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Warum Unternehmen ihre Geschichte erzählen sollten

Geschichten begleiten Menschen von klein auf. Steirische Unternehmen zeigen, dass sie auch fürs Business nützlich sind.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 08.11.2023

Adrenalin, Sport und Abenteuer: Wer an die Marke Red Bull denkt, dem fallen wohl sofort diese Schlagworte ein. Getränkehersteller gibt es viele, doch nicht alle lösen bei Konsumenten so viele Emotionen aus wie der österreichische Energydrink. Was Red Bull und andere Marken wie Nike oder Milka anders machen? Sie erzählen rund um ihre Produkte und ihr Unternehmen eine Geschichte und transportieren so Botschaften, die Rezipienten ansprechen. Das Erzählen von Geschichten – im Marketing „Storytelling“ genannt – macht bereits seit einigen Jahren die Runde. Heute ist es aus der modernen Marketingkommunikation nicht mehr wegzudenken. Doch nicht nur große Konzerne profitieren vom Geschichtenerzählen. Auch kleine und mittlere Unternehmen können es für ihr Business einsetzen.   

Eine, die es wissen muss, ist Nina Popp. Seit 15 Jahren arbeitet sie als selbständige Texterin in Graz. Storytelling empfiehlt sie jedem noch so kleinen Betrieb: „Es gibt unheimlich viele Firmen, die ähnliche Dienstleistungen oder Produkte anbieten. Oft sind Konsumenten mit der Vielzahl an Daten, Zahlen und Fakten, mit denen Produzenten werben, überfordert und vergessen diese schnell. Bilder und Erlebnisse bleiben hingegen länger im Kopf.“ 

Oft sind Konsumenten mit der Vielzahl an Daten, Zahlen und Fakten, mit denen Produzenten werben, überfordert und vergessen diese schnell. Bilder und Erlebnisse bleiben hingegen länger im Kopf


Tatsächlich ist der Mitbewerb unter Unternehmen so hoch wie noch nie. Heutzutage reicht es schon lange nicht mehr, allein mit dem Nachbarbetrieb zu konkurrieren. Auch mit weltweit tätigen Online-Händlern müssen Betriebe Schritt halten können und um die Aufmerksamkeit von Kunden buhlen. Von Winzern bis zu Technologiefirmen: Die Liste derer, die sich an Nina Popp wenden, um sich von der Masse abzuheben, ist lang. Beauftragt wird sie in erster Linie, um Texte für Webseiten zu erstellen. Mit dem Erfinden von Geschichten habe das jedoch nichts zu tun: „Wenn ich Unternehmensgeschichten erzähle, investiere ich zuallererst Zeit in ein Gespräch. Ich achte genau darauf, wie die Unternehmer über ihre Produkte sprechen und was sie antreibt. Mich interessiert, wie sie ihr Business gestartet und Krisen gemeistert haben und wer die Leute hinter den Produkten sind. Es geht einfach um das Menschliche“, erzählt Popp.

Nina Popp
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Für sie ist klar: Jeder Betrieb hat eine Geschichte. Auf was es ankommt, sei aber das richtige Erzählen. „Eine gute Geschichte ist spannend. Sie hat Höhen und Tiefen und lebt von bildhaften Vergleichen und Verben, die aktivieren. Abstrakte Wörter haben da hingegen nichts zu suchen“, weiß Popp. Die eigene Unternehmensgeschichte selbst zu verfassen, davon rät die Storytelling-Expertin ab: „Das Texten ist ein Handwerk. Man muss wissen, wie eine Geschichte aufgebaut werden soll, um Emotionen auszulösen. Das braucht viele Überlegungen.“   

Auch Bilder können Geschichten erzählen 

Während Popp die Geschichte von so manchem steirischen Unternehmen mit niedergeschriebenen Worten erzählt, tun dies Veronika Götz und Laura Schindler mit bewegten Bildern. 2021 gründeten sie in Graz die Filmproduktion „erklär’s mir“.  Seitdem erstellen sie Erklär- und Werbevideos für kleinere und größere Betriebe sowie Organisationen, die auf Webseiten und Social-Media-Kanälen veröffentlicht werden. Warum es sich lohnt, neben Texten auch auf Videos zu setzen? „Bettet man auf einer Webseite auch Videos ein, dann verlängert sich automatisch die Verweildauer der Nutzer. Die Aufmerksamkeit wird erhöht und die Geschichte bleibt noch stärker in Erinnerung“, verrät Laura Schindler.

Bei „erklär’s mir“ ist die studierte Illustrationsdesignerin für das Zeichnen zuständig. Für jeden Film – in der Regel haben sie eine Dauer von 30 Sekunden bis acht Minuten – überlegt sie sich gemeinsam mit ihrer Kollegin Veronika Götz ein Drehbuch. Auch dieses basiert nicht auf einer Erfindung, sondern auf der wahren Geschichte des Unternehmens: „Zu Beginn eines jeden Videoprojekts treffen wir uns persönlich mit dem Auftraggeber. Wir möchten verstehen, wie der Betrieb arbeitet und was er genau macht. Wichtig ist für uns, zu verstehen, was die Unternehmer mit ihrem Tun erreichen wollen. Was für uns weniger wichtig ist, sind Daten und Zahlen“, so Schindler. Während viele Selbständige glauben, potenzielle Kunden mit Fakten überzeugen zu können, sei das Gegenteil der Fall. „Es geht in unseren Videos nicht um das Runterrattern von Information. Die Videos sollen Leben in sich haben. Niemand muss zu uns mit einer fertigen Idee kommen. Wir helfen dabei, sie gemeinsam zu entwickeln“, sagt Schindler. 

Veronika Götz und Laura Schindler
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Das Konzept scheint zu überzeugen. Obwohl erst seit zwei Jahren mit „erklär’s mir“ im Geschäft, haben sie bereits Aufträge aus ganz Österreich sowie auch aus Deutschland und der Schweiz erhalten. Schindler ist überzeugt: „Für jedes Unternehmen, das sich von der Masse abheben möchte und nicht nur auf Qualität, sondern auch auf Kreativität und Emotionen setzt, machen Videos auf Webseiten  absolut Sinn.“