Christian Wipfler und Dominik Santner halten je einen Teil eines zerrissenen, großen 100-Euro-Geldscheins
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Tax Freedom Day: Bis 15. August arbeiten Herr und Frau Österreicher nur für den Staat

Der Tax Freedom Day fällt heuer auf den 15. August – so lange müssen die Österreicher arbeiten, um alle Steuern und Abgaben zu bezahlen.

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Aktualisiert am 22.09.2023

Das am Standort Österreich klebende Etikett als „Hochsteuerland“ lässt sich am Kalender festmachen: So arbeiten die Österreicher statistisch 227 Tage im Jahr – also bis 15. August – nur, um die anfallenden staatlichen Steuern und Abgaben bezahlen zu können. Damit liegt man in Sachen Steuerlast im europäischen Spitzenfeld (siehe Grafik). Nur in Belgien, Deutschland und Frankreich sind die Lohnnebenkosten höher, wie der jährliche Vergleich des Hayek Instituts/Austrian Economics Center (AEC) zeigt.


„Leider hat es in den letzten Jahren diesbezüglich keine signifikante Verbesserung gegeben“, beklagen Christian Wipfler, Vorsitzender der Jungen Wirtschaft, und Junge-Industrie-Vorsitzender Dominik Santner. So habe sich der sogenannte Tax Freedom Day in den vergangenen Jahren immer weiter nach hinten verschoben. 2020 fiel er noch auf den 31. Juli – coronabedingt sanken damals die Steuereinnahmen, gleichzeitig blieb das Volkseinkommen aber stabil. 2021 lag der „Schalttag“ bereits am 8. August und ist seit dem Vorjahr (14. August) um einen weiteren Tag nach hinten gerückt. „62,5 Prozent des Jahres arbeiten wir damit ausschließlich für den Staat“, rechnet AEC-Ökonom Martin Gundinger vor.

Steuerfreiheit Ende Juni

Vor allem die hohe Belastung des Faktors Arbeit sorgt im internationalen Standortwettbewerb für Nachteile. „Damit sind wir ein unattraktives Land für Arbeitnehmer“, kritisiert Santner. Daran habe auch die teilweise Abschaffung der kalten Progression nichts geändert: „Das ist nur ein Pflasterlpicken und reicht bei weitem nicht aus.“


Die Wirtschaftsvertreter fordern daher ein umfassendes Maßnahmenbündel, um den Unternehmen mehr Spielraum für Beschäftigung und Investitionen zu ermöglich. Hebel dafür wären zum einen eine effizientere öffentliche Verwaltung, zum anderen eine deutliche Senkung der Abgabenlast. Das würde die Produktivität steigern und damit auch inflationsbremsend wirken, ist Wirtschaftsforscher Gundinger überzeugt. Er verweist diesbezüglich auf Staaten, die beispielsweise durch eine restriktivere Umverteilungspolitik eine effektivere Armutsbekämpfung geschafft haben. „Die Politik müsste nur die Bereitschaft haben, von anderen Ländern zu lernen und die Lehren auch umzusetzen“, so Gundinger.

Auch Junge-Wirtschaft-Vorsitzender Christian Wipfler wird zunehmend ungeduldig: „Es müssen Taten folgen, nicht nur leere Versprechen.“ Als Zielvorgabe gibt er „Halbe-Halbe“ aus – also dass der Tax Freedom Day künftig auf Ende Juni fällt.  



Kalte Progression „frisst“ weiterhin

In Kombination mit der nur teilweise abgeschafften kalten Progression verschärft die Inflation den Steuerdruck.

Die Abschaffung der kalten Progression war eines der zentralen Regierungsprojekte – ist aber bis heute nur zu zwei Dritteln umgesetzt. Demnach steigen die Tarifgrenzen automatisch um zwei Drittel der Inflationsrate. Ein Drittel der schleichenden jährlichen Steuererhöhung durch automatisches Vorrücken in eine höhere Tarifklasse aufgrund einer Nichtanpassung an die Inflation existiert aber immer noch. 

Das wirkt sich in Kombination mit der aktuell sehr hohen Inflation negativ auf die Lohnsteuerzahler aus. Dem Staat bleibt durch die höheren Steuereinnahmen dagegen „ein zusätzliches Körberlgeld“, rechnet Martin Gundinger vom Hayek Institut vor. „Die Politik darf aber nicht Profiteur der Inflation sein“, drängt er auf eine vollständige Abschaffung der kalten Progression. Laut Progressionsbericht von Wifo und IHS wird der Staat im kommenden Jahr 3,65 Milliarden Euro an die Steuerzahler „zurückgeben“.