Eiffelturm mit olympischen Ringen
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Heimische Sponsoren im Schatten von Olympia

Die Olympischen Spiele sind auch ein Wettkampf um Aufmerksamkeit. Mit Startnachteilen für heimische Sponsoren.

Lesedauer: 4 Minuten

Aktualisiert am 25.07.2024

Heute geht’s (wieder) los. Mit den Olympischen Spielen steht nach der Fußballeuropameisterschaft die nächste Sportgroßveranstaltung an. Wieder geht es abseits von Medaillen um Millionen. Ein kleiner Kreis  finanzkräftiger Unternehmen zahlt enorme Geldsummen, um als Premiumpartner des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) mit im Rampenlicht zu stehen. Bitter für die persönlichen Sponsoren der Sportler: Sie dürfen nicht mit auf diese Bühne.

Verantwortlich dafür ist die „Rule 40“. In dieser Richtlinie erklärt das IOC die Olympischen Spiele zum Sperrgebiet für Individualsponsoren der Athleten – oder umgekehrt: zur Schutzzone der Partner des IOC und der Nationalen Olympischen Komitees. „Um zu verhindern, dass durch Werbemaßnahmen, die nicht-olympische Sponsoren mit Teilnehmern der Spiele machen, die Wertschätzung der Olympischen Spiele in unlauterer Weise ausgenutzt wird, ohne dass der betreffende Sponsor hierzu einen finanziellen Beitrag geleistet hat“, heißt es in moralinsauer gedrechseltem Juristensprech in der olympischen Charta.  

„Das ist sehr, sehr bitter“, ärgert sich Gerald Tuscher. Der Geschäftsführer des Leibnitzer Bau- und Immobilienunternehmens „Noricum“ ist Sponsor von gleich zwei Olympiastartern: Zum einen unterstützt man seit 2020 die aus Leibnitz stammende Profigolferin Sarah Schober, die in Paris nach mehreren WM-Teilnahmen ihre Olympia-Premiere geben wird. Tuscher überzeugten „die Zielstrebigkeit, der Kampfgeist, die Disziplin und Bodenständigkeit“ der 32-Jährigen. Zum anderen die gebürtige Niederösterreicherin Katharina Tanzer, die für den Judoverein Leibnitz kämpft, dessen Hauptsponsor „Noricum“ seit über zwanzig Jahren ist.  


Dass man während der Spiele nicht als Sponsor sichtbar werden darf, sei „Ergebnis eines Politikums, bei dem es den Verantwortlichen leider immer ums große Geld geht“, kritisiert Tuscher und dreht die IOC-Argumentation um: „Unternehmer, die die ganzen Jahre hindurch hinter den Sportlern stehen, bleiben auf der Strecke.“ 

Das Sponsoring bringt erhöhte Aufmerksamkeit. Die Einschränkungen sind bedauerlich.


Das Werbeembargo beginnt neun Tage vor der Eröffnungsfeier und endet drei Tage nach der Abschlusszeremonie. In dieser „Frozen Period“ war es die längste Zeit generell verboten, für inoffizielle Partner zu werben. Auch eine Liste mit Begriffen – darunter etwa „Leistung“, „Spiele“ oder „Sieg“ – war von dem Bann betroffen. Nicht zuletzt nach Protesten des deutschen Bundeskartellamts wurde die Regel mittlerweile auch vom Österreichischen Olympischen Komitee (ÖOC) etwas entschärft. Seither dürfen Sponsoren ihre sogenannte „generische Werbung“ auch während der Spiele weiterführen (aber nicht wesentlich intensivieren), sofern die Kampagne mit dem Sportler mindestens 90 Tage vor den Spielen gestartet wurde und keinen direkten Konnex zu den Spielen in Wort, Bild und Symbolen zeigt. Auf Social-Media-Plattformen sind nur persönliche Berichte über Erlebnisse und Eindrück erlaubt – beziehungsweise die Verbreitung offizieller IOC- oder ÖOC-Posts. Verbindungen zwischen einem nicht-olympischen Partner und den Olympischen Spielen sind indes weiterhin verboten. Es bleibt also ein enges Korsett.

Unternehmen, die Jahre hindurch hinter den Sportlern stehen, bleiben auf der Strecke.


Die Einschränkungen seien natürlich „sehr bedauerlich“, sagt Reinhard Wagner, Geschäftsführer von Promedico. Das Unternehmen aus Graz entwickelt und vertreibt für „Pure Encapsulations“ hochwertige Mikronährstoff-Produkte und unterstützt bereits seit fünf Jahren den steirischen Olympia-Starter Max Foidl. Für den mehrfachen Staatsmeister im Cross-Country-Mountainbike sind es nach Tokio bereits die zweiten Spiele. „Seine Hingabe und Leidenschaft für den Sport spiegeln unsere eigenen Werte wider“, erklärt Wagner die Brücke zwischen Sponsor und Sportler. „Durch die Zusammenarbeit mit Athleten wie Max gewinnen wir wertvolle Einblicke in die Anforderungen des Hochleistungssports und können so unsere Produkte kontinuierlich verbessern und optimal auf die unterschiedlichen Bedürfnisse abstimmen.“ Werbetechnisch bringe das Engagement erhöhte Aufmerksamkeit.

Für Helmut Kahlbacher, Direktor der Raiffeisenbank Gleisdorf-Pischelsdorf, geht es um einen generellen Schulterschluss regionaler Akteure an der Nahtstelle zwischen Unternehmertum und sozialem oder sportlichem Engagement. 

Seine Bank unterstützt daher seit 25 Jahren neben lokalen Einsatzorganisationen auch Vereine wie den SV Feistritztal – den Heimatverein von Luftgewehr-Schützen  Martin ­Strempfl. Der Gersdorfer ist aktuell Weltranglistenerster und zählt in Paris zu den österreichischen Medaillenhoffnungen. Dass das Giebelkreuzlogo im Falle des Erfolgs nicht direkt mit dabei ist, damit kann der Bankdirektor leben.

Die Bewegungsfreiheit für kleine Sponsoren in Paris bleibt eingeschränkt, um den Großen ungeteilte Aufmerksamkeit zu garantieren. Sind sind – neben dem Verkauf der Vermarktungsrechte – eine der Hauptquellen des 4,38-Milliarden-Euro-Budgets der Olympischen Spiele.

Hoffnung auf Spiel, Satz und Sieg zum 30-Jahr-Jubiläum

Sebastian Ofner hat sehr gute Erinnerungen an Paris. Bei den French Open schaffte es der Tennisprofi zuletzt bis ins Achtelfinale (2023) beziehungsweise heuer in die dritte Runde. Das Leobener Softwareunternehmen Acam hofft auf einen ähnlich starken Auftritt Ofners bei den Olympischen Spielen, ist es doch seit kurzem Sponsor des gebürtigen Bruckers. Der Vertrag läuft für drei Jahre – da sollte sich auch abseits von Olympia noch viel Bildschirmpräsenz ausgehen. „Seine Begeisterung und sein Engagement decken sich mit denen von Acam Automatisation“, begründet Johann Mathais das Engagement seiner Firma, die unlängst ihr 30-jähriges Firmenjubiläum gefeiert hat.  


Auto für iranische Kajakerin, Gehörschutz für Österreicher 

Bereits zum zweiten Mal ist der steirische Hörakustikspezialist Neuroth offizieller Ausstatter des österreichischen Olympiateams. Sämtliche 80 Sportler werden mit individuell angepasstem Gehörschutz ausgestattet. „Nebengeräusche ausblenden und abschalten zu können oder ein bisschen zusätzlichen Schlaf zu finden, ist ein Add-on, das im Wettkampf den entscheidenden Unterschied machen kann“, erklärt Neuroth-CEO Lukas Schinko.

Das steirische Traditionsautohaus Gady hat indes rund um Olympia der im Refugee-Team des IOC startenden, aus dem Iran geflüchteten Kajaksportlerin Saman Soltanis ein Auto zu Verfügung gestellt.