Handelsabkommen EU - Vietnam

Handelsabkommen und Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit

Lesedauer: 11 Minuten

11.01.2024

Basis für die Beziehungen der EU mit Vietnam ist das Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit, welches das Kooperationsabkommen von 1995 ersetzt und seit 1. Oktober 2016 in Kraft ist.

Zur weiteren Vertiefung der Beziehung verhandelte die EU mit Vietnam über ein Handelsabkommen. Im Juni 2018 haben sich die Europäische Kommission und Vietnam auf den endgültigen Text des Handelsabkommen geeinigt und diesen in zwei Abkommen gesplittet: ein Handelsabkommen und ein Investitionsschutzabkommen. Beide Abkommen wurden am 30. Juni 2019 unterzeichnet.

Das Handelsabkommen trat am 1. August 2020 in Kraft.


Handelsabkommen EU-Vietnam

Nach der Unterzeichnung am 30. Juni 2019 und der Billigung durch das Europäische Parlament am 12. Februar 2020, stimmte der Rat am 30. März 2020 dem Abschluss des Handelsabkommen der EU mit Vietnam zu.

Das Handelsabkommen trat am 1. August 2020 in Kraft

Nachfolgend finden Sie

Text des Handelsabkommens EU-Vietnam

Abkommen

Das Abkommen wurde am12. Juni 2020 im Amtsblatt der Europäischen Union (ABl. L 186, DeutschEnglisch) veröffentlicht. (22 MB)

Relevante Rechtsakte

Zollabbau EU und Vietnam

Anhang 2-A beinhaltet die Informationen zum Abbau oder die Beseitigung von Zöllen (ABl. L 186 vom 12.6.2020, Deutsch, Englisch):

  • Allgemeine Bestimmungen
    (Anhang 2-A, Abschnitt A, L 186/164-167)
  • Zollkontingente
    (Anhang 2-A, Abschnitt B, Seite L 186/167-170)
  • Zollabbaupläne
    Artikel 2.7 des Handelsabkommens der EU mit Vietnam sieht zum Zollabbau folgendes vor:
    Sofern in diesem Abkommen nichts anderes bestimmt ist, baut jede Vertragspartei ihre Zölle auf Waren mit Ursprung in der anderen Vertragspartei ab oder beseitigt sie, und zwar nach Maßgabe der Stufenpläne in den Anlagen 2-A-1 (Stufenplan der Union) und 2-A-2 (Stufenplan Vietnams) zu Anhang 2-A (Abbau oder Beseitigung von Zöllen).
    • Anlage 2-A-1 Stufenplan der Union (L 186/171-673)
    • Anlage 2-A-2 Stufenplan Vietnams (L 186/674-969)

    Die Definition der Abbaustufen nach Artikel 2.7 (Abbau oder Beseitigung von Zöllen) können Anhang 2-A, Abschnitt A, Artikel 1 entnommen werden. (L 186/164)

    Artikel 5 des Anhang 2-A, Abschnitt A (L 186/167) legt folgendes fest:
    "Für die Zwecke dieses Anhangs, einschließlich der Stufenpläne der Vertragsparteien in den Anlagen 2-A-1 (Stufenplan der Union) und 2-A-2 (Stufenplan Vietnams) tritt die erste Zollsenkung am Tag des Inkrafttretens dieses Abkommens in Kraft. Jede weitere jährliche Senkung wird am 1. Januar des jeweiligen Jahres nach dem Jahr des Inkrafttretens im Sinne des Artikels 17.16 (Inkrafttreten) wirksam."
  • Stufenplan Vietnams für die Ausfuhrzölle
    (Anlage 2-A-3, L 186/970-988)
  • Waren, für welche Vietnam besondere Maßnahmen anwenden kann
    (Anlage 2-A-4, L 186/989)
  • Von der Definition wiederaufgearbeiteter Waren ausgenommene Waren 
    (Anlage 2-A-5, L 186/990-992)

Ursprungsregeln Handelsabkommen EU-Vietnam

Die Präferenzursprungsregeln finden sich in Protokoll Nr. 1 (Ursprungsprotokoll) des Abkommens.

Der Wortlaut der Ursprungserklärung findet sich in Anhang VI, das Muster eines Ursprungszeugnisses in Anhang VII des Ursprungsprotokolls.

Nachweis des Ursprungs für Exporte aus der EU nach Vietnam

Artikel 15 Absatz 1 des Ursprungsprotokolls sieht folgende Ursprungsnachweise vor:

  1. eine von den zuständigen Behörden der ausführenden Vertragspartei ausgestellte Warenverkehrsbescheinigung EUR.1
  2. eine Ursprungserklärung, die von einem „Ermächtigten Ausführer“ für jede Sendung unabhängig von ihrem Wert oder von einem Ausführer für Sendungen, deren Gesamtwert 6 000 EUR nicht überschreitet, ausgefertigt wird
  3. eine Ursprungserklärung, die von einem registrierten Ausführern (REX -gemäß Artikel 68 Absatz 1 der Durchführungsverordnung (EU) 2015/2447 der Kommission) im Einklang mit den einschlägigen Rechtsvorschriften der EU ausgefertigt wird, nachdem die EU Vietnam mitgeteilt hat, dass diese Rechtsvorschriften für ihre Ausführer gelten. In dieser Mitteilung kann festgelegt werden, dass die Buchstaben a und b für die EU nicht mehr gelten.

Laut Mitteilung (Amtsblatt der Europäischen Union, C 196 vom 11. Juni 2020) wurde Vietnam am 8. April 2020 mitgeteilt, dass Artikel 15 Absatz 1 Buchstabe c des Protokolls Nr. 1 zum Abkommen ab dem Datum des Inkrafttretens des Abkommens gilt und dass die Buchstaben a und b desselben Absatzes keine Anwendung finden. Daher erhalten Erzeugnisse mit Ursprung in der EU bei der Einfuhr nach Vietnam die Zollpräferenzbehandlung nach dem Abkommen, sofern eine Erklärung zum Ursprung eines registrierten Ausführers oder jedes Ausführers für Sendungen mit einem Gesamtwert von bis zu 6 000 Euro vorgelegt wird. Für die Inanspruchnahme der Zollpräferenzbehandlung in Vietnam werden in der Europäischen Union keine Ursprungszeugnisse (Warenverkehrsbescheinigungen EUR.1) und Ursprungserklärungen ausgestellt oder ausgefertigt.

Den EU-Ausführern wird daher von Anwendungsbeginn an nur das REX-System zur Verfügung stehen. Der Text der Ursprungserklärung befindet sich im ANHANG VI des Protokolls Nr. 1. Die dortige Fußnote 1 ist so auszulegen, dass anstelle der Zulassungsnummer des Ermächtigten Ausführers die REX Nummer des EU-Ausführers anzugeben ist.

Nachweis des Ursprungs für Importe aus Vietnam in die EU

Nach Informationen des AußenwirtschaftsCenter Ho Chi Minh City gibt es folgende Möglichkeiten für den Ursprungsnachweis:

  • Ab einem Warenwert von EUR 6.000 die Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 als Ursprungszeugnis. Ein Muster findet sich in Anhang VII des Protkoll 1
    In Vietnam wird diese Warenverkehrsbescheinigung EUR.1 von einer vom Ministry of Industry and Trade (MOIT) autorisierten Stellen (landesweit 20) ausgestellt (vgl. Annex VIII des Circular Nr. 11/2020/TT-BCT vom 15.06.2020). Der vietnamesische Exporteur muss die Bescheinigung elektronisch beantragen und erhält dann ein physisches, gestempeltes und unterzeichnetes Exemplar, das er ebenfalls manuell unterzeichnen muss. 
  • Bei Sendungen im Wert von unter 6.000 Euro (EXW) gilt eine vom vietnamesischen Exporteur ausgefertigte Ursprungserklärung (engl. origin declaration) als Ursprungsnachweis. Artikel 19 i.V.m. Anhang VI (dort auch Fußnoten!) des Protokolls Nr. 1 regelt die geltenden Formvorschriften dafür. Die Erklärung ist vom Ausführer maschinenschriftlich oder mechanografisch auf der Rechnung, dem Lieferschein oder jedem anderen Handelspapier, in dem die Erzeugnisse genau bezeichnet sind, auszufertigen. Wird die Erklärung handschriftlich erstellt, muss dies mit Tinte in Blockschrift erfolgen. Außerdem muss der Wortlaut der Erklärung zum Ursprung exakt dem Anhang VI des Protokolls Nr. 1 entsprechen. Die „Customs authorisation number“ kann bei Ursprungserklärungen von vietnamesischen Exporteuren entfallen.

Der Ursprungsnachweis muss laut vietnamesischen Bestimmungen so rasch als möglich, spätestens aber 3 Tage nach dem Ausfuhrdatum ausgestellt werden. Eine nachträgliche Ausstellung der Warenverkehrsbescheinigung wird in Vietnam im Rahmen des Handelsabkommens nur gestattet, wenn

  1. die Ausstellung auf Grund eines Fehlers, unabsichtlichen Unterlassens oder anderer gültiger Gründe unterblieben ist; oder
  2. der Exporteur gegenüber MOIT nachweist, dass das EUR.1 Zertifikat zwar ausgestellt, aber beim Import aus technischen Gründen nicht akzeptiert wurde; oder
  3. die Destination der betreffenden Produkte zum Ausfuhrzeitpunkt unbekannt war und erst während Transport, Lagerung oder Aufteilung der Sendung bestimmt wurde.

Beim Antrag auf nachträgliche Ausstellung des EUR.1 Zertifikats hat der Exporteur Ort und Datum der Ausfuhr sowie die Gründe der nachträglichen Antragstellung bekannt zu geben.

Was bringt das Handelsabkommen EU-Vietnam?

Das Handelsabkommen der EU mit Vietnam ist das umfassendste Handelsabkommen, das die EU jemals mit einem Entwicklungsland abgeschlossen hat. Es beinhaltet neben der Liberalisierung des Handels mit Waren, Dienstleistungen und Investitionen auch Regelungen zum Abbau von nicht-tarifären Handelshemmnissen, zu sanitären und phytosanitären Maßnahmen (SPS), zum Schutz geistigen Eigentums (IPR) inklusive geographische Herkunftsbezeichnungen (GIs), zum Beschaffungswesen, zu Regulierungsfragen, zum Wettbewerb, und zur nachhaltige Entwicklung.

Durch das Abkommen werden fast alle Zölle (über 99%) zwischen der EU und Vietnam mit Ausnahme einer kleinen Anzahl von Zolltarifpositionen, für die die EU und Vietnam Zollkontingente vereinbart haben, beseitigt. Vietnam wird innerhalb von 10 Jahren seine Einführzölle für EU-Waren abschaffen, wobei 65% bereits bei Inkrafttreten des Abkommens liberalisiert werden. Im Gegenzug wird die EU seine Zölle innerhalb von 7 Jahren beseitigen. Nur für einige sensible landwirtschaftliche Produkte wird die EU seine Zölle nicht vollständige liberalisieren, sondern für Waren aus Vietnam Zollkontingente einrichten: Reis, Mais, Knoblauch, Champions, Zucker und hoch zuckerhaltige Produkte, Maniokstärke, Surimi und Thunfischkonserven.

Im Handelsabkommen hat sich Vietnam verpflichtet, fast alle seine Exportzölle abzuschaffen und den Handel mit Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, Verkehr sowie Post- und Kurierdienste zu liberalisieren. Durch das Freihandelsabkommen wird es auch EU-Unternehmen ermöglicht, bei öffentlichen Ausschreibungen der Vietnamesischen Ministerien (einschließlich Infrastruktur), der wichtigsten Staatsunternehmen (wie z.B. Energieversorgungsunternehmen und bundesweite Bahnbetreiber), der 34 öffentlichen Krankenhäuser sowie der beiden größten vietnamesischen Städten Hanoi und Ho-Chi-Min-Stadt mitzubieten.

Das Handelsabkommen enthält auch eine rechtlich verbindliche Verknüpfung mit dem 2012 unterzeichneten Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PKA) der EU mit Vietnam, das eine Menschenrechtsklausel und Bestimmungen über die Zusammenarbeit im Bereich der Menschenrechte beinhaltet. Das PKA legt fest, dass Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit wesentliche Bestandteile der Beziehung zwischen der EU und Vietnam sind. Die Verbindung zwischen dem Handelsabkommen und dem Partnerschafts- und Kooperationsabkommen stellt sicher, dass Menschenrechte auch Bestandteil der Handelsbeziehungen zwischen der EU und Vietnam sind. Das beinhaltet auch das Recht, geeignete Maßnahmen zu ergreifen, einschließlich der Suspendierung des Handelsabkommen, im Falle eines größeren Verstoßes gegen die wesentliche Elemente des PKAs.

Hintergrundinformation zum Handelsabkommen EU-Vietnam

Bereits 2007 nahm die EU Verhandlungen über ein regionales Handelsabkommen mit allen Ländern der ASEAN-Gruppe (Verband Südostasiatischer Nationen) außer Myanmar, Kambodscha und Laos auf. Die Verhandlungen gingen jedoch nur langsam voran und beide Seiten einigten sich im März 2009 darauf, sie vorerst auszusetzen.

Da die EU weiterhin anstrebt, ihre Wettbewerbsfähigkeit durch einen verstärkten Marktzugang zu den ASEAN-Staaten auszubauen, haben die EU-Mitgliedstaaten die Kommission im Dezember 2009 aufgefordert, Einzelverhandlungen mit den ASEAN-Staaten aufzunehmen, die Interesse an umfassenden bilateralen Handelsabkommen haben. Nach wie vor wird jedoch der Abschluss eines Abkommens mit der gesamten ASEAN Region seitens der Europäischen Kommission angestrebt. Die bilateralen Abkommen sollen hierbei als hilfreiche Bausteine dienen.

Nachdem sich die EU und Vietnam am 31. März 2012 auf ein Rahmendokument, das alle in den kommenden Handelsverhandlungen anzusprechenden Themen anführt, einigten, wurden die Verhandlungen über ein Handelsabkommen offiziell am 26. Juni 2012 eröffnet.

Vietnam ist nach Singapur und Malaysia der dritte ASEAN-Partner mit dem die EU Verhandlungen über ein Handelsabkommen aufgenommen hatte.

Am 4. August 2015 haben sich die Verhandlungsführer, die EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström und Vietnams Minister für Handel und Industrie Vu Huy Hoang, nach zweijährigen intensiven Verhandlungen in einem Telefongespräch prinzipiell auf ein Handelsabkommen zwischen der EU und Vietnam geeinigt. Da es sich hierbei um eine politische Einigung der beiden Verhandlungsführer handelte, bedurfte es noch weiterer technischer Gespräche, um den rechtlichen Text des Abkommens zu finalisieren,

Die Verhandlungen wurden offiziell am 2. Dezember 2015 beendet. 

Aufgrund eines EUGH-Entscheids zum Handelsabkommen EU-Singapur, dass bei Bestimmungen zum Investitionsschutz eine gemischte Kompetenz zwischen der EU und den EU-Mitgliedstaaten feststellte, waren juristische Angleichungen des ausverhandelten Abkommenstextes erforderlich.

Die Europäische Kommission und Vietnam konnten im Juli 2018 diese letzten juristischen Unklarheiten klären und sich auf einen endgültigen Text für ein

  • Handelsabkommen EU-Vietnam
    („EU only“-Abkommen, Zustimmung nur vom Rat und Europäischen Parlament erforderlich) und ein
  • Investitionsschutzabkommen EU-Vietnam
    (gemischte Zuständigkeit EU und EU-Mitgliedstaaten, zusätzlich zur Zustimmung des Rates und des Europäischen Parlaments, muss das Abkommen noch von allen nationalen Parlamenten ratifiziert werden)

einigen.

In weiterer Folge legte die Europäische Kommission dem Rat am 17. Oktober 2018 gemeinsam mit den Vorschlägen für die Beschlüsse zur Unterzeichnung und zum Abschluss das Handelsabkommen zwischen der EU und Vietnam vor.

Am 25. Juni 2019 nahm der Rat den Beschluss zur Unterzeichnung des Freihandelsabkommens an. Das Abkommen wurde am 30. Juni 2019 von der EU und Vietnam unterzeichnet.

Am 21. Jänner 2020 gab der Ausschuss für internationalen Handel des Europäischen Parlaments (EP) seine Zustimmung zum Abkommen, am 12. Februar 2020 das EP-Plenum.

Nachdem der Rat am 30. März 2020 dem Abschluss des Handelsabkommen zustimmte, trat das Abkommen am 1. August 2020 in Kraft.

Rahmenabkommen über umfassende Partnerschaft und Zusammenarbeit EU-Vietnam

Seit 2004 stellt die EU ihre wirtschaftlichen und politischen Beziehungen zum Verband Südostasiatischer Nationen (ASEAN), zu dem auch Vietnam seit 1995 zählt, durch die Aushandlung von Partnerschafts- und Kooperationsabkommen mit den einzelnen ASEAN-Mitgliedstaaten auf eine neue und verbesserte Grundlage. 

Im Oktober 2010 konnten die Verhandlungen der EU mit Vietnam über ein Partnerschafts- und Kooperationsabkommen (PCA), abgeschlossen und das Abkommen am 27. Juni 2012 unterzeichnet werden.

Das PCA trat mit 1. Oktober 2016 in Kraft und ersetzt das Kooperationsabkommen der EU mit Vietnam von 1995.

Das Partnerschafts- und Kooperationsabkommen sieht eine Intensivierung der Zusammenarbeit zwischen der EU und Vietnam in Bereichen wie Handel, Umwelt, Energie, Wissenschaft und Technologie, gute Regierungsführung, Tourismus, Kultur, Migration sowie Bekämpfung von Terrorismus, Korruption und organisierter Kriminalität vor.

Darüber hinaus soll durch das Abkommen die Zusammenarbeit bei der Bewältigung globaler und regionaler Herausforderungen, z.B. Klimawandel, Terrorismus und Nichtverbreitung von Massenvernichtungswaffen, verstärkt werden.

Rechtsakte Rahmenabkommen EU-Vietnam

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