
Fünf Lösungsansätze für pulsierende Innenstädte
Die WKO Steiermark lieferte bei ihrer Protestaktion gleich fünf Lösungen gegen den Still- und Leerstand (nicht nur) in der Grazer Innenstadt.
Lesedauer: 4 Minuten
Kapfenberg, Liezen, Hartberg, Voitsberg oder Leibnitz – in allen Himmelsrichtungen haben steirische Bezirkshauptstädte und Gemeinden mit leerstehenden Geschäftsflächen und wenig Besucherfrequenz in den Innenstädten zu kämpfen. Die WKO Steiermark hat es sich daher zur Aufgabe gemacht, Lösungsansätze zu finden, um dem Problem Herr zu werden. Im Rahmen eines Pilotprojekts für die steirische Landeshauptstadt wurde am Grazer Hauptplatz das Manifest „Stadt oder Stillstand“ im Rahmen einer Protestaktion präsentiert, an der viele Unternehmerinnen und Unternehmer teilnahmen. Dabei wurden zahlreichen Forderungen und Lösungsansätzen vorgestellt. „Mit dem Diskutieren von ideologischen Glaubenssätzen gewinnen wir nichts. Jeder hat das Recht auf seine eigene Meinung, aber nicht auf eigene Fakten. Und was noch wichtiger ist: Es braucht ein besseres Verständnis dafür, dass Wirtschaft uns alle betrifft. Jeder Einkauf, jede unternehmerische Entscheidung ist Wirtschaft – und trägt zum Wohlstand und zur Lebensqualität bei. Wirtschaft ist nicht der Gegenspieler von Klimaschutz und sozialer Gerechtigkeit, sie ist vielmehr die Basis, um beides zu ermöglichen“, betonten WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk und Regionalstellenobmann Bernhard Bauer bei der Präsentation.
Konkret wurden von der WKO fünf Lösungsvorschläge für Graz erarbeitet, die aber auch auf Bezirkshauptstädte und Gemeinden umgelegt werden können:
1. Lebendigkeit über Beruhigung stellen
Eine Stadt wie der Großraum Graz, der für 46 Prozent der steirischen Wirtschaftsleistung und 47 Prozent des steirischen Kommunalsteueraufkommens verantwortlich ist, muss pulsieren, nicht nur funktionieren. Regulierung schafft keine Urbanität und keine Lebendigkeit. Flexible Nutzungen, Pop-up-Locations und innovative Gastronomiekonzepte sollen die Innenstädte von einer Verwaltungszone in einen vitalen Lebensraum verwandeln. Gemeinsam mit Unternehmern, Gastronomen und Veranstaltern entstehen neue Formate für Handel, Kulinarik und Events. Das geht aber nur mit einer Adaptierung der Gastronomie-Öffnungszeiten in den Sommermonaten (24 Uhr auf definierten Plätzen) und flexiblen Lärmschutzregeln, die sich an internationalen Best-Practice-Beispielen orientieren.
2. Praktikable Lösungen für alle
Erreichbarkeit ist ein Grundpfeiler jedes attraktiven Wirtschaftsraums und somit Schlüssel für eine lebendige Stadt. Das wird beispielsweise in Graz mühsamer und mühsamer, gingen doch seit 2015 nicht weniger als 1.500 Parkplätze verloren, obwohl die Bevölkerung im gleichen Zeitraum um 24.000 Personen gewachsen ist. Es braucht moderne und intelligente Verkehrslösungen, die sich nach den Anforderungen der Bevölkerung und der Wirtschaft richten, statt mit Einschränkungen und Verboten zu arbeiten. Innovative Lösungsvorschläge sind hier z.B. smarte Parksteuerungssysteme: Ein dynamisches Parkleitsystem mit smart pricing und Reservierungsmöglichkeiten unter Einbeziehung aller Parkgaragen, um zumindest die Nutzung der noch vorhandenen Parkflächen zu optimieren, wäre hier eine Option, die Nutzung von Anrainerparkplätzen auch mit Unternehmer-Parkkarte eine andere. Unerlässlich ist auch der Ausbau von P&R-Anlagen an attraktiven Umsteigepunkten. Dass ab Herbst 2025 die Koralmbahn durch die Steiermark fährt, muss als Chance genutzt werden. Dazu gehört das ÖV-Netz größer gedacht.
3. Eigenverantwortung statt Hürden
Die USA innovieren, China imitiert und wir regulieren – ein Spruch, der leider sehr viel Wahrheit beinhaltet. Unterschiedlichste Gesetze, Verordnungen, Richtlinien und endlose Genehmigungsverfahren lähmen unternehmerische Initiativen, daher muss das Ziel ein radikaler Bürokratieabbau sein, der auf die Kompetenz der Unternehmer vertraut. Denn: Eine Umfrage aus dem Wirtschaftsbarometer der WKO zeigt, dass 37 Prozent der Grazer Betriebe eine (sehr) negative Entwicklung der regulatorischen Anforderungen der Stadt sehen. 39 Prozent der Betriebe empfinden die Leistungsorientierung der Stadtverwaltung als (sehr) negativ.
Das Einrichten einer Mediationsstelle als unabhängige Stabstelle zur Beseitigung bürokratischer Hürden wäre hier eine Lösung, wie auch ein Digitalisierungsschub bei Behördenverfahren. Ein Begutachtungsrecht seitens der Interessensvertretungen ist zwar auf Bundes- und Landesebene vorgesehen, nicht aber auf Gemeindeebene. Die freiwillige Einbindung der WKO im Bereich kommunaler Verordnungen wirkt daher vorbeugend gegen weitere Bürokratisierung.
4. Kluge Investition in die Zukunft
Schulden sind keine Strategie, eine Stadt kann nicht dauerhaft über ihre Verhältnisse leben. Mit einer Pro-Kopf-Verschuldung von 5.348 Euro ist beispielsweise Graz trauriger Spitzenreiter unter Österreichs Städten, daher ist es umso notwendiger, dass jeder ausgegebene Euro geprüft wird und Schluss mit teuren Wunschprojekten ist. Der Zugang der WKO ist es, Innovation und Effizienz voranzutreiben und gleichzeitig Administration und Bürokratie zu minimieren. Ein wichtiger Punkt ist hier auch, dass gerade die Unternehmen einen wesentlichen Teil zur Kommunalsteuer beitragen, zusätzliche Gebühren sind fehl am Platz, diese sollen eher gesenkt werden. Denn die Stadt Graz stagniert im Beschäftigungswachstum pro Einwohner (gemessen am Kommunalsteuervolumen pro Einwohner), das reale Wachstum in Graz beläuft sich von 2000 bis 2023 auf nur rund vier Prozent. Einige Lösungsansätze: Start-up-Förderungen beibehalten, Wirtschaftsförderungen evaluieren und Baustellenförderungen passend dotieren.
5. Unternehmen statt unterlassen
Dass unternehmerische Freiheit kein Privileg ist, sondern die Grundlage für eine gesunde städtische Entwicklung, sollte klar sein. Wenn diese aber durch ideologiegetriebene Politik beschnitten wird, ist die Lebensqualität jeder Stadt, jeder Gemeinde und jeder Ortschaft gefährdet. Denn: Auch wenn es keine seriösen Zahlen gibt, so entscheiden sich viele Betriebe gegen eine Ansiedelung in betriebsunfreundlichen Städten. Vergangene Zahlen für Graz gibt es sehr wohl: So verzeichneten die beiden Wirtschaftsklassen Industrie und Handel in den letzten 15 Jahren einen Rückgang von 18 Prozent, der Dienstleistungssektor stagniert.
Lösungsansätze sind beispielsweise ein Gewerbeflächenmanagement sowie die Einführung eines internationalen Standortmarketings zur Ansiedelung neuer Betriebe. Citymanagements sollen mehr Ressourcen bereitgestellt bekommen, Leitbetriebe sollen durch ein Key Account Management serviciert werden, auch der Breitbandausbau gehört vorangetrieben.
Werden nur einige dieser Lösungsansätze umgesetzt, steht pulsierenden Stadtkernen nichts mehr im Wege. Hier finden Sie die vollständigen Lösungsansätzen