Junge Wirtschaft und Klimaaktivisten präsentieren gemeinsamen Maßnahmenkatalog
Die Junge Wirtschaft Steiermark präsentiert einen Maßnahmenkatalog als Ergebnis ihres Dialogs mit Kimaaktivisten (vormals Letzte Generation), welcher zeigt, dass man auch bei unterschiedlichen Standpunkten zu gemeinsamen Zielen kommen kann. So will man auch ein Zeichen gegen die gesellschaftliche Polarisierung setzen.
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„Reden statt Kleben“, lautete der Titel einer Presseaussendung der Jungen Wirtschaft (JW) vor genau einem Jahr. Kritisiert wurde damals eine Protestaktion der Letzten Generation zu Schulanfang, wo man in zahlreichen Städten – darunter auch in Graz – den Verkehr blockierte. Angeschlossen an diese Kritik war auch ein Gesprächsangebot an die Klimaaktivistinnen und -aktivisten. „Schließlich liegt uns als nächste Generation von Unternehmerinnen und Unternehmern eine lebenswerte Umwelt genauso am Herzen und es freut uns sehr, dass dieses Angebot damals angenommen wurde. Nachhaltige Lösungen schaffen wir nämlich nur gemeinsam“, so JW-Landesvorsitzender Christian Wipfler. Mehrmals habe man sich in den vergangenen Monaten getroffen und intensiv diskutiert.
Ergebnis dieser Debatten, ist ein Maßnahmenkatalog für eine nachhaltige Zukunft, den die Junge Wirtschaft gemeinsam mit steirischen Aktivistinnen und Aktivisten – trotz des Endes der Letzten Generation – weiter vorantreiben will. „Der Austausch mit der Jungen Wirtschaft und der Letzten Generation hat sich durch ein sehr konstruktives und produktives Klima ausgezeichnet. Trotz unterschiedlicher Herangehensweisen zum Thema Klimaschutz hat sich gezeigt, dass wir miteinander reden und uns auch einig werden können. Ohne diese Bereitschaft von unterschiedlichen Gruppen wird wirksamer Klimaschutz nicht umsetzbar sein. Die Letzte Generation ist mittlerweile Geschichte, aber der Austausch steht für die dringende Notwendigkeit für weitere ähnliche Gespräche. Es zeigt auch, dass Klimaschutz und Wirtschaft Hand in Hand gehen“, ergänzt Klimaaktivist Valentin Bast.
Maßnahmen, die GEMEINSAM unterstützt werden:
- Förderung von Green Investments:
Um klima- und umweltfreundliche Investitionen attraktiver zu gestalten, strebt man gemeinsam die Vereinfachung des Zugangs zu Krediten und eine höhere steuerliche Abschreibung für Green Investments an. Eine Aussetzung der KEST sowie kürzere Abschreibungsperioden für nachhaltige Investitionsgüter sollen hier als wirkungsvolle Anreize dienen.
- Öffentlichen Verkehr forcieren:
Der Ausbau des öffentlichen Verkehrs ist essenziell, um sowohl in städtischen als auch in ländlichen Gebieten die Mobilität zu verbessern und klimafreundliche Alternativen zum Individualverkehr zu bieten. Dazu gehören unter anderem die Schaffung geeigneter Mobilitätsangebote, akzeptable Intervalle, einfache Nutzungsmöglichkeiten sowie günstige Preise. Regionale Mobilitätskonzepte, die die verschiedenen Stakeholder und Interessengruppen einbinden, sind entscheidend für eine erfolgreiche Umsetzung. Zudem braucht es einen Ausbau an sinnvoll angelegten P+R Systemen mit guter öffentlicher Anbietung in die Städte.
Zusätzlich zu diesen zentralen Anliegen wurden weitere gemeinsame Vorschläge erarbeitet, die sich unter anderem auf den Ausbau von Ladestationen für Elektrofahrzeuge und die Schaffung von Experimentierräumen für soziale und technologische Innovationen sowie das Recycling von Baumaterial beziehen. Eine detaillierte Liste dieser Maßnahmen finden Sie im Anhang dieser Aussendung.
Die Junge Wirtschaft Steiermark möchte betonen, dass die konstruktive Gesprächskultur im Rahmen der Treffen mit der Letzten Generation maßgeblich zu diesen Ergebnissen beigetragen hat. Wipfler: „Wir haben in den letzten Monaten gezeigt, dass es möglich ist, trotz unterschiedlicher Standpunkte gemeinsam an Lösungen zu arbeiten, die sowohl die Umwelt als auch die Wirtschaft stärken. Gerade in Zeiten wie diesen sind mutige Schritte und konstruktive Zusammenarbeit gefragt. Ich bin überzeugt, dass dieser Dialog ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung ist und hoffe, dass wir damit ein Beispiel für zukünftige Kooperationen setzen können.“ Wipfler weiter: „Besonders erfreulich ist, dass die Letzte Generation entschieden hat, keine weiteren Klebeaktionen mehr durchzuführen. Dies bedeutet, dass die Wirtschaft und vor allem auch die Bürgerinnen und Bürger nicht mehr durch solche Aktionen beeinträchtigt werden. Wir begrüßen diese Entscheidung, da sie den Weg für eine produktive Zusammenarbeit und den Fokus auf gemeinsame Lösungen freimacht.“
nachhaltige Zukunft
Green Investments fördern
Für klima- und umweltfreundliche Investitionen muss der Zugang zu Krediten vereinfacht und eine höhere steuerliche Abschreibung ermöglicht werden. Sinnvolle und wirkungsvolle Anreize sind hier eine Aussetzung der KEST für Green Investments und kürzere steuerliche Abschreibungsperioden für ökologisch-nachhaltige Investitionsgüter.
Günstigere Kreditbedingungen für klimawirksame Projekte einführen
Für besonders klima- und umweltwirksame Projekte von Unternehmen soll es von Banken zusätzliche, vom Staat unterstützte, günstigere Kredite mit höherer Risikoabsicherung und Haftung geben. Voraussetzung dafür sind klare Kriterien, die von öffentlicher Seite vorgegeben werden.
Reparierbarkeit von Produkten fördern
Konsumprodukte sollen wieder langlebiger werden, indem sichergestellt wird, dass sie reparierbar sind. Damit werden der Rohstoffverbrauch und Abfall verringert und wichtige Berufsgruppen (z. B. Handwerker:innen) gefördert. Zudem profitieren die Konsument:innen finanziell, weil sie weniger oft Produkte nachkaufen müssen. Um diese Reparierbarkeit zu fördern, soll der Einbau von Sollbruchstellen in Geräten durch geeignete Maßnahmen verhindert und verboten werden. Zudem sollen Anleitungen zur Reparatur, Ersatzteile und Softwareupdates für längere Zeiträume zur Verfügung gestellt werden. Des Weiteren soll als Anreiz für Reparaturen der Reparaturbonus auf sämtliche Bereiche des Gewerbe und Handwerks ausgeweitet werden.
Graue Emissionen verringern, Kreislaufwirtschaft fördern: Recycling von Baumaterial
Grundsätzlich gilt für alle Bauvorhaben: Erhalt, Adaption und Nutzung bestehender Bausubstanz vor Neubau („Erhalt vor Neubau“). Falls bestehende Gebäude keiner weiteren Nutzung zugeführt werden können und abgerissen werden, müssen die verbauten Materialien in den Materialkreislauf zurückgeführt werden (Kreislaufwirtschaft; „Altbau zu Neubau“). Eine höchstmögliche Quote an Recyclingmaterial in Neubauten ab 1. Jänner 2027 wird angestrebt. Für jeden Bereich der Baubranche wird diese Quote wissenschaftlich basiert eruiert und periodisch angepasst. Ziel ist die jeweils technisch höchstmögliche Recyclingquote.
Zudem soll durch die Maßnahme ein Markt für Recyclingmaterialien im Bausektor entstehen. Um dieses Ziel zu erreichen, ist beim Einsatz von neuen Baumaterialien auf deren Recyclingfähigkeit zu achten. Beim Abriss bestehender Gebäude ist auf das Recyclingpotenzial und die Wiederverwertung der verwendeten Materialien zu achten. Das Vorhaben soll durch eine finanzielle Förderung von Neubauten mit Recyclinganteil unterstützt werden, alternativ dazu durch einen leichteren Zugang zu Krediten bzw. zu verbesserten Konditionen.
Öffentlichen Verkehr forcieren
Der öffentliche Verkehr soll sowohl in Städten und Ballungsräumen als auch in ländlichen Gebieten ausgebaut werden. Von entscheidender Bedeutung sind dabei die tatsächliche Verfügbarkeit von geeigneten Mobilitätsangeboten, akzeptable Intervalle, die einfache Nutzung (Ticketing) sowie günstige Preise und finanzielle Anreize. Für die Umsetzung sollen regionale Mobilitätskonzepte unter Einbindung der verschiedenen Stakeholder und Interessengruppen erstellt und überregional abgestimmt werden. Zudem braucht es einen Ausbau an sinnvoll angelegten P+R Systemen mit guter öffentlicher Anbietung in die Städte.
Experimentierräume für soziale und technologische Innovationen schaffen
Innovationen entstehen in Freiräumen – gesetzliche Regeln wirken häufig als Bremse. Um soziale und technologische Innovationen zu fördern, die dem Ziel dienen, Klimaschutz voranzutreiben, braucht es Experimentierräume, in denen Innovationen in der Praxis erprobt und ihr Ausrollen getestet werden können.
Das Konzept der „regulatorischen Sandkisten“ soll Start-ups und Privatpersonen Entwicklungsräume innerhalb eines begrenzten Zeitraums bieten, um innovative Lösungen in der Praxis zu erproben. Bisher gibt es solche rechtlichen Experimentierräume nur im Bereich der erneuerbaren Energie. Diese rechtliche Grundlage soll auch für den Bereich Produktion und Konsum geschaffen und die Übertragbarkeit auf soziale Innovationen (z. B. soziale Projekte wie Sozialmarkt oder Kleiderkreisel) geprüft werden. Es müssen klare und transparente Kriterien zur Ausgestaltung dieser Entwicklungsräume definiert werden und offene Ausschreibungen zur Teilnahme stattfinden. Finanzielle Überschüsse, die dabei entstehen, sollen anteilmäßig in einen Topf zur Förderung neuer Projekte zurückfließen.
Dazu braucht es: das bewusste Erweitern von rechtlichen Handlungsspielräumen, das Aussetzen von Haftungen bzw. eine (günstige) Versicherung, das Bereitstellen von Ressourcen, Begleitung durch Expert:innen, Bewerbungsprozesse und Beratungen, Bekanntmachen und Erläutern dieser Experimentierräume.
Die Vernichtung von Neuwaren unwirtschaftlich machen
Derzeit werden riesige Mengen an Neuwaren vor allem im Onlinehandel vernichtet (in Österreich 1,4 Millionen Pakete Neuware pro Jahr), weil deren Rückführung in den Verkaufsprozess sowie das Spenden von Waren höhere Kosten verursacht als die Vernichtung.
Diese Verschwendung von Ressourcen muss stark eingeschränkt werden. Aus diesem Grund darf der bürokratische Aufwand für Unternehmer:innen bei einer Spende von Waren nicht höher sein als bei der Vernichtung von Neuwaren. Zudem sollen das Spenden von Waren von der Umsatzsteuerpflicht befreit werden. Mit diesen Maßnahmen könnte man die Verschwendung von Ressourcen stark einschränken.