Direktvergabe und Verhandlungsverfahren - FAQs
Antworten auf die wichtigsten Fragen
Lesedauer: 4 Minuten
1. Wann liegt eine Direktvergabe vor?
Bei der Direktvergabe wird eine Leistung, ggf. nach Einholung von Angeboten oder unverbindlichen Preisauskünften von einem oder mehreren Unternehmern, formfrei von einem ausgewählten geeigneten Unternehmer gegen Entgelt bezogen.
Diese Verfahrensart darf jedoch grundsätzlich nur bei kleineren Aufträgen gewählt werden: Der geschätzte Auftragswert darf (ohne Umsatzsteuer) sowohl bei Liefer-, Bau- und Dienstleistungsaufträgen gemäß § 46 Abs 2 BVergG nicht mehr als 100.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung 31.12.2025) betragen.
2. Was ist bei der Direktvergabe zu beachten?
Die bei der Durchführung einer Direktvergabe gegebenenfalls eingeholten Angebote oder unverbindlichen Preisauskünfte sind entsprechend zu dokumentieren.
Die Befugnis, Leistungsfähigkeit und Zuverlässigkeit des erfolgreichen Bieters muss spätestens zum Zeitpunkt des Zuschlages vorliegen. An Unternehmer, über deren Vermögen ein Insolvenzverfahren eröffnet wurde oder die sich in Liquidation befinden oder ihre gewerbliche Tätigkeit einstellen, können jedoch Aufträge im Wege der Direktvergabe vergeben werden, wenn ihre Leistungsfähigkeit dazu hinreicht.
3. Welche Möglichkeiten bestehen im Falle einer unzulässig erfolgten Direktvergabe?
Gemäß § 312 Abs 3 Z 3 ist die jeweils zuständige Vergabekontrollbehörde (Bundes- bzw. Landesverwaltungsgericht) zur Feststellung zuständig, ob ein Vergabeverfahren rechtswidriger Weise ohne vorherige Bekanntmachung bzw. ohne vorherigen Aufruf zum Wettbewerb durchgeführt wurde.
4. Wann kann im Unterschwellenbereich ein Verhandlungsverfahren gewählt werden?
Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung:
Ein Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung kann durchgeführt werden:
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 221.000 EUR
- bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 5,538.000 EUR
Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung:
Gemäß § 44 Abs 2 kann ein Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellenbereich durchgeführt werden:
- bei Liefer- und Dienstleistungsaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung bis 31.12.2025)
- bei Bauaufträgen bis zu einem geschätzten Auftragswert von 100.000 EUR (laut Schwellenwerteverordnung bis 31.12.2025)
- wenn aufgrund einer besonders günstigen Gelegenheit, die sich für einen sehr kurzen Zeitraum ergeben hat, Waren oder Dienstleistungen von einem Unternehmer zu einem Preis beschafft werden können, der erheblich unter den marktüblichen Preisen liegt.
5. Wann kann ein Verhandlungsverfahren mit nur 1 Unternehmer durchgeführt werden?
Auftraggeber können Aufträge über geistige Dienstleistungen in einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung mit nur einem Unternehmer vergeben, sofern
- die Durchführung eines wirtschaftlichen Wettbewerbes auf Grund der Kosten des Beschaffungsvorganges für den Auftraggeber wirtschaftlich nicht vertretbar ist und
- der geschätzte Auftragswert 50% des jeweiligen Schwellenwertes (Schwellenwert bis 31.12.2022: 221.000 EUR = 110.500 EUR) nicht erreicht.
6. Wie viele Teilnehmer sind bei einem Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung vom Auftraggeber einzuladen?
Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung darf die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer, sofern nicht die Leistung nur von einem bestimmten Unternehmer erbracht werden kann oder äußerst dringliche, zwingende Gründe vorliegen, bei Existenz einer hinreichenden Anzahl von geeigneten Unternehmern nicht unter drei liegen. Die festgelegte Anzahl muss einen echten Wettbewerb gewährleisten und hat den besonderen Erfordernissen der zur Ausführung gelangenden Leistung Rechnung zu tragen.
Beim Verhandlungsverfahren ohne vorherige Bekanntmachung im Unterschwellenbereich darf die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer auch aus anderen sachlichen Gründen unter drei liegen; die Gründe für diese Unterschreitung sind vom öffentlichen Auftraggeber festzuhalten.
7. Wie viele Teilnehmer sind bei einem Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung vom Auftraggeber einzuladen?
Die Anzahl der aufzufordernden Unternehmer ist entsprechend der Leistung festzulegen und darf nicht unter drei liegen. Die festgelegte Anzahl muss einen echten Wettbewerb gewährleisten und ist in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung anzugeben.
Bei Verhandlungsverfahren mit vorheriger Bekanntmachung im Unterschwellenbereich ist eine Unterschreitung aus sachlichen Gründen zulässig. Die Gründe für diese Unterschreitung sind vom öffentlichen Auftraggeber festzuhalten.
8. Wie ist der Ablauf eines Verhandlungsverfahrens?
Im Verhandlungsverfahren hat der öffentliche Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen den Auftragsgegenstand anzugeben, indem er seine Bedürfnisse und die erforderlichen Eigenschaften der zu erbringenden Leistung beschreibt und die Zuschlagskriterien spezifiziert. Der öffentliche Auftraggeber hat anzugeben, welche Elemente der Leistungsbeschreibung die von allen Angeboten einzuhaltenden Mindestanforderungen darstellen. Die Ausschreibungsunterlagen müssen so präzise sein, dass ein Unternehmer Art und Umfang der zu erbringenden Leistung erkennen und entscheiden kann, ob er einen Teilnahmeantrag stellt.
Jeder Unternehmer, der vom öffentlichen Auftraggeber zur Angebotsabgabe aufgefordert wurde, kann ein Erstangebot abgeben, das die Grundlage für die späteren Verhandlungen darstellt. Der öffentliche Auftraggeber hat mit dem betreffenden Bieter über das von ihm abgegebene Erstangebot und alle Folgeangebote, mit Ausnahme des endgültigen Angebotes zu verhandeln. Die in den Ausschreibungsunterlagen vom öffentlichen Auftraggeber festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien dürfen nicht Gegenstand von Verhandlungen sein.
Abweichend davon kann der öffentliche Auftraggeber den Auftrag auf der Grundlage des Erstangebotes vergeben, ohne in Verhandlungen einzutreten, wenn er in der Bekanntmachung oder in der Aufforderung zur Interessensbestätigung angegeben hat, dass er sich diese Möglichkeit vorbehält.
Der öffentliche Auftraggeber hat sicherzustellen, dass alle Bieter bei den Verhandlungen gleich behandelt werden. Er darf Informationen nicht in diskriminierender Weise weitergeben, sodass bestimmte Bieter gegenüber anderen Bietern begünstigt werden können. Der öffentliche Auftraggeber darf vertrauliche Informationen eines Bewerbers oder Bieters nicht ohne dessen Zustimmung an die anderen Unternehmer weitergeben. Diese Zustimmung darf nicht allgemein, sondern nur in Bezug auf die beabsichtigte Mitteilung bestimmter Informationen erteilt werden.
Der öffentliche Auftraggeber hat alle verbliebenen Bieter über etwaige Änderungen der Ausschreibungsunterlagen zu informieren. Er hat den Bietern im Anschluss an solche Änderungen ausreichend Zeit zu gewähren, ihre Angebote gegebenenfalls zu ändern. Die in der Ausschreibung festgelegten Mindestanforderungen und Zuschlagskriterien dürfen während des Verhandlungsverfahrens nicht geändert werden.
9. Wie kann ein Verhandlungsverfahren mit mehreren Bietern durchgeführt werden?
Bei der Durchführung von Verhandlungsverfahren im Unterschwellenbereich kann sich der öffentliche Auftraggeber in den Ausschreibungsunterlagen vorbehalten, dass er im Fall der Abgabe von vollständig ausgearbeiteten und vergleichbaren Angeboten Verhandlungen nur mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes führt und er mit den übrigen Bietern Verhandlungen nur dann führt, wenn die Verhandlungen mit dem Bieter des bestgereihten Angebotes nicht erfolgreich abgeschlossen werden.
Stand: 01.01.2024