Ein blauer Anzug, in dem eine unsichtbare Person mit großer Brille steckt
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Fachkräftemangel bleibt auch in Krisenzeiten virulent

Trotz Rezession und steigender Arbeitslosigkeit weist die Steiermark laut aktuellem Fachkräfteradar 43 Mangelberufe auf.

Lesedauer: 3 Minuten

Aktualisiert am 28.02.2025

Fast 36.000 Arbeitssuchende verzeichnete das Steirerland im Vorjahr, das entspricht einem Plus von 12,3 Prozent. Eine massive Zunahme, die aber nur wenig am vorherrschenden Fachkräftemangel geändert hat. Dieser ist nach wie vor in vielen Branchen virulent, wie eine aktuelle Auswertung des WKO-Fachkräfteradars zeigt. Hierbei wird die Zahl der Arbeitslosen (ab Lehre) pro offener Stelle als Indikator herangezogen, das Ergebnis daraus ist die sogenannte Stellenandrangsziffer. In der Steiermark ist diese zwar von zuletzt 1,53 auf 2,03 im Vorjahr gestiegen, trotzdem sei damit keine nachhaltige Entspannung verbunden, so Arbeitsmarktexperte Johannes Absenger vom Institut für Wirtschafts- und Standortentwicklung (IWS): „Im Jahr 2019 betrug die Stellenandrangsziffer beispielsweise trotz wesentlich besserer Konjunktur noch 2,34. Hier zeigen sich die Folgen der demographischen Entwicklung für den Arbeitsmarkt deutlich.“ Alle Werte unter 1,5 werden von Experten nämlich als Mangel eingestuft. Für 2024 weist das Fachkräfteradar insgesamt 43 Berufe aus, die in der Steiermark – trotz Krise – unter diesem Wert liegen. „Allen wirtschaftlichen Herausforderungen zum Trotz ist der Fachkräftemangel damit nach wie vor stark spürbar. Das zeigt, wie groß die strukturellen Probleme am Arbeitsmarkt sind“, betont WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk. 

Hauptgrund dafür sei der bereits erwähnte demographische Wandel. Durch diesen hat sich innerhalb von nur 20 Jahren der Anteil der über 50-jährigen unselbständig Beschäftigten in der Steiermark von 69.000 auf 158.000 mehr als verdoppelt. Der Anteil der unter 25-Jährigen in den weiß-grünen Firmen ist  dagegen im selben Zeitraum von 72.000 auf 61.500 gesunken. Für die kommenden Jahre sagt die Statistik Austria – trotz Annahme eines fortwährenden Zuzugs – eine weitere Abnahme der Erwerbsbevölkerung (15-64 Jahre) voraus. „Vor diesem Hintergrund müssen wir von einer weiteren Verschärfung des Fachkräftemangels ausgehen. Die Frage der Verfügbarkeit von ausreichend qualifiziertem Personal droht  immer mehr zum Flaschenhals für jeden künftigen Aufschwung zu werden“, mahnt  Herk. Davon zeugen nicht zuletzt auch die im Jahresschnitt 12.414 offenen Stellen. Vergleicht man diese nur mit dem Jahr zuvor, entspricht das zwar einem Rückgang von 17,3 Prozent, was unterm Strich aber trotzdem noch immer den vierthöchsten je gemessenen Wert darstellt. Zum Vergleich: 2014, also vor zehn Jahren, als die Konjunktur wesentlich besser war, zählte man in der Steiermark nur 2.838 offene Stellen. 


Für Herk besteht angesichts der strukturellen Herausforderungen akuter Handlungsbedarf: „Wir haben nach wie vor eine äußerst hohe Beschäftigungsquote, trotzdem ist die Arbeitszeit rückläufig, weil der Trend zur Teilzeit ungebrochen ist.“ Konkret ist die Zahl der durchschnittlich geleisteten Arbeitszeit in den letzten 20 Jahren von fast 34 auf rund 30 Stunden gesunken. Herk tritt darum für einen qualifizierten Zuzug und für zusätzliche Leistungsanreize ein. „Mehr Arbeit muss sich lohnen“, so der WKO-Präsident. Konkret fordert Herk steuerliche Anreize für Vollzeitbeschäftigung, für die es auch entsprechende Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel einen flächendeckenden Ausbau der Kinderbetreuung für alle Altersstufen, brauche. Darüber hinaus macht sich Herk für eine Ausweitung der Steuerbefreiung von Überstunden und zusätzliche Anreize für ein längeres Arbeiten im Alter stark. 

Letzteres sei schon allein angesichts der demographischen Entwicklung notwendig: „Wir werden – der Medizin sei Dank – älter und älter, gehen aber früher in Pension als in den 70er-Jahren. Das kann so nicht funktionieren! Wir bauen eine Hypothek gegenüber unserer Jugend auf, die ich für absolut unverantwortlich halte“, so Herk. Darum gelte es in einem ersten Schritt, das faktische Pensionsantrittsalter – derzeit 62,2 Jahre bei Männern und 60,2 bei Frauen – ans Gesetzliche anzupassen. Und man werde über kurz oder lang auch an einer Anpassung dieses Alters an die gestiegene Lebenserwartung nicht vorbeikommen. Herk: „So ehrlich muss eine Regierung den Menschen gegenüber sein.“ Denn in Österreich arbeiten aktuell gerade einmal 57,3 Prozent der 55- bis 64-Jährigen, während es in Deutschland 74,6 Prozent sind. 




Steiermarks größte Mangelberufe 2024:

Das sind die Top 10

Auswertung 
Fachkräfteradar

Stellenandrang

Arbeitslose

Offene Stellen

Dipl.-Ing. f. Elektrotechnik

0,1531,2330,4

Dipl. Krankenpfleger

0,2678,3304,7

Dachdecker

0,309,130,4

Rohrinstallateur/-monteur

0,4066,5164,8

Elektroinstallateur/-monteur

0,41199,7485,6

Dipl.-Ing. f. Datenverarbeitung

0,4466,2150,6

Augenoptiker

0,4415,134,1

Kraftfahrzeugmechaniker

0,4698,6212,5

Med.-techn. Fachkraft

0,4738,380,8

Arzt

0,5026,653,2