Euroscheine mit Steckdose vor dunklem Himmel
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Am Energiemarkt bleibt es düster

Gas- und Strompreis sinken. Bei den Unternehmen kommen die Vergünstigungen aber – wenn – nur zeitverzögert an. Das Zuwarten der Politik beim Energiekostenzuschuss erhöht den Druck. Und Ärger.

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Aktualisiert am 05.08.2023

„Es herrscht Endzeitstimmung.“ Wenn Peter Florian, Chef des renommierten „Parkhotel Graz“, auf die aktuelle Energiekostenabrechnung für sein Haus blickt, ist er um dramatische Worte nicht verlegen. Trotz eines deutlich niedrigeren Verbrauchs haben sich alleine die Fernwärmekosten im Vergleich zu vor zwei Jahren verdreifacht, rechnet er vor: „Wir sind fassungslos und verzweifelt. Es könnte nicht schlimmer sein.“ Als eine Reaktion habe es bereits einen Mitarbeiterabbau gegeben. Komme es zu keiner Entspannung, sei sogar das wirtschaftliche Überleben des Traditionsbetriebs in Frage gestellt, warnt der Hotelier.

Die von Florian angeprangerte Situation sei Resultat der allgemeinen Energiekrise, heißt es beim Fernwärme-Lieferanten Energie Graz. „Obwohl bereits ein erheblicher Anteil der Grazer Fernwärme aus erneuerbarer Energie und industrieller Abwärme stammt, mussten gerade im letzten Jahr  aufgrund ausbleibender Liefermengen aus dem Kraftwerk in Mellach große Wärmemengen mit teurem Erdgas kompensiert werden“, erklärt Energie-Graz-Geschäftsführer Boris Papousek. Die Folge: zwei Preiserhöhungen binnen acht Monaten – im April um rund 20 Prozent, Anfang Dezember um 65 Prozent.

Peter Florian im Porträt
© KK Peter Florian

„Wir können die verdreifachten Energiekosten nicht an unsere Kunden weitergeben. Wir sind verzweifelt.“


Hausgemachtes Problem

Die explodierenden Energiekos­ten sind mittlerweile zu einem branchenübergreifenden Risiko für den Standort angewachsen. Zwar haben Strom- und Gaspreis in den letzten Monaten wieder etwas nachgelassen, sie liegen aber weiterhin deutlich über dem Niveau von vor dem Ukraine-Krieg. Dazu kommen die Bindung an teils langfristige Lieferverträge, die träge Weitergabe von Preissenkungen (siehe Interview Seite 6) und eine sich durch die rückläufige Konjunkturentwicklung rasant verschärfende Wettbewerbssituation auf den für die exportorientierte heimische Wirtschaft wichtigen internationalen Märkten. Nicht nur die deutlich günstigeren Energiepreise in den USA oder China und die anhaltende Abhängigkeit von russischem Gas bereiten den heimischen Unternehmen Sorgen. Sie klagen auch über innereuropäischen Gegenwind. „Es gibt in den EU-Mitgliedstaaten eine unterschiedliche Bereitschaft zur Unterstützung“, sagt Markus Ritter, Geschäftsführer des Grazer Stahl- und Walzwerks Marienhütte.

Ein Vergleich der Strompreise in der EU stützt diese Kritik: So kostet eine Megwattstunde Strom für die energieintensive Industrie in Frankreich nur rund ein Viertel, in Deutschland ein Drittel des österreichischen Preises. „Das sind Unterschiede, die nichts mit der geopolitischen Lage zu tun haben, sondern hausgemacht sind“, schimpft Ritter. 


Schon vor mehr als einem Jahr – am Höhepunkt der Preisrallye – schlug er Alarm. Damals verzehnfachte sich der Strompreis binnen zwölf Monaten. „Unternehmen verdienen besser, wenn sie den Strom verkaufen, statt ihn zu verbrauchen, einige haben ihre Produktionen überhaupt abgestellt“, so Ritter damals.  

So dramatisch sei es zwar nicht mehr, mühsam sei es aber geblieben, sagt er heute. Beispielsweise übersteigen in der Marienhütte die Energiekosten bereits die Personalkosten. Angesichts dessen warnt Ritter allgemein vor existenziellen Risken für die Unternehmen, sollte die Politik (zu) lange zuschauen.

Markus Ritter im Porträt
© KK Markus Ritter

„Andere EU-Staaten unterstützen Unternehmen massiver. Unser Energiekostenzuschuss bringt nur wenig.“


Zeitnahe Umsetzung

Auch Herbert Ritter, Vizepräsident der WKO Steiermark, drängt auf eine rasche politische Entscheidung: „Es braucht eine faire, zielgerichtete und zeitnahe Umsetzung des Energiekostenzuschusses 2, bei dessen Ausgestaltung auch die Energiewirtschaft eingebunden wird.“

In Aussicht stehen für das heurige Jahr in fünf Stufen gestaffelte Zuschüsse pro Unternehmen in der Höhe von 3.000 bis 150 Millionen Euro. In der Stufe 1 wird die Förderquote von 30 auf 60 Prozent verdoppelt, in der Stufe 2 von 30 auf 50 Prozent erhöht. Das heißt, dass beispielsweise in der ersten Stufe 60 Prozent des Kostenanstiegs bei Energie gefördert werden. 

Tatsächlich liegen zwar die Grundsätze für die Beantragung des Zuschusses schon seit einiger Zeit vor, auch wurde bereits Ende Jänner im Nationalrat das notwendige Budget von insgesamt sieben Milliarden Euro beschlossen. Die konkreten Richtlinien für die Fördermaßnahmen fehlen aber immer noch. Ursprünglich sollte man den Zuschuss für das erste Quartal im Juni und für das zweite Quartal im August beantragen. „Aber man hört ja nichts“, klagt Gerald Stoiser, Chef des Thermenhotels Stoiser in Bad Loipersdorf. Für Unternehmen, die Liquidität brauchen, sei das ein Problem.



Gerald Stoiser im Porträt
© KK Gerald Stoiser

„Unsere Energiekosten haben sich im Vergleich zum Vorjahr trotz geringerem Verbrauch verdoppelt.“ „Unsere Energiekosten haben sich im Vergleich zum Vorjahr trotz geringerem Verbrauch verdoppelt.“ 


Kosten verdoppelt

Schon bei der ersten Version, dem Energiekostenzuschuss 1,  gab es unliebsame Überraschungen, weiß Stoiser aus eigener Erfahrung. So wollte man beim Beantragen für das vierte Quartal wissen, wie die bezogene Fernwärme produziert werde. Eine Nachfrage bei der Energie Steiermark ergab einen 50-Prozent-Anteil von Heizöl. Da dieser fossile Energieträger aber als nicht förderungswürdig klassifiziert ist, gab es für Stoiser auch den Zuschuss nur in halber Höhe. Biomasse falle überhaupt aus der Förderung – „obwohl auch der Preis für Pellets gestiegen ist“, wundert sich Stoiser. Wie Peter Florian in Graz bekam auch Gerald Stoiser in der Oststeiermark die Verteuerung mit voller Wucht zu spüren. Beliefen sich die Kosten für Heizung und Warmwasseraufbereitung im März 2022 für 174.300 kWh noch auf 12.772 Euro, musste er im heurigen Herbst für 143.000 kWh 22.180 Euro bezahlen. Auch für den April verdoppelten sich trotz geringerem Verbrauch die Kosten. Das, wo sowohl der österreichische Strom- als auch der Gaspreisindex schon seit Monaten deutlich fallen. Auch im gewerblichen Bereich sinken die Gas- und Strompreise, liegen aber im Jahresvergleich mit einem Plus von 11,4 Prozent noch immer deutlich über der Inflationsrate – und bleiben damit eine Belastung für die Betriebe. 


Unter wko.at/energie gibt es detaillierte Informationen rund um das Thema Energie.