
Wie Feelgood-Manager gegen den Fachkräftemangel steuern
Immer mehr Firmen setzen auf Wohlfühl-Manager. Doch warum und was bringen sie? Wir haben nachgefragt.
Lesedauer: 4 Minuten
Was in den USA schon seit längerem gang und gäbe ist, boomt zur Zeit auch bei unseren deutschen Nachbarn, und auch hierzulande leisten sich immer mehr Unternehmen einen Wohlfühlbeauftragten. Als Schnittstelle zwischen Beschäftigten und der Führungsebene sorgen sie mit unterschiedlichen Maßnahmen, wie der Organisation von Firmenevents, Gesundheitsangeboten und Befragungen, für ein möglichst gutes Betriebsklima. Doch wozu das Ganze? Drei Firmen und eine Expertin geben Antworten auf fünf brennende Fragen.
1. Lohnt sich das Feelgood-Management für Unternehmen?
Doris Steinscherer, Gründerin der ersten Feelgood Management Akademie in Österreich, ist von der Sinnhaftigkeit von Wohlfühlbeauftragten überzeugt – vor allem in Zeiten des Fachkräftemangels seien Betriebe angehalten, sich zu überlegen, wie sie Beschäftigte gewinnen und halten könnten. Ihr Ansatz: Wer unglücklich ist, geht. „Beim Feelgood Management geht es um eine wertschätzende Unternehmenskultur. Das ist wichtig, denn jüngere Arbeitnehmer haben meist ein anderes Verständnis von Arbeit als ältere Generationen. Sie hinterfragen viel. Unabhängig vom Alter gilt aber, dass zufriedene Mitarbeiter eine stärkere Bindung zum Unternehmen entwickeln, ihre Produktivität wird erhöht und der Stresspegel reduziert. Der Arbeitgeber gewinnt somit an Attraktivität.“

2. Sind Arbeitgeber also für das Glück ihrer Mitarbeiter verantwortlich?
Nein, weiß Steinscherer. Nicht alles müsse von außen kommen. „Man kann von einer Führungskraft nicht erwarten, dass sie ihre Angestellten glücklich macht. Was viele Arbeitgeber aber oft unterschätzen, ist, wie viel Einfluss sie auf das Wohlbefinden ihrer Mitarbeiter haben.“ Sehr früh erkannt hat das die Niceshops GmbH mit drei Standorten in Saaz, Graz und Wien. Ansatz von Firmengründer Roland Fink: „Bei uns soll niemand zwida von der Arbeit nach Hause kommen.“ Im Unternehmen gibt es daher ein eigenes Feelgood-Management-Team, bestehend aus drei Mitarbeitern. Diese arbeiten hauptsächlich in anderen Unternehmensbereichen, beschäftigen sich jedoch im Schnitt etwa ein bis zwei Tage pro Woche mit Feelgood-Initiativen. „Sie kümmern sich um alle Benefits, sorgen für eine für alle passende Arbeitsumgebung und organisieren Firmenevents. Dabei behalten sie alle Angebote im Blick und evaluieren und entwickeln diese kontinuierlich weiter“, heißt es von Niceshops. Doch auch in Krisenzeiten kommt das Team zum Einsatz. Anfang des Jahres musste sich das Unternehmen von 90 Beschäftigten trennen. Das Feelgood-Team half den betroffenen Mitarbeitern bei der Stellensuche, begleitete sie im Bewerbungsprozess und coachte sie.
3. Gibt es das „eine richtige“ Feelgood-Management?
Laut Steinscherer – nein! Jede Firma sollte entsprechend ihres Leitbilds agieren. Das Aufstellen von Kickertischen und Obstkörben allein reiche jedenfalls nicht aus: „Feelgood-Management ist eine Schlüsselrolle, die dafür sorgen soll, dass eine menschenorientierte Unternehmenskultur etabliert und aufrechterhalten wird“, stellt Steinscherer klar. In der Therme Rogner Bad Blumau scheint das zu gelingen. Hier setzt man nicht nur auf einen Feelgood-Manager, sondern überträgt diese Aufgabe allen 27 Managern und Teamleitern. „Wir haben erkannt, dass das Unternehmensumfeld und das Management so ausgelegt werden müssen, dass sich alle beteiligten Personen darin wohl und wertgeschätzt fühlen. Nur das führt zu langfristiger Motivation. Unsere Vision lautet ,Wertschöpfung durch Wertschätzung‘“, erklärt Ines Erlacher von der Therme Blumau. Anstatt Mitarbeiter zufriedenstellen zu wollen, strebe man, wie auch bei Gästen, Begeisterung an. Selbsterklärend, dass es dafür kein fixes Stundenkontingent gibt. Jede Führungskraft entscheidet individuell und nach Bedarf, wie viel Zeit sie sich für das Feelgood-Management nimmt.

4. Kann die Stelle eines Feelgood-Managers auch ein Vollzeitjob sein?
Dass das geht, beweist das Vier-Sterne-Hotel Samerhof in Kärnten. Hotelier Christian Wassertheurer wollte ebenfalls etwas für das Wohlergehen seiner Belegschaft tun. Unterstützung dafür holte er sich von außen „Ich treffe gerne Entscheidungen und habe die Zahlen im Griff, aber auf anderen Ebenen bin ich unbrauchbar. Als Leiter fehlt mir die Sicht zur Basis“, erzählt Wassertheurer. Die Lösung sah er in der Schaffung einer Feelgood-Manager-Vollzeitstelle. Besetzt wurde sie mit Patrick Fritz, einem touristischen Quereinsteiger, der aber ein Gespür für die Bedürfnisse von Mitarbeitern und Gästen hat. Im stressigen touristischen Alltag ist er das Bindeglied zwischen der Geschäftsleitung, den Mitarbeitern und den Gästen. „Ich bin da, wo der Hut brennt, und fungiere als Vertrauensperson. Wer ein Anliegen hat, kommt zu mir. Die Hierarchien sind bei uns flach“, beschreibt Fritz seinen Arbeitsalltag. Für Hotelier Wassertheurer zahlte sich die Neuschaffung der Stelle aus: „Abgänge waren bei uns schon immer selten, doch mit der Etablierung eines Feelgood-Managers haben wir die Mitarbeiterführung perfektioniert. Unser Betrieb ist sogar gewachsen.“
5. Ist die Schaffung eines Feelgood-Managements somit ein Garant für weniger Abgänge und mehr Bewerbungen?
Doris Steinscherer ist überzeugt davon, doch schnelle Erfolge dürfe man nicht erwarten. „Das Feelgood-Management sät täglich Samen, doch bis diese dann Früchte tragen, ist es ein langer Prozess. Umsatz und Gewinn sind für jedes Unternehmen wichtig, doch zufriedene Mitarbeiter sollten es auch sein. Kostspielige Fluktuationen erspart man sich dadurch.“ Ines Erlacher von der Therme Rogner Bad Blumau hat ähnliche Erfahrungen gemacht: „Vieles muss lange Zeit reifen, bis es seine volle Wirkung entfaltet.“ Entgegen vieler Tourismusbetriebe sehe sich die Therme derzeit aber mit keinem Mitarbeitermangel konfrontiert, sondern gelte als besonders beliebter Arbeitsplatz. Zu tun gibt es in puncto Zufriedenheit aber nach wie vor: „Auf den Lorbeeren ausruhen dürfen wir uns nicht“, schließt Erlacher.
