WKO Steiermark Präsident Josef Herk (l.) und Christoph Schneider, Geschäftsführer des Economica Instituts, sind überzeugt: „Wir müssen den Leistungshunger in unserer Gesellschaft wieder schüren.“
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„Wir müssen den Hunger nach Leistung wieder schüren“

Das fordert WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk. Denn schon jeder dritte Jugendliche zweifelt daran, dass sich Leistung lohnt.

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Aktualisiert am 06.06.2024

„In unserer Gesellschaft drohen Grundwerte zu verrutschen“, warnt Josef Herk. Es sind die Ergebnisse aktueller Untersuchungen zum Thema „Leistung“, die den Präsidenten der WKO Steiermark zu dieser Mahnung bewegen. So haben zwei Umfragen – zum einen unter 975 steirischen Unternehmerinnen und Unternehmern, zum anderen unter der Bevölkerung (344 Teilnehmer) – signifikante Unterschiede unter den Befragten bei der Bewertung und Einschätzung von Leistungsbereitschaft zutage gefördert.

Demnach beurteilen 71 Prozent der Wirtschaftstreibenden Leistung im beruflichen Kontext als sehr wichtig und 26 Prozent als wichtig. In der breiten Bevölkerung sind es 39 Prozent (sehr wichtig) beziehungsweise 55 Prozent (wichtig). Weiters stimmen 88 Prozent der Unternehmerinnen und Unternehmer der Aussage zu, wonach „Leistung die Basis unseres gesellschaftlichen Wohlstands“ ist. Dabei ist man auf einer Wellenlänge mit dem Rest der Bevölkerung (87 Prozent). Große Unterschiede ergeben sich aber  bei einem tieferen Blick auf die Altersstruktur: Denn unter den 18- bis 25-Jährigen stimmen dieser Aussage nur knapp zwei Drittel zu, bei der älteren Generation (61 Jahre und älter) sind es dagegen mit 96 Prozent fast alle. 

Herk will diese Diskrepanz nicht als Beleg für eine grundsätzlich fehlende Leistungsbereitschaft der Jugendlichen verstanden wissen. Vielmehr sind die Aussagen für ihn Beweis für einen verlorengegangenen Glauben, „dass man als junger Mensch in unserem Land mit Leistung zu Wohlstand kommen kann“, sowie für die Renovierungsbedürftigkeit der Rahmenbedingungen. Sie würden keine lohnenswerten Anreize für Mehrarbeit bieten, kritisiert der WKO-Präsident und unterstreicht seine Forderung, wonach sich Leistung im wahrsten Sinne des Wortes wieder „auszahlen“ müsse.

Kampagne startet   

Belegt wird der Verbesserungsbedarf durch den aktuellen „Leistungsindex“ des Economica Instituts (siehe Artikel unten). Auch darin wird vor einem Verlust der internationalen Wettbewerbsfähigkeit des Standorts gewarnt.

„Wir müssen den Leistungshunger in der Gesellschaft wieder schüren“, schließt Herk aus den Studienergebnissen. Die aktuelle Situation gebe das nicht her. Aus diesem Grund startet die WKO Steiermark nun eine breit angelegte Forderungskampagne mit den Schwerpunkten Steuern auf Arbeit und Senkung der Lohnnebenkosten sowie Bürokratieabbau. Die Politik müsse unternehmerischer handeln und dürfe den Staat nicht wie eine Sozialeinrichtung führen, fordert Herk, eine Ausgabenbremse in der Verfassung festzuschreiben.  „Denn nur wenn wir es schaffen, unseren Staat endlich effizienter zu machen, bekommen wir den notwendigen Spielraum, um Steuern auf Arbeit und Lohnnebenkosten spürbar zu senken.“ Auch diesbezüglich zeigt der „Leistungsindex“ den Handlungsbedarf: Die Abgabenlast auf den Faktor Arbeit liegt in Österreich bei 47,9 Prozent (bei Vollzeitbeschäftigung). 

Weniger Bürokratie 

Nur in vier Industrieländern sind die Nettolöhne in Relation zu den Arbeitskosten niedriger. Noch mehr Abgaben und Steuern zahlt man nur in Belgien (52,2 Prozent), Deutschland (49,4 Prozent) und Italien (48 Prozent). Neben breitem Konsens bei der Forderung nach „mehr Netto vom Brutto“ gibt es auch hinsichtlich weiterer gewünschter Maßnahmen zur Hebung der Leistungsbereitschaft große Übereinstimmung: 95 Prozent der Unternehmen und 88 Prozent der Bevölkerung nennen den Bürokratieabbau. „Mit Überregulierung geht es nicht“, drängt Herk auf umfassende Reformen.  

„Österreich bietet zu wenig Anreize“

Für den von seinem Economica Institut entwickelten „Leistungsindex“ hat Geschäftsführer Christoph Schneider relevante Wirtschaftsdaten aus 17 Ländern mit jenen aus Österreich verglichen. 36 Einzelindikatoren wurden in zwei Bewertungskategorien zusammengefasst: Anreize und tatsächlich umgesetzte Leistungen. Die Bestandsaufnahme des Ökonomen fällt ernüchternd aus. Bei den Realisierungen liegt Österreich zwar an zweiter Stelle, bei den Rahmenbedingungen aber insgesamt nur am siebten Platz – Tendenz weiter fallend. Die Belastung durch Unternehmenssteuern sind nur in Deutschland noch höher als in Österreich, dazu kommen hierzulande in den letzten zehn Jahren dramatisch angestiegene Lohnstückkosten, vergleichsweise hohe Sozialausgaben und eine mindere Verwaltungsqualität – sprich Bürokratie. „Diese Rahmenbedingungen schwächen die Leistungsbereitschaft der Unternehmen und drücken damit auch die Wettbewerbsfähigkeit“, warnt Schneider. Die Bestätigung für die meist mit zweijähriger Verzögerung auftretenden Folgen sei schon zu spüren: Selbständigen-Quote und  wöchentliche Arbeitszeit sinken kontinuierlich, weil zu wenig Anreize Richtung Leistungsbelohnung geboten werden.