Mit steirischen Apps wird das Schuljahr ein Klacks
Landauf, landab wird wieder die Schulbank gedrückt. Wir haben uns bei steirischen Entwicklern umgehört, mit welchen Apps das Lernen spielerisch gelingt.
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Auf den Schulgängen war es lange still, doch jetzt kommt wieder Leben in die heimischen Klassenzimmer. Wien, Niederösterreich und Burgenland haben es mit dem Schulstart am 2. September bereits vorgemacht. Die restlichen Bundesländer folgen am 9. September. Während Eltern aufatmen, weil sie ihren Nachwuchs nun wieder in Betreuung wissen, sehen viele Jugendliche dem neuen Schuljahr gemischt entgegen. Denn nicht jedes Fach erfreut sich bei den Jüngsten gleicher Beliebtheit.
Die Liste der unpopulärsten Fächer führt hierzulande regelmäßig Mathematik an. Oft auch als „Angstfach“ bezeichnet, macht es einen Großteil der externen Nachhilfe aus – diese haben im letzten Schuljahr 49 Prozent der Schüler in Österreich in Anspruch genommen. Auch der Grazer Unternehmer Michael Fuchs tat sich in der Schule schwer. In Französisch musste er Nachhilfe nehmen. Während seiner Tätigkeit als Universitätsassistent an der TU Graz wechselte er die Seiten und wurde selbst nebenberuflich zum Nachhilfelehrer.
Was ihm dabei auffiel? „Die meisten Probleme haben Schüler beim Umstieg von der Unter- in die Oberstufe und dann später beim Umstieg auf die Uni. Mein Ziel war es immer, den Schülern die Angst zu nehmen. Als Ende August 2014 die Anfragen nach Mathematik-Nachhilfe wie jeden Sommer in die Höhe schossen, hatte ich zum ersten Mal die Idee, ein Lernspiel zu entwickeln. Dieses sollte die Mathe-Nachhilfe nicht nur attraktiver, sondern auch günstiger machen.“
Mathe-Abenteuer in einer 2D-Welt lösen
Doch wie dieses Unterfangen umsetzen? Die zündende Idee lieferte acht Jahre später Physiker Gerhard Dorn. Auf einer Didaktik-Konferenz präsentierte er einen storybasierten Online-Kurs. Die beiden Wissenschaftler kamen ins Gespräch und gründeten 2023 ihr Start-up „edventure Studios“, welches sich auf die Entwicklung eines interaktiven Mathematik-Rollenspiels für Oberstufenschüler fokussiert. Aktuell arbeiten sie am Lernspiel „Konomondo“. Wie dieses funktioniert?
„Das Ganze ist so aufgebaut, dass man bei uns mit gewöhnlicher Nachhilfe beginnt. Dazu arbeiten wir mit freiberuflichen Tutoren zusammen. Sie bauen in die Nachhilfestunden immer mal wieder unser Spiel ein. In diesem befinden sich die Spieler in einer 2D-Fantasiewelt und begeben sich auf verschiedene Abenteuer, wo sie mit mathematischen Problemen konfrontiert werden. Während die Schüler zu Beginn noch gemeinsam mit den Tutoren spielen, sollen sie dies ab einem gewissen Zeitpunkt selbständig tun“, so Fuchs. Noch sei die App nicht fertiggestellt – derzeit befinde sie sich in der Test- und Entwicklungsphase. Diese sollte bis 2027 abgeschlossen sein.
Doch dabei bleiben soll es nicht: Das Grazer Duo arbeitet gemeinsam mit seinem Team auch an kostenlosen mathematischen Minispielen, die für alle Schüler zugänglich sein sollen. Start für die digitalen Spielehäppchen ist bereits 2025.
Bereits und ausschließlich im Apple Store verfügbar ist das 2023 erschienene Lernspiel „Study Snacks“ des Voitsbergers Klemens Strasser. In der Spieleszene ist er längst kein Unbekannter. 2015 erhielt er den Apple Design Award. 2018 kürte der amerikanische Hard- und Softwareentwickler sein Spiel „Subwords“ zum „Spiel des Tages“. An dieses angelehnt entwickelte er seine neueste Lernapp „Study Snacks“ für Kinder ab zwölf Jahren. „Die App besteht aus rund 300 Themenlisten. Das können Vokabellisten für Deutsch und andere Sprachen oder eine Auflistung chemischer Begriffe sein. Study Snacks zerlegt die Wörter in Teile und die User können sie wieder zusammensetzen. An der Entwicklung habe ich rund neun Monate gearbeitet“, erzählt Strasser.
Obwohl erst seit einem Jahr verfügbar, kommt die Lernapp gut an. Mittlerweile wurde sie in acht Sprachen übersetzt. Anklang findet sie vor allem bei Lernenden in Deutschland, Österreich, Amerika und den Niederlanden. Doch auch in Japan und China konnten bereits erste Downloads verzeichnet werden. Auf die inhaltliche Qualität achtet der Entwickler höchstpersönlich. „Alle Listen habe ich selbst erstellt. Pro Jahr kommen 50 bis 100 neue dazu“, verrät Strasser. Und auch auf Barrierefreiheit wurde geachtet. Durch Voiceover, kann die App auch von Menschen mit körperlichen Einschränkungen bedient werden. Zudem verfügt sie auch über größere und spezielle Schriftarten, um auch für Legastheniker gut lesbar zu sein.
Spielerische Lernspiele für die Kleinsten
Auf einfache Lesbarkeit setzt auch Gabriele Tertinek aus der Südweststeiermark mit ihrem Lernspiel „Intutoria“. Hier stehen jedoch Kinder im Vor- und Volksschulalter im Fokus. In mühevoller Handarbeit entwickelte die ausgebildete Volksschullehrerin gemeinsam mit Kolleginnen eine Plattform, auf der 2.500 Lernspiele zu finden sind – vornehmlich in den Fächern Mathematik, Deutsch, Deutsch als Zweitsprache und Sachunterricht. „Jedes Spiel ist von uns selbst entwickelt und illustriert worden. Intutoria bildet einen sinnvollen Zusatz zum Stoff, der in der Schule bearbeitet wird. Neben den Spielen haben wir auch Erklärvideos eingebaut. Die App lenkt nicht ab, ist bodenständig und kindgerecht“, erklärt Tertinek. Erste Schulen haben bereits Interesse an der Lernhilfe gezeigt, doch auch private Nutzer können ein einjähriges Abo abschließen.
Und auch für Lehrlinge gibt es die Möglichkeit, sich spielerisch und digital weiterzubilden. Die Plattform wîse up stellt seit Neuestem Lerninhalte für zehn verschiedene Lehrberufe zur Verfügung. Alle Infos unter: https://wise-up.at/lehre
Andrea Jerković