Weiße Fahne mit Mercosur Schrift und Sternen weht bei Abenddämmerung
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Freihandel mit Südamerika rückt näher

Wie geht es mit dem Mercosur-Abkommen weiter, was bringt es Österreichs Wirtschaft, und sind die Ängste vor einem Qualitätsverlust berechtigt?

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Aktualisiert am 19.12.2024

Das Jahr endet mit einem politischen Knalleffekt: Nach der verlorenen Landtagswahl tritt der bisher amtierende steirische Landeshauptmann – begleitet von einer turbulenten parteiinternen Nachfolgedebatte – den Rückzug an. Fast zeitgleich werden auf internationaler Ebene wesentliche Annäherungsschritte zwischen den Wirtschaftsräumen Südamerika und Europa getätigt.

Die Rede ist hier nicht von 2024, sondern 1995: Die Ära von VP-Langzeitlandeshauptmann Josef Krainer ging zu Ende, parallel begann mit einem Rahmenabkommen die vertiefende Zusammenarbeit der EU mit den vier Mercosur-Staaten Südamerikas. Das Abkommen trat mit 1. Juli 1999 in Kraft und war Startschuss für Verhandlungen, die ein Vierteljahrhundert liefen. Anfang Dezember heurigen Jahres verkündete EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen schließlich eine „historische Partnerschaft“ mit dem Mercosur-Quartett. 

Das Abkommen baut nahezu alle Handelsbarrieren zwischen den beiden Wirtschaftsblöcken ab. Es entsteht eine der größten Freihandelszonen der Welt. Europäische Unternehmen hoffen demzufolge auf einen Exportschub. Der Leiter des Internationalisierungscenters Steiermark (ICS), Karl Hartleb, verweist diesbezüglich auf die noch überschaubaren Wirtschaftsbeziehungen zwischen den beiden Kontinenten. So ist die EU zwar größter Investor im Mercosur-Raum, das erzielte Handelsvolumen von 109 Milliarden Euro sei bei einem kleinen Handelsbilanzüberschuss aber „sehr überschaubar“ (Hartleb).

„Ablehnung überdenken“

Im aktuellen Kontext sei es vorerst aber ohnehin ein „mehr politisches als wirtschaftlich relevantes Abkommen“, relativiert der ICS-Leiter. Tatsächlich müssen für ein Inkrafttreten noch der EU-Rat der Mitgliedstaaten und das Europaparlament dem Vertrag zustimmen. Ob sich das ausgeht, ist noch offen. Deutschland und Spanien sind beispielsweise dafür, Frankreich hat sich mehrfach dagegen ausgesprochen. In Österreich drängt indes Wirtschaftsminister Martin Kocher, die 2019 beschlossene Ablehnung „gründlich zu überdenken“. 

Das Abkommen schaffe Chancen und Arbeitsplätze in Österreich, argumentiert Kocher. „Angesichts der beachtlichen Zollbelastung bei Importen und zahlreicher nicht-tarifärer Handelshemmnisse auch bei hochverarbeiteten Waren wird das Abkommen mittelfristig eine beachtliche positive Wirkung für unsere Exporteure entwickeln“, ist auch Hartleb vom Potential einer künftigen Freihandelszone überzeugt. 

Bislang müssen Importeure von EU-Waren zum Teil sehr hohe Zölle zahlen, die der Wettbewerbsfähigkeit schaden. Auf Autos sind es beispielsweise 35 Prozent, auf Maschinen 14 bis 20 Prozent und auf Chemikalien bis zu 18 Prozent. Die Zölle sollen nun schrittweise abgebaut werden. Am Ende könnten pro Jahr Abgaben in Höhe von mehreren Milliarden Euro eingespart werden, rechnen Analysten vor. Im Landwirtschaftsbereich werden südamerikanische Exporteure zwar stärker werden. „Sie werden allerdings auf Grund der vereinbarten hohen Standards mit europäischen Herstellern auf einer vergleichbaren Basis konkurrieren, und wie auch beim EU-Beitritt Österreichs ist davon auszugehen, dass sich die heimische Qualitätsproduktion behaupten wird“, entgegnet ICS-Chef Hartleb Kritikern.