Mann hät sich die Hände an den Kopf, während Hände mit Papierkram und Uhren ihn von rechts und links unter Stress setzen
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Raus aus dem Trott, rein in die Effizienz

Planung ist das halbe Leben: Das gilt auch in der Selbständigkeit. Mit einfachen Tipps lässt sich die Arbeitszeit optimal nutzen – ganz ohne Überstunden. 

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 25.07.2024

Das E-Mail-Postfach geht über, ein Termin jagt den nächsten, das Handy klingelt alle paar Minuten und am Ende des Tages hat man doch wieder das Gefühl, nichts geschafft zu haben. Situationen wie diese kennt wohl jeder Unternehmer. So auch die Steirerin Blanka Vötsch. Jahrelang war sie in der Projektleitung in der Automobilbranche tätig. „Ich habe sehr strukturiert und terminorientiert gearbeitet, aber auf Pausen nicht geachtet. Ich war ein Workaholic“, erzählt Vötsch. 
Längere Zeit ging es ihr schlecht. Warnsignale ignorierte sie. Irgendwann wollte der Körper nicht mehr. Auf der Heimfahrt mit dem Auto erlitt sie mit gerade einmal 35 Jahren einen Herzinfarkt. „Ich musste lernen, dass es beim Zeitmanagement nicht darum geht, so viel wie möglich in den Tag hineinzustopfen. Stattdessen soll man das Wesentliche priorisieren, das dann effizient erledigen und dann die Freizeit genießen, ohne ständig an die To-do-Liste denken zu müssen“, erklärt Vötsch. 

Es gilt, vom selbständigen Denken zum unternehmerischen Denken zu gelangen. Man muss nicht alles selbst und gleichzeitig machen.


Vor zwei Jahren verabschiedete sie sich aus dem Angestelltenverhältnis und gründete in Mooskirchen eine Akademie für Zeitmanagement und Produktivität. Seitdem gibt sie ihr Wissen in Vorträgen und Workshops weltweit weiter. Neben Deutschland und den Niederlanden werde sie auch immer öfter von österreichischen Firmen gebucht. Der Arbeitskräftemangel mache effizientes Arbeiten noch nötiger als sonst. Was Vötsch den Unternehmen rät? „Zunächst einmal muss man seine Aufgaben priorisieren. Stress entsteht immer dann, wenn man das Gefühl hat, dass man nicht alles in der zur Verfügung stehenden Zeit unterbringen kann. Wenn alles wichtig ist, ist nichts wichtig. Wenn klar ist, welche Aufgaben welche Priorität haben, kann man sich an die Planung machen. Ich rate zu einem Wochenplan. Die wichtigsten Aufgaben sollte man immer zu Beginn des Tages erledigen. So hat man, auch wenn im Laufe des Tages Chaos ausbricht, das Wesentlichste erledigt.“ 

Ziele und Auszeiten bewusst festlegen


Und dennoch: Auch das Unplanbare will geplant werden. Die Expertin rät, sich 30 bis 40 Prozent der Zeit als Puffer freizuhalten. Daneben gelte es, auf regelmäßige Pausen zu achten und Arbeitstage auch zu Ende gehen zu lassen. „Wir herrschen über unsere eigene Zeit. Die Ziele und die dadurch eingeschlagene Richtung sind wichtiger als die Geschwindigkeit. Natürlich kann man nächtelang arbeiten, aber davon hat eigentlich niemand etwas“, weiß Vötsch. 
Dem kann auch der in Hausmannstätten ansässige Unternehmer Wolfgang Bretschko nur beipflichten. 20 Jahre arbeitete er in einem Management-Job im Medienbereich. Seine Tage waren durchgetaktet. Aufgaben und Termine wurden abgearbeitet. Der Wunsch, etwas Eigenes auf die Beine zu stellen, ließ ihn 2013 in die Selbständigkeit wechseln. So gründete er seine Firma „Coco 360“, die sich unter anderem auf Zeitmanagement und Karriereplanung fokussiert. Etwas, das auch er selbst erst lernen musste: „Meine Kunden wollen aus dem Hamsterrad ausbrechen und ihren Workload neu organisieren. Das ist ein Thema, das auch mich lange beschäftigt hat, denn auch ich musste in der Selbständigkeit erst lernen, mir die Zeit selbst einzuteilen“, erzählt Bretschko. Was er all seinen Klienten rät, klingt simpel: „Natürlich gibt es Spitzen, aber auf lange Sicht sollte man auch in der Selbständigkeit mit einem Arbeitspensum von acht Stunden pro Tag auskommen. Wenn man permanent 50 bis 60 Stunden in der Woche arbeitet, kann das nicht gut gehen. Viele machen den Fehler, dass sie sich für einen Tag mehr vornehmen, als sie schaffen können. Dadurch entsteht Unzufriedenheit, und  das kann ins Burnout führen.“ 

Der bewusste Umgang mit Zeit ist eine Entscheidung. Dazu braucht es einen Plan. Hat man keinen, ist man ein Getriebener der Ereignisse.


Damit es so weit erst gar nicht kommt, brauche es auch laut Bretschko eine Planungsroutine. Regelmäßig stellt er sowohl einen Tages- als auch einen Wochen- und Monatsplan auf. Dafür wendet er pro Woche rund zwei Stunden auf. Vergeudete Zeit? Ganz und gar nicht, ist der Unternehmer überzeugt: „Ich investiere fünf Prozent meiner wöchentlichen Arbeitszeit in Planung, um 95 Prozent der Zeit produktiv arbeiten zu können.“ Die morgendliche Tagesplanung dauere nur fünf bis zehn Minuten. In dieser Zeit schaut sich Bretschko seine Termine an und plant, welche Aufgaben er in den freien Time-slots erledigen möchte. Die Wochenplanung erledigt er freitags in 30 bis 45 Minuten. Sie verschafft ihm einen guten Überblick über die anstehenden Aufgaben. Gleiches gilt für die Monatsplanung. Um sich bei der Organisation und Abarbeitung der Aufgaben nicht zu verzetteln, empfehlen Bretschko und Vötsch auch, auf verschiedene Methoden, wie Eat the Frog oder das Timeboxing, zu setzen (siehe unten). Druck sollte man sich aber keinen machen: „Man ist nicht immer gleich gut drauf und auch nicht acht Stunden lang gleich produktiv. Wir sind keine Maschinen“, schließt Bretschko. 

Methoden

  • Die „Eat the Frog“-Methode: Der Name „Eat the Frog“ geht zurück auf ein berühmtes Zitat des amerikanischen Schriftstellers Mark Twain. Dieses besagt, dass man, wenn man jeden Morgen damit beginnt, einen lebendigen Frosch zu essen, die schlimmste Aufgabe des Tages gleich hinter sich bringt. Genau darum geht es bei dieser Methode: Die unangenehmste oder schwierigste Aufgabe erledigt man zuerst und hat damit den Kopf frei. 
  • Timeboxing: Bei dieser Technik reserviert man für bestimmte Aufgaben oder Aktivitäten festgelegte Zeitabschnitte. Anstatt sich somit für eine Aufgabe unbegrenzt Zeit zu nehmen, legt man sich für jede Aufgabe ein bestimmtes Zeitlimit fest. Auf diese Weise kann man fokussierter arbeiten und minimiert Ablenkungen. Im Idealfall fördert es auch die Effizienz, weil man mehr erledigen kann. 
  • Das Pareto-Prinzip: Bei dieser Methode geht man davon aus, dass 80 Prozent der Ergebnisse mit 20 Prozent des Gesamtaufwandes erreicht werden können. 20 Prozent der Aufgaben erfordern hingegen 80 Prozent des Gesamtaufwandes. Die meiste Arbeit soll somit in die wichtigsten Aufgaben fließen, um mit dem geringsten Arbeitsaufwand ein Maximum an Wirkung zu erzielen.
  • Die Pomodoro-Technik: Benannt wurde diese Methode nach einer Küchenuhr in Tomatenform, erfunden wurde sie in den 1980ern. Bei diesem System teilt man sich die Arbeit in 25-minütige Zeitblöcke ein. Nach jedem Zeitblock legt man eine fünfminütige Pause ein. Nach vier Zeitblöcken folgt eine längere Pause von 15 bis 30 Minuten. Auf diese Weise sollen Ablenkungen minimiert werden.