Frau mit Blumenkiste in der Hand. Sie steht in einem Feld.
© Tinashe Njaku/peopleimages.com I adobe.stock.com

Ab ins Beet: So wird heuer gegärtnert

Die Tage werden länger, das Gras grüner und das Vogelgezwitscher lauter: Der Frühling ist da. Wir haben uns umgehört, was die heurigen Trends beim Gärtnern sind und warum man gerne auch auf Altbewährtes setzt.

Lesedauer: 5 Minuten

Aktualisiert am 25.03.2025

Kressesamen, Radieschen, Erbsen, Rotkohl und Brokkoli: Die Einkaufsliste im Grazer Traditionssamengeschäft Samen Köller kann schon mal länger werden. Doch in den 150 Schubladen, die sich in dem kleinen Geschäft in der Grazer Innenstadt türmen, findet Inhaberin Magdalena Muner so gut wie jedes gewünschte Saatgut. Der Laden hat Geschichte und ist unter Grazern  und Touristen beliebt: „Das Geschäft gibt es seit 1773. Zu mir kommt so gut wie jeder: Familien, Jogginganzugträger, Pensionisten, aber auch der ein oder andere Geschäftsmann im Anzug. Im Frühjahr werde ich aber definitiv am besten besucht", erzählt Muner, während sie für eine Kundin nach Sonnenblumen-Keimsprossen sucht. 

Samen Köller in Graz Außenansicht
© Andrea Jerković Das kleine Samengeschäft Samen Köller in der Grazer Innenstadt.

Keine Frage: Gärtnern rangiert unter den Freizeitbeschäftigungen von Herrn und Frau Österreicher ganz weit oben. Laut einer Studie von Attensam verbringen Menschen in Österreich durchschnittlich rund drei Stunden pro Tag in Grünbereichen, wobei fast die Hälfte der Zeit für Gartenarbeit und Pflanzenpflege aufgewendet wird. Möglichkeiten, um Gemüse einzusetzen, Unkraut zu jäten oder den Rasen zu mähen, gibt es jedenfalls viele: Im ganzen Land zählt man rund zwei Millionen Gärten, etwa 1,3 Millionen Balkone und fast eine Million Terrassen. Wer kein eigenes Stückchen Grün hat, tut sich mit anderen zusammen. In Städten boomen Kleingartenvereine, wo Parzellen gepachtet werden können. Der Landesverband der Kleingärtner zählt aktuell 33 Vereine in Graz, Feldkirchen, Gleisdorf und Kapfenberg. Eine kostengünstigere Alternative sind Gemeinschaftsgärten. Seit den 2010er-Jahren sind allein in Graz 41 solcher lokaler Initiativen ins Leben gerufen worden. Baumärkte und Gärtnereien profitieren von der heimischen Lust, sich die Hände schmutzig zu machen: Heuer rechnet der Handel mit einem Umsatz von 1,35 Milliarden Euro für Grünraumprodukte und Pflanzenpflege. Das macht 150 Euro pro Kopf.   

Doch egal, ob kleines oder großes Budget, Garten oder Balkon, Stadt oder Land – der Trend geht auch in Sachen Garten in Richtung Jugend: Schienen sich fürs Säen, Gießen und Jäten früher nur  ältere Semester zu interessieren, kommen nun auch immer mehr jüngere Generationen auf den Geschmack – insbesondere Millennials. Das beobachtet auch Magdalena Muner: „Es kommen aktuell sehr viele junge Menschen zu mir. Wahrscheinlich haben während Corona viele gesehen, wie schnell sich die Dinge ändern können. Ich finde es toll, dass immer mehr Leute die Natur und auch die Sortenvielfalt schätzen lernen. Die eigene Ernte ist natürlich immer etwas Schönes.“ 

Magdalena Muner mit einer Kundin in ihrem Laden Samen Köller
© Andrea Jerković Magdalena Muner (rechts) bedient aktuell viele Kunden.

Der Eindruck Muners täuscht nicht. Tatsächlich geht der Trend immer mehr in Richtung Selbstversorgung: So gaben 2021 64 Prozent der befragten Österreicher an, dass Nutzpflanzen wie Gemüse oder Kräuter für sie zu einem idealen Garten dazugehören.  Bei Obst und Gemüse sind vor allem Tomaten beliebt. 72 Prozent bauen sie zu Hause an. Danach kommen verschiedenste Beeren (61 %), Salate (59 %) sowie Paprika und Gurken (jeweils 49 %). Gelingen kann der Anbau auf  viele verschiedene Weisen. Durch die immer jünger werdenden Gärtner werden neue Impulse gesetzt, verschiedene Methoden etabliert und alte wiederentdeckt (siehe weiter unten).  

Hoch hinaus, chaotisch und smart

Viele können ein Lied davon singen: Ein Balkon ist zwar vorhanden, doch der Platz fürs Gärtnern fehlt. Statt in die Breite geht der Trend daher heuer vor allem in die Höhe. Beim Vertical Gardening werden Beete einfach platzsparend übereinander gestapelt. Besonders beliebt sind selbstgemachte Bauten aus Paletten, an denen Blumenkästen befestigt werden. Vertikal lassen sich gut Sukkulenten, Erbsenpflanzen, Gräser, Glockenblumen oder Pflücksalat anlegen.

Ein vertikal angelegter Garten mit Europaletten
© mrpreecha I adobe.stock.com Mit Paletten lassen sich vertikale Gärten selber bauen.

Wer hingegen möglichst viel Ertrag auf kleiner Fläche erzielen möchte, kann sich am Microfarming mit saisonalem Gemüse versuchen. Per Hand wird bei dieser Form des Gärtnerns saisonales Gemüse wie Tomaten, Salat oder Frühlingszwiebel angesetzt. Der Ertrag ist größer als bei lagerfähigem Gemüse. Ohne Fachwissen geht es aber nicht: Bei biointensivem Anbau werden 30 bis 50 verschiedene Gemüsesorten angepflanzt.

Frau sitzt in einem Gemüsebeet
© cherryandbees I adobe.stock.com Microfarming erfreut sich gerade großer Beliebtheit.

Gartenfreude inklusive vieler neuer sozialer Kontakte bietet das Urban Gardening. Das Konzept ist einfach erklärt: Eine Gruppe tut sich zusammen, um gemeinsam zu gärtnern. Geernted wird auf den für alle zugänglichen Flächen. Viele Gartenvereine haben Fixtermine, an denen sich die Hobbygärtner treffen. Gemeinschaftsgärten gibt es in allen größeren österreichischen Städten. Manche sind kostenlos. 

viele Hochbeete
© Barbara Helgason I adobe.stock.com Das gemeinsame Gärtnern ist vor allem in Städten beliebt.

Nichts für Kontrollfreaks ist das Konzept des Chaos Gardening. Es setzt auf einen pflegeleichten Garten mit großer Pflanzenvielfalt. Dabei kommen selbst aussäende Blumen wie Kornblumen, Mohn oder Ringelblumen zum Einsatz und lagerfähiges Gemüse wie Karotten, Kartoffeln oder Kürbisse. Charmant: Nicht jedes Unkraut muss entfernt werden. Wildpflanzen fügen sich in das Gartenkonzept ein und bieten Insekten Nahrung. Kranke oder abgestorbene Pflanzen sollten jedoch wie üblich entfernt werden. In Trockenperioden muss gezielt gewässert werden.

Gießkanne vor einer bunten Blumenwiese
© basicmoments I adobe.stock.com Statt regelmäßig zu jäten und Beete akkurat zu formen, setzt man beim Chaos Gardening auf Natürlichkeit.

Doch was tun, wenn man einfach keinen grünen Daumen hat? Abhilfe schafft der Trend des Smart Gardening. Arbeitsprozesse werden hier mittels intelligenter Technologien erleichtert. Gartenroboter und Bewässerungsanlagen kennt man zwar schon lange, doch gesteuert werden sie heute mittels Smartphones. Als nützlich erweisen sich auch Gartenapps, wie Gardify oder Fryd, die in der Basisversion kostenlos sind. Sie helfen Hobbygärtnern bei der Wahl der richtigen Pflanzen und informieren, wann die richtige Zeit zum Säen oder Düngen ist. 

Aufnahme einer Frau von hinten mit einem Tablet in der Hand. Sie steht vor mehreren Blumentöfpen.
© David Pereiras I adobe.stock.com Wer Hilfe beim Gärtnern braucht, kann Apps zu Rate ziehen.

Und wer von all dem gar nichts für sich nutzen kann, weil weder Balkon noch Garten vorhanden sind, kann sich am Indoor Gardening versuchen, wo Salat, Minze und Co. dank smarter Technologien einfach in den eigenen vier Wänden angebaut werden. Eine eigene Lösung gibt es sogar aus Österreich: Das Wiener Startup Everleaf hat ein eigenes Pflanzsystem mit automatischer Bewässerung auf den Markt gebracht. Platz bietet es für 24 Pflanzen. Die erste Ernte erhält man in rund fünf Wochen. Alle Infos unter: https://myeverleaf.com/

Frau und Mann mit dem Pflanzsystem von Everleaf in einer Küche
© Everleaf Das Wiener Startup Everleaf hat ein Indoor-Pflanzsystem entwickelt.

Doch egal, ob es man es heuer vertikal, chaotisch, in der Wohnung oder ganz klassisch angeht, für Samen-Köller-Inhaberin Muner ist klar, Gartenarbeit hat viel mit Learning by Doing zu tun: „Man muss vieles einfach ausprobieren und  – ganz wichtig – mit Gleichgesinnten reden. Gärtner teilen ihr Wissen zum Glück sehr gerne. Neid kennt man nicht.“ Einen Tipp hat sie auch selbst parat: „Pflanzen gedeihen besonders gut, wenn man nährstoffreiche Erde, wie beispielsweise Komposterde, verwendet und eine gute Düngung. Für Anfänger sind Radieschen und Blattsalat das perfekte Startergemüse.“