Form von Rechtsgeschäften
Möglichkeiten, einen Vertrag wirksam abzuschließen
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Hinweis:
Dieses Dokument bietet einen Überblick über Formvorschriften beim Abschluss von Rechtsgeschäften. Es erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Für die Form von letztwilligen Verfügungen gelten besondere Bestimmungen.
Beim Abschluss von Geschäften gilt der Grundsatz der Formfreiheit. Das bedeutet, Rechtsgeschäfte können schriftlich, mündlich (auch telefonisch) oder sogar durch schlüssiges Verhalten abgeschlossen werden.
Beispiel für ein schlüssiges Verhalten: Der Tischler mailt dem Kunden ein Angebot. Dieses sieht vor, dass der Kunde eine Anzahlung leisten muss. Der Kunde überweist diese Anzahlung, ohne dass er das Angebot ausdrücklich annimmt. Durch die Überweisung der Anzahlung nimmt der Kunde das Angebot stillschweigend an und es entsteht ein für beide Seiten verbindlicher Vertrag.
Von dem Grundsatz der Formfreiheit gibt es zahlreiche Ausnahmen. Formvorschriften können sich aus dem Gesetz oder einer Vereinbarung ergeben.
Einfache Schriftform
Wenn das Gesetz oder eine Vereinbarung für den Abschluss eines Rechtsgeschäftes die Schriftform verlangt, erfordert dies die eigenhändige Unterschrift der Parteien. Schriftlichkeit bedeutet daher „Unterschriftlichkeit“. Wie der Vertragstext selbst abgefasst ist (z.B. in Handschrift, Computerausdruck), ist unerheblich.
Der eigenhändigen Unterschrift gleichgestellt ist die qualifizierte elektronische Signatur, sofern durch Gesetz oder Parteienvereinbarung nicht anderes bestimmt ist. Eine solche Sonderbestimmung gilt z.B. für Bürgschaftserklärungen, die von Personen außerhalb ihrer gewerblichen, geschäftlichen oder beruflichen Tätigkeit abgegeben werden. Hier muss die Bürgschaftserklärung, wenn sie nicht eigenhändig, sondern elektronisch signiert wird, eine Bestätigung eines Notars oder Rechtsanwaltes enthalten, dass der Bürge über die Rechtsfolgen seiner Signatur aufgeklärt wurde. Unternehmer können im Rahmen ihres Unternehmens ohne solche Bestätigung mit qualifizierter elektronischer Signatur Bürgschaftserklärungen abgeben.
Wenn das Gesetz oder eine Vereinbarung für ein Geschäft die Schriftform erfordert, genügt eine E-Mail mit der üblichen „einfachen“ Signatur nicht.
Die Nachbildung der Unterschrift (z.B. durch Stempel, Druck) genügt nur, wo dies im Geschäftsverkehr üblich ist. Dies ist bei Massenerklärungen, jedoch nicht bei Einzelverträgen, der Fall.
Bei Analphabeten, die nicht einmal ihren Namen schreiben können und Personen, die aufgrund eines Gebrechens nicht unterschreiben können, wird die Unterschrift durch ein gerichtlich oder notariell beglaubigtes eigenhändiges Handzeichen ersetzt.
Schriftlichkeit wird vom Gesetz z.B. gefordert für
- Bürgschaftserklärungen,
- Unentgeltliche Darlehensverträge,
- Lehrverträge,
- Befristete Mietverträge im Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetzes,
- Schiedsvereinbarungen.
Notariatsakt
Für bestimmte Rechtsgeschäfte ist die Beiziehung eines Notars erforderlich. Ein Notariatsakt ist eine von einem Notar verfasste Vertragsurkunde, der besondere Beweiskraft zukommt.
Notariatsaktspflichtige Geschäfte sind z.B.:
- Ehepakte
- Erbschaftskäufe
- Erb-, Pflichteilsverzicht
- Kauf-, Tausch-, Renten- und Darlehensverträge zwischen Ehegatten
- Schenkungen auf den Todesfall
- Schenkungen ohne wirkliche Übergabe
- Errichtung und Änderung der GmbH-Gesellschaftsverträge (Beachte allerdings die Möglichkeit der vereinfachten Gründung einer Einpersonen-GmbH)
- Übertragungen, Verpfändung von GmbH-Anteilen
Notarielle bzw. gerichtliche Beglaubigung
Vom Notariatsakt zu unterscheiden ist die bloße notarielle bzw. gerichtliche Beglaubigung, die das Gesetz bei bestimmten Rechtsgeschäften, vielfach bei Grundbuch- oder Firmenbuchurkunden, vorsieht.
So ist bei Verträgen, aufgrund derer Eintragungen im Grundbuch vorgenommen werden sollen (z.B. Kaufverträge, Schenkungsverträge, Hypothekenbestellungsverträge) die Beglaubigung der Unterschriften der Vertragsparteien erforderlich. Dabei bestätigt der Notar bzw. die Beglaubigungsstelle bei Gericht lediglich die Echtheit der Unterschriften, dass also die unterfertigende Person mit dem Namensträger ident ist. Dadurch sollen Unterschriftsfälschungen verhindert werden. Die Beglaubigung bezieht sich nicht auf den Inhalt des Vertrages, der vom Notar oder der Beglaubigungsstelle bei Gericht nicht geprüft wird.
Die Beglaubigung der Unterschriften ist kein Erfordernis für die Wirksamkeit des Vertrages. Vielmehr können auch Liegenschaftsverträge formlos wirksam abgeschlossen werden. Die Beglaubigung ist allerdings Voraussetzung für die Eintragung im Grundbuch. Wird ein Liegenschaftsvertrag formlos abgeschlossen und weigert sich ein Vertragsteil beglaubigt zu unterschreiben, kann der Andere auf Errichtung einer verbücherungsfähigen Urkunde (schriftlich mit beglaubigten Unterschriften) klagen.
Realverträge
Bei sog. Realverträgen ist für die Wirksamkeit des Vertrages neben der Willenseinigung zusätzlich die Übergabe des Vertragsgegenstandes erforderlich.
Realverträge sind z.B.
- der Leihvertrag
- der Verwahrungsvertrag (zB Theatergarderobe)
- der Trödelvertrag
Entsprechende Vereinbarungen werden bis zur Übergabe in der Regel als gültige Vorverträge angesehen.
Vertragliche Formvorschriften
Wo das Gesetz keine Formvorschriften kennt, können die Vertragsparteien solche vereinbaren. Wenn sich die Parteien für einen Vertragsschluss die Einhaltung einer bestimmten Form (z.B. Schriftlichkeit) vorbehalten, stellt das Gesetz die widerlegbare Vermutung auf, dass sie bis zur Einhaltung dieser Form nicht gebunden sein wollen.
Bei Verbraucherverträgen gelten für vereinbarte Formvorschriften Grenzen:
Vertragsklauseln, die einem Verbraucher für die Abgabe einer Erklärung (z.B. Kündigung, Schadensmeldung etc.) eine strengere als die Schriftform oder besondere Zugangserfordernisse auferlegen, sind für diesen nicht verbindlich. Dies gilt sowohl für Erklärungen des Verbrauchers an den Unternehmer als auch an Dritte. Zulässig ist es, für Erklärungen des Verbrauchers dessen eigenhändige Unterschrift zu verlangen, da diese auch nach der allgemeinen Regel bei der Schriftform erforderlich ist. Unzulässig sind z.B. Klauseln, nach denen der Verbraucher seine Erklärungen mit eingeschriebenem Brief, notariell beglaubigt oder unter Verwendung vorgegebener Formulare abgeben muss.
Unwirksam sind außerdem in Verbraucherverträgen enthaltene Klauseln, wonach formlose Erklärungen des Unternehmers oder seiner Vertreter unwirksam sein sollen (z.B: „Mündliche Zusagen haben keine Gültigkeit.“).
Formlose Nebenabreden zu formpflichtigen Geschäften
Mitunter werden zu einem schriftlichen Vertrag mündliche Nebenabreden getroffen. Wenn das betreffende Rechtsgeschäft von Gesetzes wegen formpflichtig ist, ist eine formlose Nebenabrede grundsätzlich ungültig. Sie ist allerdings für die Auslegung des formpflichtigen Geschäftes von Bedeutung. So kann sich aus der ungültigen Nebenabrede ergeben, dass das formpflichtige Geschäft nur zum Schein abgeschlossen wurde. Dann ist das gesamte Rechtsgeschäft trotz Einhaltung der Form ungültig.
Ansonsten ist bei gesetzlichen Formvorschriften auf deren Zweck abzustellen. Dieser besteht häufig darin, einen Vertragsteil vor übereilten, unüberlegten Erklärungen zu schützen (wie z.B. bei der Schenkung oder der Bürgschaftserklärung). Wird in solchen Fällen die Haftung durch die Nebenabrede eingeschränkt, ist die formlose Nebenabrede gültig. Soll sich hingegen die Haftung durch die Nebenabrede erhöhen, ist sie ungültig.
Wurde die Einhaltung einer bestimmten Form vereinbart, kann davon einvernehmlich jederzeit wieder abgegangen werden. Aus diesem Grund sind mündliche Nebenabreden gültig.
Derjenige, der sich auf eine mündliche Nebenabrede berufen will, muss diese beweisen.
Eine häufige Klausel in schriftlichen Verträgen lautet, dass Vertragsergänzungen und nachträgliche Änderungen ebenfalls der Schriftform bedürfen. Solche Vereinbarungen zur Form sind nur so lange wirksam, als die Vertragsparteien davon nicht einvernehmlich wieder abgehen. Ein solches Abgehen von der vereinbarten Form kann auch formlos, sogar durch bloß schlüssiges Verhalten, erfolgen.
Die häufig verwendete Klausel, wonach Nebenabreden sowie das Abgehen vom Schriftformgebot selbst der Schriftlichkeit bedarf, ist daher letztlich unwirksam.
Vorvertrag zu formpflichtigem Hauptvertrag
Sieht das Gesetz für einen Vertrag eine bestimmte Form vor, ist diese auch bei einem allfälligen Vorvertrag zu beachten.
Rechtsfolgen von Formfehlern
Wenn gesetzliche Formvorschriften verletzt werden, ist das Rechtsgeschäft grundsätzlich nichtig. Allerdings wird der Formmangel in der Regel (Anm.: sehr kasuistisch) durch die tatsächliche Erfüllung (z.B. Übergabe des Schenkungsgegenstandes) geheilt. Die Rechtsprechung ist hierzu allerdings nicht einheitlich.
Beispiel:
Ehegatten haben einen Kauf-/ Darlehensvertrag ohne Notariatsakt abgeschlossen. Der Formmangel wird durch die Auszahlung des Kaufpreises bzw. der Darlehenssumme behoben. Der Vertrag ist damit gültig.
Beispiel:
Eine Liegenschaft wird ohne wirkliche Übergabe geschenkt. Diese Schenkung wäre daher notariatsaktspflichtig (siehe oben). Es wird aber kein Notariatsakt errichtet. Die Eintragung im Grundbuch saniert diesen Formmangel nicht. Der Schenkungsvertrag ist nicht gültig.
Zur Nichteinhaltung vereinbarter Formvorschriften siehe oben.
Stand: 09.07.2024