E-Control-Chef Urbantschitsch gestikuliert
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E-Control-Vorstand Wolfgang Urbantschitsch: „Da wurden teils Mondpreise verlangt“

Wolfgang Urbantschitsch, Vorstand der Regulierungsbehörde E-Control, über verzögerte Weitergaben von Preissenkungen, „Abzocke“ und russisches Gas.

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Aktualisiert am 05.08.2023

Sie haben zuletzt die Intransparenz am heimischen Energiemarkt angeprangert. Was sind die Hauptkritikpunkte?

Wolfgang Urbantschitsch: Wir haben zusammen mit der Bundeswettbewerbsbehörde die Entwicklung am Strom- und Gasmarkt im Vorjahr und heuer analysiert. Dabei sind wir auf die angesprochene Intransparenz gestoßen. Es geht um Rabatte und freie Tage. Fallen die weg, ist man wieder auf dem ursprünglichen Niveau. Auch mussten Haushaltskunden, deren alte Verträge ausgelaufen waren oder gekündigt wurden, vielfach neue unterschreiben, die deutlich teurer waren. In vielen Fällen ist es dabei zu einer für die Kunden willkürlich anmutenden Ungleichbehandlung gekommen.

Gab es Preiserhöhungen?

Bestandstarife bei Strom und Gas für Haushaltskunden wurden weitgehend im Rahmen der Großhandelspreise angehoben – was ok ist.  Teilweise lagen sie sogar unter dem Großhandelspreis. War man im vergangenen Winter allerdings gezwungen, sich einen neuen Lieferanten zu suchen, fiel man vielfach in äußerst hohe Preiskategorien. Da wurden bei Neukunden teilweise „Mondpreise“ verlangt.

Warum?

Ich habe drei Erklärungsmöglichkeiten: Entweder es handelt sich um eine klassische „Abzocke“ oder es ist ein „Wir wollen keine Neukunden“-Signal oder es geht um eine Quersubventionierung der günstigen Bestandskundentarife.

Die Energiewirtschaft wehrt sich gegen diese Sündenbock-Zuschreibung und verweist auf das Beschaffungsmodell, bei dem durch Einkäufe weit im Voraus etwaige spätere Preissenkungen erst zeitverzögert an den Endkunden weitergegeben werden können. Ist das kein belastbares Argument?

Es ist belastbar. Beschaffungskosten als Aufschlag zu verrechnen, ist legitim. Die Frage ist aber, in welchem Ausmaß und wie lange es dauert, bis die Preissenkungen weitergegeben werden. Die Anpassung der Neukundenpreise als Folge der Großhandelspreissenkungen erfolgte bei Strom im Vergleich zu Gas zeitverzögert. Die Preise sind schon zum Jahreswechsel gesunken, es hat aber bis zum ersten Quartal gedauert, bis sie bei den Kunden ankamen.

Sind davon nur Haushaltskunden oder auch Großkunden betroffen? Was raten Sie ihnen?

Zumindest Kleingewerbekunden trifft das gleiche Schicksal. Ich empfehle, die Preise zu vergleichen und eventuell nachzuverhandeln. Gewerbekunden, die derzeit mehr als 20 Cent für eine Kilowattstunde Gas zahlen, würde ich sagen: Raus aus dem Vertrag!

Lieferanten haben ihre Preise teilweise an den Gaspreis- oder Strompreisindex gebunden. Ist das sinnvoll?

Wo eine Indexbindung verwendet wurde, könnte das zu überdurchschnittlichen Steigerungen bei Lieferantenmargen geführt haben. Meistens wurde nämlich auch die Marge an den Index gebunden. Klare gesetzliche Vorgaben, die das Prozedere für Preisänderungen bei Energielieferverträgen vorgeben, könnten hier Klarheit schaffen.

Haben die höheren Preise den Verbrauch gesenkt?

Es sind durchaus Einsparungen feststellbar. Zum einen aufgrund der höheren Preise, zum anderen, weil Maßnahmen zur Energieeffizienz getroffen wurden, oder teilweise auch, weil es Produktionsrückgänge gegeben hat. Die Großindustrie hat zudem das Gas teilweise durch andere Quellen substituiert. Dazu kommt, dass es einen relativ warmen Winter gegeben hat, was den Bedarf gesenkt hat. 

Im Zuge der Ukraine-Krise rückten die Bevorratung von Gas und der Pegelstand in den Gasspeichern plötzlich in den Fokus. Wie sieht es derzeit aus?

Wir halten aktuell bei einem Speicherstand von 85 Prozent. Unter der Voraussetzung, dass alles so weiterfließt, kann man also davon ausgehen, das die Versorgung für den Winter gesichert ist. 

Österreich war aufgrund langfristiger Verträge von Gas aus Russland abhängig. Ist das noch immer so?

Der Marktanteil von Gas aus Russland lag bei 80 Prozent, derzeit sind es noch immer rund 40 Prozent – damit sind wir diesbezüglich in Europa noch immer im negativen Spitzenfeld.

Aktuell sorgen heftige Niederschläge für Schlagzeilen und höhere Pegelstände in den Flüssen. Wie fällt eine allgemeine Zwischenbilanz der Stromerzeugung aus Wasserkraft aus?

Bis dato ist es ein gutes Wasserjahr. Die Flüsse führen deutlich mehr Wasser als im Vorjahr. Die Laufkraftwerke liefern um 21 Prozent mehr Strom.