Skyline einer indischen Großstadt
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Indien ist auf dem Weg zur Supermacht

Indien ist die neue Fokusregion der steirischen Exportwirtschaft. Das Potenzial und die Dynamik sind enorm. Kaum eine Volkswirtschaft weltweit wächst derzeit schneller. Eine Analyse. 

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Aktualisiert am 15.01.2024


Die Zahlen, die der österreichische Wirtschaftsdelegierte Hans-Jörg Hörtnagl aus New Delhi meldet, lassen aufhorchen: So werden in Indien aktuell 29 Kilometer Autobahn gebaut. Pro Tag. Der jährliche Ausbau hat sich damit seit 2016  auf zuletzt 10.500 Kilometer pro Jahr fast verdoppelt. Allein bis Ende 2024 werden fünf neue, übergeordnete Expressways dem Verkehr übergeben – darunter auch eine mehr als 1.350 Kilometer lange Verbindung zwischen den Metropolen Dehli und Mumbai. Diese National Highways sind wichtige Versorgungsadern im siebtgrößten Land der Erde. Über sie laufen 40 Prozent des Personen- und Güterverkehrs.

Der ehrgeizige Ausbau symbolisiert insgesamt, dass das Riesenland in Sachen Wachstum derzeit nur ein Tempo kennt: Vollgas – auf allen Ebenen. So erreichte letzten September eine indische Weltraummission den Mond. Auch beim Bevölkerungswachstum ist man auf der Überholspur und liegt seit Mitte letzten Jahres mit 1,4 Milliarden Menschen vor China an erster Stelle. „Während China die Werkbank der Welt war, hat Indien das Potenzial zum Bürohaus der Welt“, vergleicht Hörtnagl und verweist auf eine Million Ingenieure, die am Subkontinent pro Jahr ausgebildet werden. Die Zahl der Internetnutzer hat sich binnen fünf Jahren mehr als verdoppelt. 

Wachstum mit Wellen

Völlig spurlos sind die globalen Turbulenzen aber auch an Indien nicht vorbeigegangen. Schon vor Covid sackte das Wirtschaftswachstum auf 4,1 Prozent ab, erholte sich danach zwar (2021: plus 9,1 Prozent), ehe es 2022 wieder auf 7,1 Prozent abschmolz. Als Reaktion hat Premierminister Narendra Modi zuletzt die Staatsausgaben für Infrastrukturprojekte erhöht, um das Wirtschaftswachstum angesichts der schleppenden Verbraucherausgaben wieder anzukurbeln. Das wird ihm bei den vor Mai geplanten Wahlen nicht schaden. Er peilt eine dritte Amtsperiode an. Der Wirtschaft hat es schon jetzt geholfen. „Sie ist auf den Wachstumspfad zurückgekehrt“, so Karl Hartleb, Geschäftsführer des Internationalisierungscenters Steiermark (ICS). 

Aufstieg für Millionen

So wird das Wirtschaftswachstum im Ende März zu Ende gehenden Fiskaljahr 2023/24 wohl höher ausfallen als die ursprünglich prognostizierten sieben Prozent. Die Analysten von S&P Global Ratings gehen davon aus, dass Indien in den nächsten drei Jahren die am schnellsten wachsende große Volkswirtschaft bleibt und bis 2030 vom jetzigen fünften auf den dritten Platz klettert. Großbritannien hat man gerade überholt.

Warum Indien gute Chancen auf einen global bedeutenden wirtschaftlichen Aufstieg hat, zeigt sich neben der ökonomischen Kraft an der Bevölkerungsstruktur des Landes: Indien ist jung. Laut Vereinten Nationen liegt das Medianalter bei etwa 28 Jahren. Dazu klettert – trotz teilweiser bitterer Armut – die Kaufkraft pro Kopf stetig und hat sich seit 2010 beinahe verdoppelt. Pro Jahr steigen 30 Millionen Menschen in die Mittelschicht auf. 

In dieser Boom-Kulisse sind aktuell 150 österreichische Unternehmen in Indien mit Niederlassungen vertreten. Der Außenhandel floriert: Die Warenimporte aus Österreich sind von 701 Millionen (2015) auf 1,18 Milliarden Euro gestiegen, umgekehrt ist das Exportvolumen nach Österreich im selben Zeitraum von 711 Millionen auf 1,56 Milliarden Euro angewachsen.