Verständliche Sprache als Erfolgsfaktor
Das in Graz ansässige Unternehmen „capito“ unterstützt Unternehmen und Institutionen mit Künstlicher Intelligenz dabei, Texte zu vereinfachen. Der Bedarf ist groß – auch aufgrund des neuen Barrierefreiheitsgesetzes.
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Die Idee entstand im Jahr 2000 im Zuge eines EU-Projekts, an dem auch Menschen mit geistiger Behinderung beteiligt waren, erinnert sich Walburga Fröhlich, Geschäftsführerin der „capito – CFS GmbH“: „Uns (ihr und Co-Gründer Klaus Candussi, Anm.) wurde schnell klar: Dafür müssen wir Verträge, Finanzpläne und Co. anders schreiben, sie verständlicher machen. Das haben wir auch getan – und gesehen, dass man so auch Menschen mit Lernschwierigkeiten stärker einbinden und selbständiger machen kann, als es gemeinhin als möglich angenommen wird.“ Damit war die Unternehmensidee gefunden. Was dann über Jahre von zahlreichen Experten in mühsamer Übersetzungsleistung erledigt wurde, macht mit capito.ai seit 2018 eine Künstliche Intelligenz. In der Folge gewann das Unternehmen zahlreiche Preise, zuletzt den Innovationspreis Steiermark 2024. Mehr als neun Millionen Nutzer sprechen eine deutliche Sprache. Kein Wunder, wie Fröhlich betont: „Die Hälfte aller Menschen hat Probleme, komplexe Texte zu verstehen. Wenn so viele Personen etwa Bescheide, medizinische Informationen oder Berichte in Qualitätsmedien nicht verstehen, ist das ein ernsthaftes gesellschaftliches Problem.“
Capito bietet hier die Lösung: „Wir unterstützen Menschen, die Informationen verfassen, dabei, das in leichter verständlicher Sprache zu machen“, fasst Fröhlich zusammen. Konkret funktioniert das durch eine KI-gestützte Schreibassistenz. Nutzer der Software – etwa Medienunternehmen – können beispielsweise Artikel automatisiert auch in einer einfacheren Variante erstellen lassen. Wer es lieber selbst versucht, kann sich im System aber auch unkompliziert Tipps holen, wie die Vereinfachung gelingen kann.
Wichtiger Faktor für heimische Unternehmen
Anwendung findet capito.ai in vielen Bereichen. „Zum Beispiel von Unternehmen in der internen Kommunikation sowie im HR-Bereich“, so Fröhlich. Häufig genutzt wird die Software auch von Banken oder Versicherungen – und unterschiedlichsten Betrieben, die im Online-Bereich tätig sind. Eine entscheidende Rolle dürfte capito auch vor dem Hintergrund des 2025 in Kraft tretenden Barrierefreiheitsgesetzes zukommen. „Viele Unternehmen haben noch nicht wirklich am Schirm, was da auf sie zukommt“, betont Fröhlich. Dabei seien alle Betriebe, die im E-Commerce tätig sind, betroffen. „Sogar Friseurinnen, die nur ein Online-Buchungssystem nutzen“, so die capito-Geschäftsführerin. Nur Kleinstunternehmen sind ausgenommen. Capito könne hier eine einfache und effiziente Lösung bieten, um Inhalte verständlich aufzubereiten.
Möglich wurde der Erfolg auch durch EU-Förderungen. „Die Idee war es, eine derartige Software in Europa zu entwickeln – und so nicht auf Produkte aus etwa den USA angewiesen zu sein“, so Fröhlich. Das sei gelungen. „Wir haben das Erfahrungswissen unser Experten aus mehr als 20 Jahren in Algorithmen gegossen.“
Heute ist man im DACH-Raum stark vertreten und im europäischen Raum bereits führend. Kürzlich wurde mit ersten Franchisepartner in Spanien und Italien gestartet – früher oder später will man auch die USA erobern. 110 Mitarbeiter allein in Graz, regionale Experten an den mittlerweile 17 Standorten in Europa noch nicht mitgerechnet, sprechen schon jetzt eine deutliche Sprache – wie auch mehr als 30 Forschungspartnerschaften.
Mit capito können Experten, TÜV-zertifiziert, direkt in der sprachlichen Vereinfachung unterstützen, oder man nutzt die App bzw. die Website. Dafür muss man sich nur registrieren – 450 Zeichen können gratis gleich in der Demo-Version auf der Website getestet werden. Die Software kann aber auch direkt mit etwaigen E-Mail-Programmen, Content-Management-Systemen oder Tools wie Microsoft Word verknüpft und dort automatisiert angewandt werden. Das Unternehmen bietet zudem Fortbildungen an.
Quergefragt
Was ist Ihre Vision?
Fröhlich: Jeder Mensch, der einen verständlichen Text verfassen möchte, soll das mit unserer Software einfach und ohne Barriere tun können.
Was sind die größten Herausforderungen in Ihrem Bereich?
Fröhlich: Das KI-Umfeld ist sehr volatil. Man muss laufend bewerten, was ethisch vertretbar ist und wie man mit Veränderungen umgehen sollte.
Und Ihre nächsten Ziele?
Fröhlich: Wir wollen in ganz Europa mit regionalen Partnern vertreten sein – und mittelfristig in die USA expandieren.