Wie Zuzug bei Fachkräften funktioniert
Österreich braucht Fachkräfte – und sucht sie immer öfter im Ausland. Steirische Unternehmen sind bei globalen Talenten gefragt, doch ohne Unterstützung geht es nicht.
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Die Industrie und die Pflege sind hierzulande besonders unter Druck: Laut Daten der Statistik Austria und der ÖROK-Regionalprognosen schrumpft bis 2050 die Erwerbsbevölkerung in der Steiermark um 10,7 Prozent. Weniger Menschen bedeuten auch weniger verfügbare Arbeitskräfte. Viele heimische Unternehmen setzen daher bereits jetzt auf qualifizierten Zuzug. Doch wie findet man diesen und worauf ist zu achten?
Einer, der es wissen muss, ist Josef Missethon, Mitbegründer der Agentur „Talent and Care“ mit Sitz in Wien und Premstätten. Gemeinsam mit seinem Team sucht er in Kolumbien, den Philipinen und Indien nach Fachkräften im Gesundheitsbereich und in Spanien nach Lehrlingen für die Industrie. Die Beweggründe, um eine Stelle in Österreich anzunehmen, seien vielfältig. „Für viele ist die Lebenssituation im Herkunftsland schwierig. In Österreich hoffen sie auf mehr berufliche Chancen und ein gutes Sozialsystem. Menschen aus Drittländern schätzen die Sicherheit im Land sowie den kostenlosen Zugang zum Schulsystem.“
Entscheidende Starthilfen
Pull-Faktoren wie diese wirken sich auch auf die heimische Unternehmerlandschaft positiv aus. Bei AT&S in Leoben weiß man das zu nutzen. Hier ist der Anteil an ausländischen Fachkräften besonders hoch. Von 1.752 Mitarbeitern kommen 540 aus dem Ausland. Als global agierendes Unternehmen sei die internationale Aufstellung eine Selbstverständlichkeit: „Wir möchten die besten Talente gewinnen – Menschen, die nicht nur die erforderlichen Qualifikationen mitbringen, sondern auch kulturell gut zu uns passen, unabhängig davon, aus welchem Land sie kommen“, heißt es vom Leiterplattenhersteller.
Das Recruiting im Ausland funktioniert, doch getan ist es damit noch nicht: „Wir unterstützen unsere Mitarbeiter auch bei Visa- und Arbeitserlaubnisverfahren, bieten Relocation Payment an, das zur Deckung der Umzugskosten beiträgt, und übernehmen in vielen Fällen auch die Kosten für den Familiennachzug.“ Ähnliche Starthilfen bieten auch die Andritz AG und AVL an. Beide Firmen beschäftigten Mitarbeiter aus rund 50 Nationen. Neben bereitgestellten Firmenwohnungen punktet man auch mit Betriebskindergärten. AVL ermöglicht zudem auch den Partnern der Ankömmlinge Beschäftigungsmöglichkeiten an.
Missethon rät zu solchen Maßnahmen: „Im Gegensatz zu früher kommen die ausländischen Talente oft von weit her. Das heißt, dass sie zu Beginn viel Unterstützung brauchen. Für Firmen ist das natürlich neu. Die Fachkräfte brauchen einzugsbereite Wohnungen und Hilfe bei Behördenwegen. Für die Integration ist es hilfreich, wenn sie in Vereinen andocken können. Übertreiben sollte man es nicht, doch vor allem zu Beginn ist Hilfe wichtig.“
Unterstützung für Firmen
Aber woher als Unternehmen die Ressourcen für das Bürokratiemanagement und die Integration neuer Mitarbeiter nehmen? Seit 2011 bietet der für Firmen und ihre hochqualifizierten ausländischen Fachkräfte gegründete Club International (Cint) Hilfe an. 48 Unternehmen – vornehmlich aus Industrie, Pflege und Forschung – gehören ihm derzeit an. Geschäftsführerin Veronika Wolf erklärt: „Wir fördern den langfristigen Verbleib von globalen Talenten. Ausländische Fachkräfte, die bei einem unserer Mitgliedsbetriebe angestellt sind, und deren Familienangehörige können sich jederzeit mit Anliegen an uns wenden. Wir helfen ihnen bei Behördengängen, Fragen rund um den Aufenthaltstitel und der Gesundheitsversicherung, bei der Beantragung der Rot-Weiß-Rot-Karte (mehr in der Hinweisbox unten) oder auch rund um Deutschkurse und schulische Fragen.“ Das Service werde gut angenommen. Pro Jahr betreue man 2.500 Menschen aus 96 Nationen. „Die Erwartungen der Ankömmlinge sind unterschiedlich. Sie kommen aus verschiedenen Kulturkreisen und durchleben auch den einen oder anderen kulturellen Schock“, erklärt Wolf. In den ersten drei Jahren sei die Betreuungsquote besonders hoch. 75 Prozent der ausländischen Fachkräfte der Mitgliedsbetriebe nehmen in diesem Zeitraum das Service von Cint in Anspruch. Alles allein bewerkstelligen könne man aber nicht. Die Gesellschaftskultur in Österreich müsse geöffnet werden, heißt es von Wolf.
Die Rot-Weiß-Rot-Karte berechtigt Drittstaatsangehörige zur befristeten Niederlassung und zur Beschäftigung bei einem bestimmten Arbeitgeber in Österreich. Sie wird für 24 Monate ausgestellt. Beantragt werden kann sie unter anderem von besonders Hochqualifizierten sowie Fachkräften in Mangelberufen. Dabei müssen gewisse Kriterien erfüllt werden (siehe: https://www.migration.gv.at). Die Karte wird entweder vom Arbeitnehmer bei einer zuständigen österreichischen Vertretungsbehörde im Ausland beantragt oder vom Arbeitgeber. Zuständig ist dann die Bezirkshauptmannschaft oder das Magistrat. Die Karte kann nach zwei Jahren verlängert werden.
Seit 30 Jahren hilft das Kooperationsnetzwerk Eures europaweit Arbeitgebern bei der Suche nach Mitarbeitern und Arbeitssuchenden bei der Suche nach Arbeitsstellen. Für Eures ist ein Netz von Beratern tätig, die Arbeitssuchenden und Arbeitgebern im persönlichen Kontakt Informationen, Hilfe und Unterstützung zur Verfügung stellen können. Als Arbeitgeber kann man sich im Eures-Portal registrieren und erhält so Zugang zu Lebensläufen von Arbeitssuchenden in der Eures-Datenbank. Darüber hinaus können Arbeitgeber Suchkriterien speichern. Sobald sich Arbeitssuchende registrieren, die den Kriterien entsprechen, erhält man eine Benachrichtigung per E-Mail. Als Arbeitgeber kann man über Eures auch Stellenangebote bekanntmachen. Mehr dazu unter: https://eures.europa.eu/employers_de