Personen mit Brillen amüsieren sich freudig mit einer Tasse sowie einem Notizbuch mit Stiften und sitzen und stehen in einem Raum mit mehreren weißen Tischen und schwarzen Sesseln, links befinden sich große Fenster und der Raum ist hell und freundlich
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Flankierende Maßnahmen

Lesedauer: 4 Minuten

21.05.2024

Um zu vermeiden, dass ausländische Unternehmer bei der Dienstleistungserbringung in der Schweiz die ortsüblichen Schweizer Löhne unterschreiten bzw. Arbeitsbedingungen missachten (Stichwort "Lohn- und Sozialdumping"), wurden sogenannte flankierende Maßnahmen eingeführt. Deren Einhaltung wird von den ca. 150 Kontrollorgangen am Einsatzort streng und umfassend kontrolliert. Schätzungen zufolge wird mehr als ein Drittel aller gemeldeten Tätigkeiten auch tatsächlich überprüft.

Die flankierenden Maßnahmen umfassen die Bereiche:

  • Bezahlung der ortsüblichen Bruttomindestlöhne und Gehälter
  • Arbeits- und Ruhezeit
  • Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz
  • Mindestdauer der Urlaubszeit
  • Gleichbehandlung von Mann und Frau

Österreichische Unternehmen sollten sich im Vorfeld besonders über die geltenden ortsüblichen Bruttolöhne am Einsatzort und die Arbeits- und Ruhezeitenbestimmungen informieren, da in diesen beiden Bereichen erhebliche Unterschiede zu den österreichischen Regelungen vorliegen. 

Mindestlöhne

In einer Vielzahl der Branchen ist die Höhe der zu bezahlenden Bruttolöhne in sogenannten GAV (Gesamtarbeitsverträgen) geregelt und abhängig vom jeweiligen Kanton, der Branche, aber auch der Qualifikation und Betriebszugehörigkeit des Mitarbeiters. Sollte die in der Schweiz zu erbringende Leistung keinem GAV zugeordnet werden können, muss auf Lohnempfehlungen der Arbeitgeber- oder Berufsverbände bzw. statistische Wertangaben zu den ortsüblichen Löhnen zurückgegriffen werden.

Die Höhe der zu bezahlenden Löhne sollte für jede Entsendung und jeden Mitarbeiter separat geprüft werden.

Die Einstufung der Arbeitnehmer muss stets auftragsbezogen auf die in der Schweiz jeweils ausgeführte Tätigkeit (!) erfolgen. Die in Österreich vorliegende Einstufung kann nicht eins zu eins auf die Schweiz umgelegt werden.

Die elektronischen Plattformen www.gav-service.ch und www.entsendung.admin.ch (s. Lohnrechner unter "Lohn berechnen") bieten hierbei eine umfassende und vereinfachte Möglichkeit, das Schweizer Lohnniveau gemäß den obigen Kriterien zu ermitteln.

Mittels dem Lohnrechner unter www.entsendung.admin.ch kann man die ermittelten Werte automatisch in eine Berechnungshilfe (= Excel-Formular) übertragen, welche den direkten Vergleich der österr. Löhne mit den Schweizer Löhnen ermöglicht. Die in diesem Excel-Formular hinterlegten Formeln ermöglichen eine Gegenüberstellung der unterschiedlichen Ansprüche (Urlaubstage, Wochenarbeitszeiten, Urlaubs-/Weihnachtsgelder, Anzahl Feiertage etc.) und erleichtern die Ermittlung des zu zahlenden Differenzbetrages (= "Entsendezulage"). Es besteht einerseits die Möglichkeit, durch Verwendung des Lohnrechners unter www.entsendung.admin.ch die Berechnungshilfe herunterzuladen, oder unter www.seco.admin.ch [Pfad: Themen > Arbeit > Personenfreizügigkeit und Arbeitsbeziehungen > Entsendung und Flankierende Maßnahmen > Internationaler Lohnvergleich > "Berechnungsbeispiel Internationaler Lohnvergleich"].

Trotz dieser Erleichterung bei der Berechnung wird aber empfohlen, die errechneten Löhne an die Zentrale Paritätische Kontrollstelle (ZPK) zur Überprüfung weiterzuleiten. Auch ein nur geringfügiges Unterschreiten der Schweizer Löhne könnte Strafzahlungen zur Folge haben. Kontaktdaten zur ZPK sind auf der Homepage zu finden.

Zu beachten ist in jedem Fall, dass die Schweizer Bruttolöhne üblicherweise ÜBER dem Niveau der österr. Löhne liegen, sodass eine separate Zuzahlung des Differenzbetrages notwendig wird. Diese gilt als Lohnbestandteil und sollte sinnvollerweise auch am Lohnzettel für den Abrechnungszeitraum der Entsendung gesondert ausgewiesen werden mit z.B. dem Vermerk: "Entsendezulage Schweiz".

Aufwendungen wie solche für Reise, Verpflegung oder Unterkunft, welche im Zusammenhang mit der Entsendung entstehen, sind kein Lohnbestandteil, fließen somit nicht in die Entsendezulage ein und sind gesondert zu bezahlen.

Auch eine Information an die Mitarbeiter über die Zahlung von höheren Löhnen bereits vor Entsendung in die Schweiz ist empfehlenswert, damit im Zuge von Baustellenkontrollen und Befragungen der Mitarbeiter diese schon direkt die Bezahlung der höheren Schweizer Löhne angeben und bestätigen können.

Auf der Webseite des Schweizer Staatsekretariats für Wirtschaft (kurz SECO) können Sie weitere Informationen zum Lohnvergleich finden: www.seco.admin.ch [Pfad: Themen > Arbeit > Personenfreizügigkeit und Arbeitsbeziehungen > Entsendung und Flankierende Maßnahmen > Internationaler Lohnvergleich > Weisung "Vorgehen zum internationalen Lohnvergleich"]. 

Arbeits- und Ruhezeiten

In der Schweiz ist die erlaubte Höchstarbeitszeit im Vergleich zu Österreich unterschiedlich geregelt. Im Industriesektor, bei Angestellten, Büropersonal und Einzelhandel darf max. 45 Stunden/Woche gearbeitet werden. Für die anderen Branchen und Bereiche gelten 50 Stunden/Woche als Obergrenze. Nur unter bestimmten Voraussetzungen darf diese Höchstarbeitszeit um weitere 4 Stunden erhöht werden. Für Nacht- und Sonntagsarbeit ist eine entsprechende Bewilligung notwendig. Flexible Arbeitszeitmodelle wie 10-Tages-Schichten wie in Österreich gibt es in der Schweiz nicht. Nach 6 Tagen Arbeit muss ein Tag Ruhe gewährt werden. Die GAV können darüber hinaus besondere Bestimmungen festlegen.

Die Reisezeit in der Schweiz (ab dem Grenzübertritt) gilt als Arbeitszeit und muss unter Einhaltung der Schweizer Mindestlöhne entlohnt werden. Es empfiehlt sich die Reisezeit in den Stundenaufzeichnungen deutlich zu deklarieren.

Vollzugskostenbeiträge

Mit den Vollzugskosten werden die Aufwendungen der paritätischen Kommissionen für die Durchführung und Kontrolle der allgemein verbindlich erklärten Gesamtarbeitsverträge (GAV) gedeckt. Sie sind von jedem Betrieb, der in den Anwendungsbereich eines solchen GAV fällt, geschuldet. Seit einer Gesetzesänderung im April 2006 können sie auch von den ausländischen Betrieben, die Arbeitnehmer in die Schweiz entsenden, verlangt werden.

In welcher Höhe Vollzugskosten zu zahlen sind, lässt sich den jeweiligen GAV entnehmen. Die Texte der in der gesamten Schweiz oder in mehreren Kantonen gültigen GAV stehen auf der Internetseite des Staatssekretariats für Wirtschaft SECO: www.seco.admin.ch [Pfad: Themen > Arbeit > Personenfreizügigkeit und Arbeitsbeziehungen > Gesamtarbeitsverträge] und auch auf www.gav-service.ch.

Beispiel "Metallgewerbe":
Der GAV für das Metallgewerbe verpflichtet zur Entrichtung eines Vollzugskostenbeitrages in der Höhe von CHF 30,- pro Mitarbeiter und Monat (zahlbar je zur Hälfte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber).

Die Beiträge werden monatlich berechnet und setzen sich aus einem Arbeitgeber- und Arbeitnehmeranteil zusammen. Sollte sich ein Auftrag in der Schweiz über einen Monat hinweg erstrecken, bedeutet dass, dass Beiträge für zwei Monate zu leisten sind. Die Berechnungsgrundlage für den zu entrichtenden Vollzugkostenbeitrag bilden die Angaben im Meldeformular.

Die Unternehmen werden automatisch von der zentralen Inkassostelle aufgefordert, den Vollzugskostenbeitrag zu bezahlen und müssen nicht selbst aktiv werden:

Zentrale Inkassostelle Schweiz für GAV-Vollzugskosten (ZIS)
Hardstrasse 1
4133 Pratteln
T +41 61 927 64 49
F +41 61 927 64 79
info@zis-inkasso.ch, W www.zis-inkasso.ch

Unterlagen am Einsatzort 

Selbstständige/EPUs müssen am Einsatzort vorweisen können:

  • Kopie der Meldebestätigung laut Entsendegesetz (empfohlen auch Kopie des Gewerbescheins)
  • Sozialversicherungsbescheinigung Formular A1
  • Kopie des Auftrags/Werkvertrages oder eine schriftliche Auftrags-/Werkvertragsbestätigung

Entsandte Mitarbeiter sollten am Einsatzort vorweisen können:

  • Personaldokument (Pass, Identitätskarte/Ausweispflicht!)
  • Kopie der Meldebestätigung laut Entsendegesetz
  • Krankenkassen-Versicherungskarte und A1 Formular
  • Nachweis Einhaltung Lohn- und Arbeitsbedingungen (Lohnunterlagen, Arbeitszeitaufzeichnungen!)

Sollte es sich um die Ausübung eines reglementierten Gewerbes in der Schweiz handeln, so sollte auch eine Kopie der SBFI-Meldung vorgelegt werden können (s. Seite "SBFI-Meldepflicht für reglementierte Gewerbe").