Finger berührt leuchtendes Netz. Es funkt dabei.
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Wieso sich KI vor allem für kleine Firmen lohnt

Wer wagt, gewinnt: Das Sprichwort mag alt sein, doch im Fall von KI erweist es sich laut steirischen Experten und Unternehmern als richtig. Der Einsatz von künstlicher Intelligenz ergibt Sinn – insbesondere für kleinere Betriebe.  

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Aktualisiert am 28.10.2024

Am Anfang überwog einfach die Neugierde, erzählt Barbara Abel, Inhaberin der PR-Agentur „BKom-Beratung und Kommunikation“ in Mürzzuschlag. Seit zwei Jahren setzt sie als EPU KI-Programme wie ChatGPT, Midjourney oder Simpleshow ein, um Anstöße für neue Ideen zu bekommen, Texte zusammenzufassen oder auch, um ganze Erklärvideos für Kunden zusammenzustellen. „Das ist viel learning by doing. Ich sehe die KI als meinen Sparringspartner. Sie ergänzt meine Arbeit und spart mir Zeit“, sagt Abel. Ähnlich sind die Erfahrungen von Sandra Pronnegg, die gemeinsam mit ihrem Partner und zwei Mitarbeitern die Ölmühle Pronnegg in Deutschlandsberg betreibt. Seit Anfang dieses Jahres setzt sie im Backoffice täglich ChatGPT ein und schafft damit in kürzerer Zeit mehr. „Heute ist das Tool für mich nicht mehr wegzudenken. Vor allem bei der Ideenfindung bietet es mir Erleichterung. ChatGPT ist für mich wie ein persönlicher Assistent, den ich mit Aufgaben betraue, die ich sonst einem Mitarbeiter geben würde.“ 

Das ist viel learning by doing. Ich sehe die KI als meinen Sparringspartner. Sie ergänzt meine Arbeit und spart mir Zeit.

Als kleine Unternehmen gehören die Ölmühle und die PR-Agentur zu den Wenigen in Österreich, die bereits auf KI setzen. Zwar hat sich laut neuesten Daten von Statistik Austria die Verwendung von Künstlicher intelligenz in heimischen Betrieben von 2023 auf 2024 fast verdoppelt (von 11 auf 20 Prozent), doch während bereits die Hälfte der großen Unternehmen mit 250 und mehr Beschäftigten KI einsetzt sowie 29 Prozent der Firmen mit 50 bis 249 Mitarbeitern, zeigt sich der Großteil der EPU nach wie vor skeptisch: Nur zehn Prozent setzen aktuell KI ein. 70 Prozent können sich das hingegen in ihrem Business nicht vorstellen. 

gemeinsames Portraitfoto von Martin und Sandra Pronnegg
© Sandra Pronnegg Martin und Sandra Pronnegg setzen in ihrer Ölmühle KI seit einem Jahr täglich ein.

Eine vertane Chance, weiß Lothar Lackner, Digitalisierungsspezialist und Geschäftsführer der IFDT GmbH mit Sitz in Graz. Seit zehn Jahren begleitet er heimische KMU bei der digitalen Entwicklung. Sein Credo: Der wohlüberlegte Einsatz von KI macht Sinn –  unabhängig von der Branche  und der Unternehmensgröße. „Auch EPU können KI gut nutzen. Denn bei allem Zweifel: Richtig eingesetzt, ist ein KI-Tool wie ein sehr guter Praktikant.“ 

Die KI verspricht viel, doch sie kann nur so gut sein wie die Daten, mit denen sie gefüttert wird. Je mehr die KI weiß, desto besser ist ihr Output.

Damit das volle Potential der KI im Unternehmen ausgeschöpft werden kann, muss laut des Experten aber zunächst definiert werden, in welchen Anwendungsbereichen die KI Erleichterung bringen kann und welches Tool man dafür einsetzen möchte (von Lackner empfohlene KI-Assistenten siehe in der Hinweisbox unten). „Vielen Menschen ist nicht bewusst, wie viele Routineaufgaben sie von der KI automatisiert erledigen lassen können. Das könnte zum Beispiel im Kundenservice der Fall sein. Wenn man immer gleiche E-Mail-Anfragen bekommt, kann die KI Antworten generieren.“ Doch nicht nur das: Von der Automatisierung von Geschäftsprozessen bis hin zu Marketing oder der Datenanalyse: Die Anwendungsmöglichkeiten sind vielfältig. Dabei gilt: „Je mehr die KI von uns weiß, desto besser ist ihr Output. Sie muss verstehen, wie das eigene Unternehmen tickt, wie es mit Kunden umgeht und welche  Werte es vertritt.“ Damit das gelingt, muss das KI-Tool mit Daten gefüttert werden. „Das geht am einfachsten, indem man Textdateien eingibt. Dabei wichtig: Die Daten müssen sauber sein. Heißt: Sie sollten nicht doppelt oder in verschiedenen Versionen in das Tool eingespeist werden“, rät Lackner. 

Ohne Experimentieren geht es nicht   

Die Praxis zeigt jedoch: Aller Anfang ist schwer, das gilt umso mehr für den KI-Einsatz. Egal, für welchen Assistenten man sich entscheidet, Experimentierfreude ist gefragt: „Zu Beginn muss man erst ein Gefühl für die KI entwickeln. Viele Nutzer machen Bedienungsfehler, indem sie Chatbots wie ChatGPT keine spezifischen Fragen stellen. Man sagt immer: Es gibt keine dumme Fragen. Bei der KI stimmt das aber nicht“, resümiert Lackner. Diese Erfahrung mussten auch Barbara Abel und  Sandra Pronnegg machen. Abel rät: „Die KI entwickelt sich ständig weiter. Es hilft, neugierig zu bleiben und einen spielerischen Zugang zu den Tools zu haben, ansonsten wird die KI zur Belastung.“ 

Doch nicht nur für kleine, auch für große Unternehmen kann die Anwendung von KI herausfordernd sein. Das weiß Florian Becker vom Grazer Softwareentwicklungsunternehmen Wire­cube. Mit seinem Team erstellt er für institutionelle Kunden im DACH-Raum maßgeschneiderte KI-Strategien und begleitet sie bei der Implementierung. Egal, wie groß oder klein der Betrieb, Becker ist jedenfalls überzeugt: „Vor KI muss niemand Angst haben. Ganz im Gegenteil erhält man durch die Zeitersparnis mehr Selbstbestimmtheit und kann seine Expertise anderweitig einsetzen.“