Zeitraum 1890 bis 1899
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Teil 5/2: Mobilität in der Steiermark: Von der Fahrradschmiede bis zur Allrad-Manufaktur

Johann Puch legte den Grundstein für die steirische Mobilitätsgeschichte, auf dem heute Weltmarktführer und innovative Start-ups aufbauen.

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Aktualisiert am 07.03.2025

Als der Schlossergeselle Johann Puch (1864 – 1914) im Jahre 1889 in Graz mit der Reparatur von Fahrrädern begann, konnte niemand ahnen, welche Bedeutung sein kurzes Leben und Wirken für die industrielle Entwicklung der Region haben würde. „Puch war sowohl Tüftler und Erfinder, aber auch ein Marketingmann, begann mit der Fahrradproduktion, motorisierte diese, und bereits im Jahre 1900 wurde das erste Puch-Auto als Einzelerzeugnis gefertigt“, umreißt Erich Mayer, Autor einer Chronografie über die Puch-Werke, die rasante Geschichte des in Sakuschak in der damaligen Untersteiermark geborenen Unternehmers, der die gesamte Wirtschaftsentwicklung des Landes, vor allem aber die der Mobilitätsindustrie wesentlich geprägt hat.

So rollten schon ab dem Jahre 1906 in einer Kleinserienproduktion die unterschiedlichsten Automobiltypen aus dem Werk in der Puchstraße. „Aber schlussendlich musste die erste Periode des Automobilbaus durch die wirtschaftlich schwierigen Verhältnisse nach dem ersten Weltkrieg im Jahre 1923 eingestellt werden“, so Mayer.


Die Krise traf auch das junge Unternehmen mit voller Wucht. Mit der Herstellung von Fahrrädern, aber besonders durch die Entwicklung und Produktion neuer Motorräder – vom Puch Leichtmotorrad bis zur Puch-800-Beiwagenmaschine – entging das Werk aber einer Schließung in der Zwischenkriegszeit und konnte so die schwierige Zeit meistern. Einfacher wurde es aber nicht. 

Puch Maxi mit gewichtigem Testfahrer
© Mayer/PUCH - Werk im Wandel der Zeit Legendäres Puch Maxi mit gewichtigem Testfahrer

In den Jahren 1941/42, eingespannt in die Rüstungsindustrie des Dritten Reichs, entstand in Thondorf das Werk II mit dem Ziel, Komponenten für Flugmotoren zu erzeugen. Als „Kind des Krieges“ erlebte das Werk die Schrecken des Bombenkrieges: „Rüstungsverlagerungen und das Thema Zwangsarbeit werfen dabei einen Schatten auf die Firmengeschichte“, erinnert Mayer.

Puch 500 & Haflinger

Trotz widriger Rahmenbedingungen entstand aus den Trümmern ab 1945 aber durch Innovation und Fleiß der Belegschaft ein neues, starkes Unternehmen, konzentriert auf Fahrrad- und Moped-/Motorradproduktion. An die Tradition der Automobilproduktion der ersten Phase knüpfte man ab dem Jahre 1957 an, als die ersten Puch 500 aus den Werkshallen rollten. Ein weiteres innovatives Produkt erregte 1958 international Aufsehen: der Puch Haflinger. Das Fahrzeug legte den Grundstein für die Kompetenz von Graz als Allradschmiede, dem weitere Produkte wie der Puch Pinzgauer (ab 1971), aber auch in Entwicklungskooperation mit Daimler Benz der Puch G beziehungsweise die spätere „Mercedes G Klasse“ ab 1979 folgten. Mehr als 500.000 Stück dieser Ikone der Geländefahrzeuge wurden seither in Graz gebaut. Der Produktionsauftrag läuft noch bis zumindest 2029.

Testfahrt der englischen Königin im Mai 1969
© Mayer/PUCH - Werk im Wandel der Zeit Queen Elizabeth als "Haflinger"-Co-Pilotin im Jahr 1969

Während die Autoproduktion mit Vollgas anlief, gab es bei der Zweiradproduktion eine Vollbremsung. Sie war wirtschaftlich nicht mehr tragbar und wurde 1987 geschlossen. Stattdessen konzentrierte man sich auf die Allradtechnik, fertigte Allradgetriebe, Allradaggregate sowie „verallradisierte“ herkömmliche Automobile, so Mayer.

Chrysler & Magna

In weiterer Folge passierte eine Blaupause aktueller Zolldebatten – nur mit umgekehrten Vorzeichen: Zur Vermeidung von Zöllen suchte der US-amerikanische Chrysler-Konzern einen Fertigungsstandort in Europa. Obwohl Österreich damals noch nicht Mitglied der EU war, wurde man in Graz fündig. „Dank einer weitblickenden steirischen Wirtschaftspolitik entwickelte sich das alte Puch-Werk ab 1991 zu einem prosperierenden Entwicklungs- und Produktionsstandort“, erinnert sich Mayer. Weitere Entwicklungs- und Produktionsaufträgen brachten dem  Standort zusätzliches Wachstum, und mit einer Tagesproduktion von bis zu eintausend Fahrzeugen (2004), was einer Länge von rund 4,5 km täglich produzierter Fahrzeuge entspricht, wurde man endgültig zum „Detroit der Alpen“. Zu dieser Zeit war die Werksanlage bereits Teil der Magna Holding von Frank Stronach. Der gebürtige Oststeirer hatte in Kanada einen Weltkonzern für Auftragsfertigung aufgebaut und 1998 die damalige Steyr-Daimler-Puch AG übernommen. 

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