Barrierefrei durch die digitale Welt
Von Selbstbedienungsterminals über Online-Banking bis zu E-Books und Webshops: Unternehmen dürfen künftig für digitale Anwendungen nur noch barrierefreie Produkte auf den Markt bringen. Ansonsten drohen Strafen bis zu 80.000 Euro.
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Ob E-Reader, Smartphones, E-Commerce oder Videotelefonie: Für Menschen mit Behinderung sind die digitalen Helfer im Alltag besonders wichtig. Umso wichtiger ist es, dass sie uneingeschränkten Zugang zu diesen Tools haben. Diesem Umstand trägt das neue Barrierefreiheitsgesetz Rechnung, das die entsprechende EU-Richtlinie in nationales Recht umsetzt: Demnach sind Unternehmen verpflichtet, ab dem 28. Juni 2025 nur noch barrierefreie Produkte im Bereich Informations- und Kommunikationstechnologie auf den Markt zu bringen. Als „barrierefrei“ gelten Produkte und Dienstleistungen dann, wenn sie für Menschen mit Behinderung ohne besondere Erschwernis und ohne fremde Hilfe auffindbar, zugänglich und nutzbar sind. Eine Wahrnehmung muss dabei immer über mindestens zwei Sinne möglich sein.
Pflichten für Hersteller, Händler und Importeure
„Von diesen Anforderungen betroffen sind Unternehmen, die Produkte und Services wie E-Books, Web-Shops und Apps im E-Commerce, Online-Banking, Ticket- und Geldautomaten, Zahlungsterminals und Selbstbedienungsterminals anbieten. Auch interaktives TV-Equipment, Unterhaltungselektronik, Smartphone-Betriebssysteme und Hardware sowie Computersysteme zählen dazu“, erklärt WKO-Experte Peter Postl. Die neuen Regeln gelten für Hersteller, Händler und Importeure solcher Produkte sowie für die Erbringer von Dienstleistungen in diesem Bereich. „Somit muss etwa ein größerer Friseur seine Online-Terminvergabe und den kleinen Webshop barrierefrei gestalten“, sagt Postl. Mit dem neuen Gesetz gelten weitere Verpflichtungen für Hersteller, Händler und Importeure: So müssen sie die Konformität ihrer Produkte bewerten, eine technische Dokumentation erbringen sowie die CE-Kennzeichnung anbringen.
Welche Ausnahmen gelten
Allerdings gibt es auch Ausnahmen: Bei Dienstleistungen fallen Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitern und einem Jahresumsatz bzw. einer Jahresbilanzsumme von maximal zwei Millionen Euro nicht unter das Gesetz. Bei einer unverhältnismäßigen Belastung gibt es weitere Ausnahmen – so auch für den Fall, dass die Anforderungen an die Barrierefreiheit eine grundlegende Änderung des Wesens des Geräts bewirken.
Zeitlich ist ein Übergangszeitraum von bis zu fünf Jahren vorgesehen. Bereits im Einsatz stehende Selbstbedienungsterminals dürfen sogar noch bis 28. Juni 2040 – maximal aber bis 20 Jahre nach der ersten Ingebrauchnahme – verwendet werden.
Für die Einhaltung der Verpflichtungen ist das Sozialministeriumsservice als Marktüberwachung vorgesehen. „Bei Verstößen können Geldstrafen bis maximal 80.000 Euro verhängt werden“, weiß der WKO-Experte. Allerdings sollen Hersteller, Dienstleistungserbringer und Importeure zunächst dazu aufgefordert werden, Schritte zu setzen, um die Gesetzeskonformität des Produkts bzw. der Dienstleistung herzustellen. Als Ultima Ration wären auch ein Produktrückruf bzw. die Verpflichtung zur Einstellung der Dienstleistung möglich.