Triumphbogen in Paris und Big Ben in London
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Polit-Umbruch in Paris und London

Wahlen mit zu erwartenden Machtverschiebungen sorgen auf den wichtigen Exportmärkten Frankreich und Großbritannien für Unruhe.

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Aktualisiert am 04.07.2024

Auf beiden Seiten des Ärmelkanals sorgen dieser Tage nationale Parlamentswahlen für erhöhten Wellengang. Da wie dort stehen die Zeichen auf Umbruch. Machtverschiebungen in London wie Paris werden auch auf die Wirtschaftsmärkte ausstrahlen, handelt es sich  beim Vereinigten Königreich und Frankreich doch um  zwei der größten Volkswirtschaften Europas. 

Auch für die heimischen Exporteure sind es wichtige Zielmärkte: Frankreich war zuletzt der sechstwichtigste Auslandsmarkt Österreichs weltweit und hinter Deutschland, Italien und Ungarn der viertwichtigste in der EU. Das Vereinigte Königreich rangiert als zweitgrößter Markt Europas in allen Rankings zu Handel und Investitionen zwischen Platz 5 und 10. Österreichs Exportwirtschaft generiert damit auf beiden Zielmärkten einen substanziellen Warenbilanzüberschuss – in beiden Fällen jeweils rund 2,6 Milliarden Euro.

Vielfältige Geschäftschancen

Im Fall des Vereinigten Königreichs bringt das regulatorische Post-Brexit-Umfeld zwar auch acht Jahre nach dem Ausscheiden aus der Europäischen Union aufgrund des Drittlandstatus’ noch administrativen (Mehr-)Aufwand. „Das soll aber keinesfalls österreichische Unternehmen davon abhalten, die vielfältigen Geschäftschancen zu nutzen“, heißt es aus dem WKÖ-Außenwirtschaftscenter in London mit Verweis auf hohe Rechtssicherheit, den hohen Digitalisierungsgrad und das vergleichsweise liberale Arbeitsrecht. Potentiale gebe es unter anderem für Zulieferbetriebe im Infrastruktursektor (Straßen- und Schienenverkehr), wo man von Modernisierungsinvestitionen in die Verkehrsinfrastruktur profitieren könnte. Geschäftsmöglichkeiten bieten sich zudem im Gesundheitssektor mit eHealth-Lösungen, im Maschinen- und Anlagenbau sowie bei der Beteiligung an umfangreichen Infrastrukturausbauten in Zusammenhang mit erneuerbaren Energien. 

Als ein technologieführendes Land bei Zukunftsthemen wie AI und Big Data, Cyber Security, Fintech, Elektromobilität, Life Sciences und Sicherheit gilt das Vereinigte Königreich außerdem als ergiebiger Wissens- und Kooperationsknoten für heimische Tech-Firmen und Start-ups. Das allgemeine Klima am Heimmarkt erholt sich nur langsam: Im ersten Quartal wurde zwar ein stärker als erwarteter BIP-Anstieg von 0,6 Prozent verzeichnet, für das Gesamtjahr sind die Wachstumsprognosen aber deutlich defensiver.

Smart- und Green-Building hat Potential

Sehr ähnlich zeigt sich die Lage auf der anderen Seite des Ärmelkanals. Im ersten Quartal erzielte Frankreich mit real 0,2 Prozent ein Wirtschaftswachstum, das unter den Erwartungen der Regierung lag. Sinkende Energiepreise und ein Abflachen der Inflation sorgen trotz eines international schwierigen Wirtschaftsumfelds mittlerweile für leichte Entspannung. Potential für heimische Exportunternehmen sieht Österreichs Wirtschaftsdelegierter Christian Miller im Bereich Smart- und Green-Building sowie allgemein bei grünen Industrielösungen und Infrastrukturausbauten (Eisenbahn). Eine Million Start-ups und Scale-ups – vor allem in den Bereichen FinTech, Bio-Tech, Energie, Mobilität und eCommerce tätig – sorgen für eine enorme Innovationskraft. 

Der Ärmelkanal wird aber auch weiterhin eher trennenden denn verbindenden Charakter zwischen den beiden Märkten haben. Während in Frankreich durch das Erstarken nationaler Parteien die Karten völlig neu gemischt werden, wird in London auch eine Labour-Regierung den unter den Konservativen vollzogenen Brexit nicht rückgängig machen. Das, obwohl  immer klarer wird, dass der Abgang aus der EU der sechstgrößten Volkswirtschaft der Welt beträchtlich Kraft kostet. So geht das staatliche Office for Budget Responsibility davon aus, dass der Brexit das BIP langfristig um vier Prozent nach unten drückt, Cam­brigde Econometrics geht von bis zu zehn Prozent aus.