Stellungnahme – Novelle Steiermärkisches Jugendgesetz 2013

11.4.2024

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 14.09.2024

Empfänger

Amt der Stmk. Landesregierung
Abteilung 3 Verfassung und Inneres
Fachabteilung Verfassungsdienst
Burgring 4
8010 Graz


Absender

WKO Steiermark
Präsidium
Körblergasse 111–113
8010 Graz


Datum

Graz, am 11.4.2024

Inhalt


Stellungnahme - Novelle Steiermärkisches Jugendgesetz 2013

GZ: AABT03VD-2850/2013-49


Sehr geehrte Damen und Herren,

die WKO Steiermark dankt für die Übermittlung einer Novelle des Gesetzes über den Schutz und die Förderung von Kindern und Jugendlichen - Steiermärkisches Jugendgesetz (StJG 2013) und nimmt dazu wie folgt Stellung:

Allgemeines

Im Entwurf der Novelle zum StJG 2013 wird an verschiedenen Stellen wiederkehrend auf eine neue Steirische Jugendstrategie verwiesen. Nach Durchsicht der uns zur Verfügung gestellten Unterlagen und auch nach Recherche auf den Websites des Landes Steiermark konnten dazu keine Inhalte gefunden werden, die eine Beurteilung des vorliegenden Entwurfes auch im Hinblick auf eine zukünftige Steirische Jugendstrategie ermöglicht. Über Nachfrage in der zuständigen Abteilung wurde uns mitgeteilt, dass die neue Steirische Jugendstrategie derzeit noch in Ausarbeitung ist und erst beschlossen werden soll. Dieser Umstand ist durchaus befremdlich, da diese Vorgehensweise Fragen offen lässt und insgesamt zu einem Mangel an Information und Transparenz beiträgt.

Zur Novelle ist generell anzumerken, dass die vor einigen Jahren angestrebte Vereinheitlichung der Jugendschutzbestimmungen der Länder immer mehr verlassen wird. Dies ist zwar verfassungskonform, führt aber bei den betroffenen Jugendlichen zu Unverständnis, wenn hierorts ein Verhalten verboten, aber nur wenige Kilometer entfernt über die Landesgrenze hingegen erlaubt ist. 

Die Übernahme der Definitionen des Tabak- und Nichtraucherschutzgesetzes - TNRSG hat viel zu einer bundesweiten Rechtsvereinheitlichung beigetragen. Nunmehr wird wieder ein eigener Weg im Zusammenhang mit den Nikotinbeuteln - noch dazu mit unbestimmten Gesetzesbegriffen - gewählt. Weiters ist anzunehmen, dass die noch ausstehende Novelle des TNRSG wiederum zu Adaptierungen des Steiermärkischen Jugendgesetzes mit geänderten Begriffsbestimmungen führen wird müssen.

Im Detail

Zu § 3 Abs 1 StJG – Kinder- und Jugendarbeit

Im gegenständlichen Entwurf entfällt das Handlungsfeld „Bildungs- und Berufsorientierung“. Gerade diese ist aber wesentlich, um die Talente und Interessen von Kindern und Jugendlichen mit den Anforderungen am Arbeitsmarkt in Einklang zu bringen. Sie bildet damit Basis für eine eigenverantwortliche Gestaltung der eigenen Bildungs- und Berufslaufbahn. Das neue Themenfeld „Bildung und Information“ greift daher zu kurz: Es fehlt zum einen gänzlich der Bezug zur Arbeits- bzw. Berufswelt, obwohl auch diese ein wesentlichen Teil der Lebensrealitäten junger Menschen einnimmt. Zum anderen ist Information alleine oftmals keine ausreichende Orientierungshilfe für Kinder und Jugendliche. Wir regen daher für das Themenfeld „Bildung und Information“ an, den etablierten Begriff „Bildungs- und Berufsorientierung“ zu verwenden. 

Darüber hinaus fehlt in den neuen Themenfeldern der Bereich „Wirtschaft und Finanzen“. Gerade dieses Thema begegnet Kindern und Jugendlichen tagtäglich (z.B. beim Einkauf, durch den Beruf der Eltern, Medienberichte etc.), ohne dass diese über grundlegende wirtschaftliche Zusammenhänge Bescheid wissen. Die Wirtschafts- und Finanzbildung ist ein wesentlicher Teil der Allgemeinbildung. Allerdings kommt die Vermittlung von Wirtschafts- und Finanzwissen derzeit in den heimischen Schulen zu kurz, weswegen diese jedenfalls ein strategisches Themenfeld in der Kinder- und Jugendarbeit darstellen sollte. 

Zu § 18 iVm § 2 Z 12a StJG – sonstige Nikotinerzeugnisse

Die Einbeziehung von „sonstigen Nikotinerzeugnissen“, also „Nikotinbeutel und sonstige zum Konsum bestimmte nikotinhältige Produkte“, wird seitens der WKO Steiermark begrüßt.

Dazu kann festgehalten werden, dass die Tabakfachgeschäfte diese Jugendschutzvorgabe bereits seit 2019 in ihren Standesregeln und unter Androhung von Geldstrafen und Sanktionen im Tabakmonopolgesetz normiert und somit vorweggenommen haben. 

Die Einbeziehung „aller zu deren Verwendung bestimmter Geräte zur Konsumation (zB Wasserpfeifen, Tabakerhitzer)“ kann jedoch wegen der Verwendung von unbestimmten Gesetzesbegriffen die Behörden wie auch die Normunterworfenen vor größere Probleme stellen. Aus unserer Sicht macht es sich dabei der Landesgesetzgeber zu einfach. Konkret wären Grenzwerte, Definitionen und echte Unterscheidungsmerkmale dringend notwendig. Wie der Landesgesetzgeber selbst zu Z 11 in seinen Erläuterungen anführt, führt die Verwendung unbestimmter Begriffe zu Problemen in der Vollziehung. Beispielsweise gibt es eine Reihe von Lebensmitteln, die Nikotin enthalten (Tee, Kartoffel, Tomaten usw.). Fallen daraus erzeugte Produkte etwa auch unter diese Bestimmung? Ähnlich verhält es sich bei der Verwendung eines Wortes wie „aller“ Geräte. Damit wäre auch der Besitz einer „funktionsuntauglichen“ Wasserpfeife z.B. als Wohnungsschmuck für Jugendliche zukünftig verboten. 

Vor diesem Hintergrund fordern wir genauere Definitionen ein.

Zu § 20 Abs 1 StJG - Jugendgefährdende Medien, Gegenstände und Dienstleistungen

In Bezug auf die geplante Bestimmung ist zu hinterfragen, weshalb die Begriffsbestimmung der jugendgefährdenden Gegenstände - denn nur auf diese bezieht sich allem Anschein nach die angeführte Wendung „Gewalt fördern (z.B. Waffenimitate, bei denen eine Verwechslungsgefahr mit echten Waffen besteht, Softguns und ähnliche Gegenstände)“ - direkt in der Bestimmung des § 20 Abs 1 erfolgt und nicht, wie auch vom erkennenden Landesverwaltungsgericht gefordert, in den Begriffsbestimmungen des § 2 erfolgt, wo diese Definition auch thematisch anzuführen wäre. Zusätzlich ist festzuhalten, dass der verwendete Begriff der „… ähnlichen Gegenstände“ bei der Auslegung dieser Gesetzesstelle zu Problemen führen wird, weil es sich hierbei um einen unbestimmten Rechtsbegriff handelt, der auch bei gleichzeitiger Beachtung der der Novelle beigelegten Erläuterung nicht näher definiert ist.

Aus diesen Gründen hat die Begriffsbestimmung der „jugendgefährdenden Gegenstände“ legistisch in § 2 StJG zu erfolgen und ist der darin enthaltene Begriff der „ähnlichen Gegenstände“ vollkommen aus dem Entwurf zu streichen.

Zum Begriff der „Spielsachen“ in den Erläuterungen:
Hierzu ist festzuhalten, dass es aus Sicht des Spielwarenhandels leider unverständlich ist, wie dieser Begriff zu verstehen ist, vor allem in Anbetracht dessen, da es sich bei Spielzeug im Sinne des § 3 Z 7 lit e Lebensmittelsicherheits- und Verbraucherschutzgesetz (LMSVG), um „Gegenstände handelt, die – ausschließlich oder nicht ausschließlich – dazu bestimmt oder gestaltet sind, von Kindern unter 14 Jahren für den Gebrauch beim Spielen verwendet zu werden“. Alle anderen Gegenstände, die in eventu als Spielzeug im Sinne des ausgesandten Entwurfes angesehen werden könnten, sind in den oben stehenden Begrifflichkeiten des Entwurfes bereits enthalten. In Bezug auf Spielzeug im Sinne des LMSVG ist mit Nachdruck darauf hinzuweisen, dass dieses ohnehin strengen gesetzlichen Bestimmungen und auch einer ständigen Kontrolle durch die Marktüberwachungsbehörden unterworfen ist. Aus diesem Grund ist die Aufnahme dieses Begriffs in den Erläuterungen im vorliegenden Entwurf nicht nachvollziehbar und führt, weil es sich bei „Spielsachen“ um einen unbestimmten Rechtsbegriff – dieser erfährt in der österreichischen Rechtsordnung an keiner Stelle eine genauere Definition - handelt, zu noch mehr Rechtsunsicherheit.

Aus diesen Gründen ist der Begriff  „Spielsachen" aus den Erläuterungen im Entwurf zu streichen.


Die WKO Steiermark ersucht um Berücksichtigung der vorgebrachten Einwendungen.

Freundliche Grüße

Ing. Josef Herk, Präsident

Dr. Karl-Heinz Dernoscheg, MBA, Direktor 


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