Mitarbeiter und Shopleiter bei Intersport Tscherne im Grazer Center West
© Foto Fischer

Schritt für Schritt Fuß fassen am Arbeitsmarkt

Wie inklusive Beschäftigung auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten gelingen kann? Wir haben uns das bei zwei Betrieben in der Praxis angeschaut.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 10.10.2024

Der Blick auf die Statistik ist ernüchternd: Die Zahl der Arbeitslosen in der Steiermark ist seit dem September des Vorjahres um 14 Prozent gestiegen, wie aktuelle AMS-Zahlen belegen. Demnach waren Ende September 32.310 Menschen in der Steiermark ohne Job – am stärksten ist der Zuwachs im produzierenden Bereich (plus 31,2 Prozent auf 3.955 Arbeitslose). Doch wie steht es am Jobmarkt um Menschen mit besonderen Bedürfnissen? Wie herausfordernd ist der Einstieg für sie in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, wie wir sie derzeit erleben? Wir haben bei LebensGroß nachgefragt, wo man seit Jahren die inklusive Beschäftigung vorantreibt. Im Zuge des Projekts „Step by Step“ werden dort Menschen auf dem Weg in die Arbeitswelt begleitet. 18 „Teilnehmer“ sind es aktuell, die mit Coachings und Orientierungspraktika behutsam an das Thema herangeführt werden. „Es braucht auf beiden Seiten Unterstützung, damit inklusive Beschäftigung gelingen kann“, weiß LebensGroß-Chefin Susanne Maurer-Aldrian. „Das richtige Matching ist der Schlüssel dazu, so lässt sich echter Mehrwert schaffen.“

Wertvolle Unterstützung für das Team

Im Fall von Philipp Kriegl ist genau das gelungen. Der 22-jährige junge Mann ist seit einem halben Jahr Teil des 53-köpfigen Teams bei Intersport Tscherne im Grazer Center West. In dieser Zeit hat er sich zu einer wertvollen Unterstützung in der Fahrradwerkstatt entwickelt: Mit viel handwerklichem Geschick  montiert er Lenker und Pedale, das „Feintuning“ und weitere Einstellungen übernimmt ein Fahrradmechaniker. „Die Arbeit in der Werkstatt macht mir großen Spaß, ich kann dort in Ruhe arbeiten“, sagt er stolz. Wenn Fragen auftauchen, steht Philipp – und auch dem Betrieb – ein eigener Betreuer zur Seite. Rückblickend, sagt Philipp, habe er im letzten halben Jahr seine Zurückhaltung ablegen können. „Wenn ich mich nicht auskenne, frage ich bei meinen Kollegen nach.“ Shopleiter Michael Uitz zieht nach einigen Monaten eine erfreuliche Zwischenbilanz: „Philipp gehört für uns schon zum Inventar“, schmunzelt er. „Er sieht die Arbeit, ist gut organisiert und fühlt sich wohl bei uns. Man spürt richtig, wie er aufblüht, weil er gebraucht wird.“ Vor dem Start der Skisaison wolle man Philipp nun in Sachen Skiservice einschulen: „Das schafft er sicher“, ist Uitz überzeugt. 

Vom "holprigen" Praktikum zur Fixanstellung

Eine ähnliche Erfolgsgeschichte wird unweit davon geschrieben, nämlich im Lager der Spar-Zentrale in Puntigam. Dort arbeitet der 28-jährige Patrick Gashi: Er kommissioniert Obst und Gemüse, das dann an verschiedene Standorte ausgeliefert wird. Das Bemerkenswerte daran: Was vor einigen Jahren als Praktikum „holprig“ begonnen hat, hat nach der Begleitung durch „Step by Step“ zu einer regulären Anstellung geführt. Seit rund eineinhalb Jahren ist er dort in Vollzeit beschäftigt. „Meine Kollegen sind super nett, ich bin hier gut angekommen“, so Patrick. „Anfangs brauchte es Zeit, bis er sich sich an uns gewöhnt hat“, räumt Frischedienst-Hallenleiter Ewald Hartner ein: „Doch dann ist er selbstbewusster geworden und hat sich immer mehr zugetraut.“ Patrick leiste hervorragende Arbeit, bestätigt auch Spar-Geschäftsführer Christoph Holzer: „Inklusion ist bei uns nicht nur ein Wort, sondern gelebte Realität.“

Ins selbe Horn stößt auch WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk: „Eine Beeinträchtigung sagt nichs über den Wert eines Menschen als Mitarbeiter aus, nichts über seinen Einsatz und seine Identifikation zum Unternehmen.“ Die Einstellung von Menschen mit besonderen Bedürfnissen sei ein wichtiges gesamtgesellschaftliches Ziel, für das es auch umfassende Förderungen gibt (siehe Box). „Wir dürfen die Unternehmen bei einem so wichtigen Thema nicht allein lassen.“ 

Aktuell läuft auch eine Umfrage zu inklusiven Unternehmen.