Dernoscheg, Herk
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"Wir brauchen eine Kurskorrektur des Hausverstands"

Von 11. bis 13. März findet die WKO-Wahl statt: Mehr als 85.000 steirische Unternehmerinnen und Unternehmer sind aufgerufen, ihre Vertretung zu wählen. WKO-Steiermark-Präsident Josef Herk und Direktor Karl-Heinz Dernoscheg ziehen Bilanz unter fünf Jahre Wirtschaftskammer und blicken auf die künftige Arbeit des Hauses: "Leitthema ist und bleibt unsere Leistungsagenda. Wollen wir den Wohlstand sichern, müssen wir die Wettbewerbsfähigkeit des Standorts stärken." 

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Aktualisiert am 10.03.2025

Am 11. März endet die „Bilanzperiode“ der WKO Steiermark – die Unternehmerinnen und Unternehmer sind aufgerufen, ihre Vertretung neu zu wählen. Zeit, um Bilanz zu ziehen unter fünf bewegte Jahre. „Angefangen von der Pandemie bis hin zur Energiekrise, den Teuerungen und den daraus resultierenden Verwerfungen auf den internationalen Märkten: Die Liste der wirtschaftlichen Herausforderungen war und ist lang – vor allem angesichts des schwerwiegenden Konjunktureinbruchs. Umso wichtiger ist eine starke Interessen-vertretung als Stimme der Leistungsträger in diesem Land“, betont Präsident Josef Herk. Dafür steht die WKO Steiermark, die in den vergangenen fünf Jahren für die Unternehmerinnen und Unternehmer vieles erreichen konnte und die auch in herausforderndsten Situationen stets ein verlässlicher Partner war. 

Die wichtigsten Erfolge auf Landesebene

  • Schnelle Hilfen in Zeiten der Pandemie und der Energiekrise: Ob Härtefallfonds, Kurzarbeit, Umsatzersatz, Fixkostenzuschuss oder Energiekostenzuschuss – die WKO konnte für ihre Mitglieder gerade in den vergangenen fünf Jahren rasche Hilfen ausverhandeln. Durch die rasche Umsetzung dieser Hilfsmaßnahmen gelang es die Folgen der Pandemie für die gesamte gewerbliche Wirtschaft, vom EPU über die KMU bis zu den Großbetrieben, so gering wie möglich zu halten.
  • Steirisches Wohnbaupaket: Um die Konjunktur im Land wieder anzukurbeln, konnte die WKO ein Wohnbaupaket im Ausmaß von 300 Millionen Euro mitinitiieren. Ein wichtiger Impuls, der helfen soll, die Bauwirtschaft noch heuer wieder flott zu machen. „Diese ist ein wichtiger Motor der regionalen Wirtschaft und der gesamten Binnenkonjunktur“, betont Herk.
  • Start der „Area Süd“: Noch in diesem Jahr nimmt die neue Koralmbahn ihren Betrieb auf. Durch sie verkürzt sich die Fahrzeit zwischen Graz und Klagenfurt auf gerade einmal 45 Minuten. Dadurch entsteht auch ein neuer Wirtschaftsraum: die „Area Süd“ mit rund 1,8 Millionen Menschen und knapp 150.000 Unternehmen mit 770.000 Beschäftigten. Eine Jahrhundertchance, für die seitens der Wirtschaftskammern Steiermark und Kärnten umfangreiche Pionierarbeit geleistet wurde, vor allem, was die standortpolitischen Rahmenbedingungen anbelangt. Herk: „Mit der Area Süd entsteht die zweitgrößte Wirtschaftsregion Österreichs. Wo Grenzen überwunden werden und das Verbindende in den Vordergrund tritt, entsteht Neues. Durch die gute Erreichbarkeit und das größere Einzugsgebiet ergibt sich ein starker Impuls für die Zukunft. Nun gilt es, diese Jahrhundertchance zu nutzen. Als WKO arbeiten wir aktiv an der Entwicklung der Gesamtregion, die weit über die direkt zur Koralmbahn angebundenen Bezirke hinausreicht.“
  • Ausbau der Schieneninfrastruktur: Neben der Koralmbahn konnte im Bereich der Schieneninfrastruktur nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes der WKO Steiermark auch noch eine zweite große Weichenstellung erreicht werden: Die Pyhrn-Schober-Achse wurde als Teil des Alpen-Westbalkan-Korridors EU-seitig bestätigt. Steirische Kernprojekte, wie der Bau des Bosrucktunnels und der Ausbau der Bahnstrecke Graz-Bruck/Mur wurden dadurch ins Zielnetz 2040+ aufgenommen.
  • Anpassung der Luftsanierungsgebiete: Die Feinstaubbelastung hat – dank vieler Maßnahmen, die von der Wirtschaft auch mitgetragen wurden – in den vergangenen Jahren kontinuierlich abgenommen. Darum hat sich WKO Steiermark mit Erfolg für eine Reduzierung der Luftsanierungsgebiete eingesetzt – diese sind nämlich mit erheblichen Einschränkungen für die gewerbliche Wirtschaft verbunden. Weiters wurde auch eine Reduktion der gesetzlichen Vorgaben erreicht.
  • Abschaffung des Instanzenzugs im Baurecht auf kommunaler Ebene: Mit der Streichung des gemeindeinternen Instanzenzugs konnte die WKO einen wichtigen (Teil-)Erfolg im Kampf gegen Bürokratie und (zu) lange Verfahrensdauer erreichen.
  • Fachkräfte-Offensive: Der Fachkräftemangel ist und bleibt durch die demografische Entwicklung auch in Zeiten der Konjunkturflaute einer der großen Herausforderungen für die Wirtschaft. Die WKO Steiermark hat aus diesem Grund ihr Bildungsangebot noch einmal massiv verstärkt und nach dem Talentcenter – ausgezeichnet als weltbeste Bildungsinitiative 2019 beim World Chamber Congress in Rio de Janeiro und mittlerweile auch mit Erfolg nach Bozen „exportiert“ – das Center of Excellence ins Leben gerufen. Dieses befindet sich gerade in seiner finalen Bauphase und soll der beruflichen Qualifizierung in der Steiermark eine neue Heimat geben. Weiters wurde die Fachhochschule Campus 02 ausgebaut und am Rosenhof zeitgemäße Räumlichkeiten für die Chemie-Akademie geschaffen. Unvergesslich bleibt auch EuroSkills in Graz, die Berufs-EM, die nach zwei Corona bedingten Verschiebungen 2021 erstmals in Österreich stattfand. „Damit haben wir unserem hervorragenden dualen Ausbildungssystem jene Bühne gegeben, die es verdient“, so Herk. Bemühungen, die auch viel mit öffentlicher Wertschätzung zu tun hätten: „Darum freue ich mich auch, dass es uns gelungen ist, dem Meister einen Titel zu geben.“

Die wichtigsten Erfolge auf Bundesebene

  • Neues Regierungsprogramm trägt in wesentlichen Teilen Handschrift der Wirtschaft: Leistung muss sich lohnen – diesem Grundsatz folgend hat die WKO Steiermark eine eigene Leistungsagenda entworfen, die dann auch von der Bundesebene übernommen wurde und wo sich wesentliche Teile nun auch im neuen Regierungsprogramm finden. So soll Arbeiten im Alter künftig mit 25 Prozent (inklusive Sozialversicherung) endbesteuert werden, weiters sollen Überstunden und Zuschläge begünstigt werden, dazu Pauschalierungen angehoben werden. Auch die jahrelang geforderte Endbürokratisierung soll nun umgesetzt werden.  
  • Omnibus-VO auf EU-Ebene: Für gewerbliche Unternehmen vermindert sich durch die Omnibus-VO der regulatorische Druck in mehreren rechtlichen Bereichen. So werden die Taxonomie-VO, die CSRD-Berichterstattung sowie das Lieferkettengesetz deutlich entschärft und vor allem KMU entlastet.
  • Senkung des KÖSt-Satzes: Nicht zuletzt aufgrund des Einsatzes der Wirtschaftskammer wurde die Körperschaftssteuer von 25 Prozent im Jahr 2023 auf zuerst 24 Prozent und nun auf 23 Prozent gesenkt. „Ein wichtiger Schritt in Richtung Entlastung der heimischen Unternehmen, dem weitere folgen müssen“, betont Herk.
  • Anhebung der Grenze für Geringwertige Wirtschaftsgüter (GWG): Gerade für Kleinst- und Kleinunternehmen war die im Jahr 2023 erreichte Anhebung von 800 auf 1.000 Euro ein wichtiges Signal für das seitens der WKO jahrelang gerungen wurde.
  • Entschärfung der kalten Progression: Seit 2023 wird der Einkommensteuertarif dem Anstieg des Preisniveaus (Inflation) angepasst. Rund 800.000 einkommen-steuerpflichtige Steirerinnen und Steirer profitieren von dieser Steuerentlastung. Allein für Selbständige beläuft sich die Entlastung auf 450 Millionen Euro.
  • Novelle der Rot-Weiß-Rot-Card (RWR-Card): Die Wirtschaftskammer konnte eine Erleichterung beim Zugang zum Arbeitsmarkt für Arbeitskräfte aus EU-Drittstaaten erreichen, weiters wurde eine internationale Fachkräfte-Offensive gestartet.

So gefragt sind die Serviceleistungen der WKO Steiermark

Ob Unklarheiten bei Steuern und Abgaben, Fragen zu Dienstverhältnissen oder andere Probleme, die den Unternehmeralltag erschweren – die Serviceeinrichtungen der WKO Steiermark sind die Anlaufstellen für unternehmerische Fragen aller Art. Mitarbeiter der Servicestellen, Sparten und Regionalstellen sind tagtäglich im Einsatz, um Mitgliedern rasch und kompetent in sämtlichen Belangen weiterzuhelfen. „511.000 Servicefälle wurden seit der letzten WKO-Wahl im Jahr 2020 erledigt. Das sind um 107.000 mehr als in Periode zuvor, in dieser verzeichneten wir 434.000 Mitgliedsanfragen“, betont WKO Steiermark Direktor Karl-Heinz Dernoscheg. „Ich möchte unseren vielen engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern danken, die tagtäglich hervorragendes leisten. Besonders hervorheben möchte ich den Einsatz in Coronazeiten, wo vielfach auch die Abende und die Wochenenden durchgearbeitet wurde.“ Ein Einsatz, der auch von den Mitgliedern honoriert wird, werden doch Jahr für Jahr Top-Noten bei diversen Umfragen erreicht. Zuletzt wurde die Servicequalität mit durchschnittlich 1,3 (Schulnoten) bewertet, wobei die Kontaktquote zu Großbetrieben mit 95 Prozent sehr hoch ist. Bis zu 65-mal pro Jahr werden die Experten der WKO von diesen zu Rate gezogen.  

Die nachgefragten Top-Themen: Wirtschafts- und Gewerberecht, Gründung, Steuern, Zoll, Arbeits- und Sozialrecht sowie branchenspezifische Inhalte. Für Dernoscheg dabei besonders wichtig: „Die hohe Zufriedenheit, die wir permanent messen und die rasche Servicierung. Mehr als die Hälfte der Anliegen können sofort beantwortet werde.“ Ein ganz besonderes Service wird zudem der Exportwirtschaft geboten: das Internationalisierungscenter der steirischen Wirtschaft. „Wachstum und damit Wohlstand werden künftig noch stärker von unserer Exportwirtschaft abhängen. Dabei wird schon jetzt jeder zweite Euro im Außenhandel verdient. Hier unterstützen wir steirische Betriebe aktiv mit unserem ICS und dem weltweiten Netz der AWO“, so Dernoscheg.

So gefragt sind die Bildungseinrichtungen der WKO Steiermark

Der Fachkräftemangel ist und bleibt durch die demografische Entwicklung auch in Zeiten der Konjunkturflaute einer der großen Herausforderungen für die Wirtschaft. Die WKO Steiermark hat aus diesem Grund ihr Bildungsangebot in Form einer eigenen „Fachkräft-Offensive“ noch einmal massiv verstärkt und nach dem Talentcenter – ausgezeichnet als weltbeste Bildungsinitiative 2019 beim World Chamber Congress in Rio de Janeiro und mittlerweile auch mit Erfolg nach Bozen „exportiert“ – das Center of Excellence ins Leben gerufen. Dieses befindet sich gerade in seiner finalen Bauphase und soll der beruflichen Qualifizierung in der Steiermark eine neue Heimat geben. Weiters wurde die Fachhochschule Campus 02 ausgebaut und am Rosenhof zeitgemäße Räumlichkeiten für die Chemie-Akademie geschaffen. Unvergesslich bleibt auch EuroSkills in Graz, die Berufs-EM, die nach zwei Corona bedingten Verschiebungen 2021 erstmals in Österreich stattfand. „Damit haben wir unserem hervorragenden dualen Ausbildungssystem jene Bühne gegeben, die es verdient“, so Herk. Bemühungen, die unterm Strich fruchten, konnten die Lehrlingszahlen doch entgegen dem demographischen Trend stabilisiert werden. 

Die WKO-Steiermark-Bildungsangebote sind gefragter denn je, berichtet Karl-Heinz Dernoscheg: „Mit dem Wirtschaftsförderungsinstitut (WIFI), der Fachhochschule Campus 02, der Tourismusschule in Bad Gleichenberg und dem Talentcenter zählt die WKO Steiermark nicht nur zu den wichtigsten Bildungsanbietern, wir bieten für alle Berufswelten Fortbildungschancen. Das braucht Infrastruktur und mit dem Center of Excellence, wo ein Großteil unserer WIFI-Werkstätten eine neue Heimat findet, haben wir wohl die modernste Bildungsinfrastruktur des Landes geschaffen.“ Der erste Bauabschnitt wurde im Vorjahr eröffnet und bereits heuer soll das Center of Excellence in den Vollbetrieb übergehen. Auch die erfolgreiche Ansiedelung der Chemie-Akademie trägt dazu bei, dass das WKO-Areal rund um die Körblergasse zum wohl innovativsten und lebendigsten Bildungscampus der Steiermark wurde. Das zeigt auch ein Blick auf die Statistik: Rund 170.000 Bildungsteilnehmer zählt allein das Wirtschaftsförderungsinstitut seit der letzten WKO-Wahl im Jahr 2020. Hinzu kommen knapp 2.000 Studierende an der FH Campus 02 und an die 26.000 Jugendliche, die am Talentcenter einen Talentcheck durchgeführt haben.  

„Eine herausragende Rolle spielen dabei unsere Unternehmen, denn sie schätzen ihre gut ausgebildeten Fachkräfte. So wird etwa mehr als jede zweite Ausbildung am WIFI vom Arbeitgeber finanziert. Eine wichtige Investition in die Zukunft des Landes“, ist auch Herk stolz, dem Bildung und Qualifizierung unserer Jugend ein echtes „Herzensanliegen“ ist.

So wird die Steiermark noch unternehmerischer

"Die historisch erhärtete Krisenfestigkeit bzw. Krisenlösungskompetenz auf wirtschaftlicher und politischer Ebene ist eine durch und durch steirische Eigenschaft, die es in den kommenden Jahren wieder zu entdecken gilt, wenn wir den Standort Steiermark erfolgreich in Richtung der kommenden Dekade bringen wollen“, erklären Herk und Dernoscheg, die in ihren Worten nicht nur Zuversicht mitschwingen lassen, sondern diese auch mit einem profunden Maßnahmenkatalog untermauern, den sie gemeinsam mit der Landesregierung im Umsetzung bringen möchten. „Wir haben die wesentlichsten Ideen und Anliegen auf Basis eines tiefgehenden Prozesses mit allen Branchen und Regionen erarbeitet und in Form eines 100 Maßnahmen umfassenden Katalogs für einen leistungsfreundlichen und unternehmerischen Standort Steiermark zusammengefasst“, betonen Herk und Dernsoscheg und führen weiters aus: „Die Palette der Maßnahmen reichen von Standort- und Wettbewerbspolitik über die Bildung, den Arbeitsmarkt bis hin zur Innovation, Energie & Nachhaltigkeit, zu den öffentlichen Finanzen und infrastrukturpolitischen Maßnahmen.“

Zu den neuen Leitprojekten und Maßnahmen zählen die formelle Verankerung der Area Süd als neuer Wirtschaftsraum zwischen der Steiermark und Kärnten, die Implementierung einer Standortagentur gerade im Hinblick einer globalisierten Fachkräfteakquise sowie die Sicherung heimischer Rohstofflagerstätten in Form eines eigenen Sachprogrammes. Deutliche Standortnachteile treten weiters im Bereich der Energiekosten, wenn auch nicht bundeslandspezifisch, und bei den Energieinfrastrukturkosten zutage. Die Systemnutzungstarife im Bereich Strom liegen –historisch und strukturell bedingt – in de facto allen wirtschaftsrelevanten Netzebenen massiv über dem österreichischen Durchschnitt. Herk: „Diesbezüglich und auch mit Blickrichtung des Ausbaus der Energieinfrastruktur braucht es gesamtösterreichische Lösungen, etwa einen einheitlichen Netztarif sowie einen weitestgehend kostenneutralen Netzausbau, da die Energiewende nicht allein von der energieintensiven Wirtschaft getragen werden kann und die Steiermark in punkto Ausbaupotentiale natürlichen Beschränkungen unterliegt.“ 

Weiters dürfe nicht auf diverse „Dauerbrenner“ vergessen werden, für die Herk endlich Lösungen einfordert: „Im Bereich der Kinderbetreuung Schlusslicht zu sein, ist keine Standortwerbung. Zudem müssen am Arbeitsmarkt und im Sozialbereich rasch Reformen in Umsetzung. Weiters haben wir Vorschläge in punkto Verfahrensbeschleunig parat, beispielsweise eine neue elektronische Einreichplattform, die das Land nur aufgreifen und umsetzen muss“, fasst Herk wesentliche Punkte für die kommenden Jahre zusammen.

PK Bilanz und Ausblick
© Foto Fischer Großes mediales Interesse herrschte kürzlich bei der Pressekonferenz.