragsgegenstand zusammenhängende Kriterien festzulegen, anhand derer die allenfalls vorgesehene Auswahl des Unternehmers bzw. der Unternehmer erfolgt, von dem bzw. denen Angebote eingeholt werden, und anhand derer das erfolgreiche Angebot bestimmt wird.
In den einschlägigen Bestimmungen wird bei der Direktvergabe mit Bekanntmachung bewusst auf die Verwendung der Begriffe „Auswahlkriterien“ und „Zuschlagskriterien“ verzichtet, da die diesbezüglichen Regelungen des BVergG sowie die strikte Trennung zwischen unternehmerbezogenen und angebotsbezogenen Kriterien bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung nicht anwendbar sind. Der Auftraggeber ist daher bei der Festlegung der genannten Kriterien weitgehend frei und nur an die Grundsätze des Vergabeverfahrens und die Verpflichtung der Auftragsbezogenheit gebunden. Letzteres bedeutet, dass der Auftraggeber nur Kriterien heranziehen darf, die einen Konnex zum Auftragsgegenstand aufweisen. Dies bezieht sich sowohl auf unternehmerbezogene als auch angebotsbezogene Anforderungen.
Verfahrensablauf
Der Auftraggeber kann das Verfahren seinen Bedürfnissen entsprechend ein- oder zweistufig gestalten. Er kann etwa in der Bekanntmachung bzw. den Ausschreibungsunterlagen sofort Angebote verlangen und dem billigsten/besten den Zuschlag erteilen (allenfalls nach weiteren Verhandlungen); er kann aber auch zunächst einen oder mehrere Unternehmer (etwa auf Grund von Referenzen oder etwa auch „die ersten fünf“) auswählen und erst in einem zweiten Schritt Angebote einholen.
Abweichend vom sonstigen System des Gesetzes bzgl. Auswahl- und Zuschlagskriterien können bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung auch schon bei der Selektion der Unternehmer angebotsbezogene Kriterien (z.B. der Preis) herangezogen werden. Der Auftraggeber kann beispielsweise festlegen, dass die interessierten Unternehmer gleich in einem ersten Schritt Angebote legen sollen, um mit den Bietern der drei besten/billigsten Angebote zu verhandeln und in einem weiteren Schritt das beste/billigste Angebot auszuwählen. Der Auftraggeber kann die Anzahl der auszuwählenden Unternehmer dabei auch mit einer Maximalzahl festlegen.
Zuschlagserteilung
Der Auftraggeber hat den am Verfahren beteiligten Unternehmern mitzuteilen, wem zu welchem Gesamtpreis der Zuschlag erteilt wurde. Beim Gesamtpreis handelt es sich um die Auftragssumme ohne Umsatzsteuer.
Es sollen dabei jene Unternehmer vom Ausgang des Verfahrens informiert werden, die sich ernsthaft um den Auftrag bemüht haben.
Das sind jene Unternehmer, die sich auf Grund der Bekanntmachung – im Einklang mit den Angaben in der Bekanntmachung und dem vom Auftraggeber festgelegten Verfahrensablauf – beworben haben und/oder ein Angebot gelegt haben. Unternehmer, die lediglich Informationen über den Leistungsgegenstand oder den Verfahrensablauf angefordert oder heruntergeladen und keine weiteren Schritte gesetzt haben, sind jedenfalls nicht von der Mitteilungspflicht des Auftraggebers umfasst.
Eignungsprüfung
Die Leistung darf auch bei der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung nur von einem befugten, leistungsfähigen und zuverlässigen Unternehmer bezogen werden.
Über die Art und Weise der Eignungsprüfung entscheidet allein der Auftraggeber (daher entscheidet auch er über die Frage, ob eine Abfrage wegen Verletzung des AuslBG erfolgt oder nicht). Wenn keine Anhaltspunkte bestehen, die auf das Nichtvorliegen der Eignung schließen lassen, kann – wie auch bei der (klassischen) Direktvergabe – etwa der äußere Anschein eines befugten Gewerbebetriebes für die Annahme des Vorliegens der Eignung hinreichend sein.
Die Eignung des erfolgreichen Bieters muss spätestens zum Zeitpunkt des Zuschlags vorliegen.
An Unternehmer, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet oder mangels kein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder die sich in Liquidation befinden oder ihre gewerbliche Tätigkeit einstellen, können jedoch Aufträge im Wege der Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung vergeben werden, wenn ihre Leistungsfähigkeit dazu hinreicht.
Widerruf
Der Auftraggeber kann das Verfahren jederzeit widerrufen, wenn sachliche Gründe dafür bestehen.
Der Widerruf einer Direktvergabe mit vorheriger Bekanntmachung ist einstufig gestaltet, d.h. es ist keine Bekanntgabe der Widerrufsentscheidung vorgesehen. Die Erklärung des Widerrufs ist jedoch den Unternehmern mitzuteilen, die sich um eine Teilnahme am Verfahren beworben oder ein Angebot gelegt haben.
Dokumentationsverpflichtungen
Der Auftraggeber hat alle wesentlichen Festlegungen und Vorgänge im Vergabeverfahren (wie etwa Festlegungen für den Verfahrensablauf, die Anwendung des Auswahlmechanismus, der wesentliche Inhalt der eingelangten Angebote oder die Gründe für die Auswahl des erfolgreichen Angebots), den Gegenstand und Wert des vergebenen Auftrags sowie den Namen des Auftragnehmers zu dokumentieren. Für die Niederschrift reicht ein kurzes Festhalten der wesentlichen Inhalte. Sofern der Dokumentationsaufwand wirtschaftlich vertretbar ist, ist auch die Prüfung der Preisangemessenheit zu dokumentieren.
Stand: 10.03.2025